TSV 1860 München:Starr vor Entsetzen

Nach einer völlig missratenen Anfangsphase, vergebenen Chancen und einem Treffer des in Giesing ausgebildeten Bobby Wood verliert Sechzig 0:3 bei Union Berlin.

Von Markus Schäflein

Nach dem Schlusspfiff verharrte Rubin Okotie wie versteinert, die Augen und den Mund hatte er weit aufgerissen. Man ahnte, welcher Gedanke ihn zu einer Statue des Entsetzens erstarren ließ. Der einstige Torjäger des Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München hatte diesmal nicht von Beginn an mitwirken dürfen, Trainer Benno Möhlmann wechselte ihn erst in der 60. Minute ein, es stand 0:1 aus Sicht der Löwen. Dann kam die 79. Minute, Levent Aycicek spielte einen perfekten Pass in die Tiefe, Okotie stand ungedeckt vor Jakob Busk - und scheiterte an dem Union-Torhüter. Es war die Szene, die das Spiel entschied. Denn nur eine Minute später machte es Bobby Wood, der frühere Angreifer des TSV 1860, auf der Gegenseite besser, schüttelte nach einem weiten Pass Christopher Schindler ab und entschied mit seinem neunten Saisontor die Partie, die am Ende aus Sicht der Sechziger 0:3 endete - Damir Kreilach erhöhte noch ungedeckt mit der Hacke (88.) .

2. Bundesliga 15/16 - Union Berlin vs. 1860 Muenchen

Gruß nach Giesing: Der beim TSV 1860 München nicht mehr erwünschte Bobby Wood läuft Christopher Schindler davon und trifft zum 2:0.

(Foto: Fishing4)

Gegen Nürnberg (0:1) hatte der TSV ordentlich, teilweise stark, gespielt, aber seine Torchancen vergeben. Diesmal spielte er schwach und vergab seine Torchancen auch. Angesichts der defensiven Unsicherheiten, die Union mit seiner neuen Dreierkette und Winterzugang Emanuel Pogatetz offenbarte, war durchaus die eine oder andere große Möglichkeit vorhanden: Aycicek traf den Pfosten (42.); Stürmer Stefan Mugosa, der diesmal statt Okotie begann, brachte nach einer missglückten Kopfball-Rückgabe von Toni Leister nur einen ebenso missglückten Versuch eines Lupfers zustande (52.); Michael Liendl scheiterte mit einem Distanzschuss an Busk (68.).

Nackte Zahlen - Die 1860-Torschützen in dieser Saison

Rubin Okotie 6 Tore/19 Einsätze

Kai Bülow 1 Tor/10 Einsätze

Michael Liendl 1 Tor/17 Einsätze

Milos Degenek 1 Tor/17 Einsätze

Gary Kagelmacher 1 Tor/20 Einsätze

Daniel Adlung 1 Tor/21 Einsätze

(nicht mehr im Kader: Marius Wolf/3 Tore, Korbinian Vollmann/1 Tor)

Aufgrund eines völlig verschlafenen Starts in die Partie liefen die Münchner dabei die ganze Zeit lang einem Rückstand hinterher. Nach einem Einwurf spazierte Felix Kroos schon nach fünf Minuten ohne jede Mühe an Jan Mauersberger vorbei, lief noch unbehelligt weiter bis zur Strafraumgrenze und schloss unhaltbar für 1860-Torwart Stefan Ortega ab. Nach der wirren Anfangsphase konnten die Münchner froh sein, dass das Spiel noch nicht entschieden war: Wood scheiterte aus kurzer Distanz an einem Reflex von Ortega (8.), Sören Brandy schoss nach einer Ecke ungedeckt vorbei (10.). "Wir haben die Anfangsphase verpennt. Das ist für mich unverständlich", klagte Möhlmann. "Ich verstehe nicht, dass wir uns in einer so wichtigen Situation zu Beginn so überraschen lassen. Wir waren überhaupt nicht im Spiel, sind nur rumgerutscht, als ob wir uns nicht aufgewärmt hätten." Es dauerte ungefähr eine halbe Stunde, ehe sich Sechzig an der Alten Försterei zurecht fand - ab diesem Zeitpunkt war es ein umkämpftes und phasenweise schnelles Zweitliga-Spiel, immerhin auf Augenhöhe. Doch in viel zu vielen Szenen fehlte es im Angriffsspiel der Münchner an Präzision und Abstimmung. Dies änderte sich auch mit der Hereinnahme von Maximilian Beister und Okotie für Daniel Adlung und Sascha Mölders nach einer Stunde nicht. "Absteiger, Absteiger!", riefen also die angereisten Anhänger nach dem Schlusspfiff, die auch das von den Verantwortlichen wenig geschätzte Plakat mit der Aufschrift "Adios 2. Liga Tour" wieder mitgebracht hatten. Trainer Möhlmann hingegen ist weit davon entfernt, derartige Transparente aufzuhängen: "Wir sind noch lange nicht so weit, dass die Zuversicht schwindet", sagte er, "das Einzige, das mich richtig stört, dass wir kein Tor geschossen haben. Wir hatten unsere Situationen, hatten auch Riesenchancen, aber wir machen das Ding nicht rein. Das ist scheiße - schade wäre untertrieben." Keine Zweitliga-Mannschaft hat weniger Treffer erzielt als der TSV (15 in 21 Spielen). Dennoch meinte Möhlmann: "Die Punkte werden kommen - davon bin ich überzeugt." Und sie müssen: In der Tabelle ist der Abstand auf Rang 15, der zum direkten Klassenverbleib berechtigt, aufgrund des unerwarteten Düsseldorfer Auswärtssiegs in Freiburg auf neun Punkte angewachsen. Auf den drei Zähler entfernten SC Paderborn, der den Relegationsplatz belegt, ist allerdings weiterhin Verlass.

Wer unbändig positiv oder unverschämt ironisch denkt, kann es so sehen: Der TSV 1860 München hat sich an diesem Spieltag gegenüber Paderborn (0:4 gegen Kaiserslautern) um ein Tor verbessert.

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