TSV 1860 München:Schläfchen zwischendurch

Beim 3:2 gegen Düsseldorf überzeugen Mölders und Okotie erstmals als Sturmduo. Und auch das defensive Mittelfeld mit Bülow und Stahl harmoniert.

Von Philipp Schneider

Am Samstag ist Benno Möhlmann nach dem Spiel mit dem Aufzug ein paar Etagen hinauf gereist in der Arena in Fröttmaning. Und oben angekommen, im Séparée der wichtigen Menschen, ist ihm etwas unangenehm aufgestoßen. Nicht etwa das unstrittig leckere Essen des mancherorts beliebten Caterers, der auch die Heimspiele des FC Bayern beliefert. Möhlmann störte sich vielmehr an der aus seiner Sicht überzogenen Begeisterung der Ehrengäste, die ihm nach verlassen des Aufzuges entgegenschlug wie eine dieser Nebelwände an der A9. So jedenfalls hat es der Trainer später dem Sportdirektor Oliver Kreuzer erzählt. "Benno hat gemeint, dass da einer noch einen Spruch gemacht hat", erzählt Kreuzer am Sonntag: "Nur noch 13 Punkte bis Platz drei."

Nun sind es natürlich nicht 13 Punkte bis zum Aufstiegs-Relegationsplatz, sondern 23. Aber die kleine Episode erzählt doch einiges über die feine Stimmung beim Zweitligisten TSV 1860 München nach dem 3:2 gegen den Abstiegskonkurrenten Fortuna Düsseldorf. Und immerhin steht Möhlmanns Mannschaft seither mal wieder auf einem Relegationsplatz, wenngleich jenem, der noch zum Durchgangstor in die dritte Liga werden könnte. "Es gibt noch keinen Grund für Euphorie", mahnt Kreuzer, der allerdings eine positive Entwicklung erkannt hat. "Letzte Woche haben wir gegen Bochum mal wieder ein Tor geschossen. Und jetzt haben wir gegen Düsseldorf mal wieder gewonnen."

2. Fussball Bundesliga TSV 1860 München - Fortuna Düsseldorf

Seit der Relegation gegen Kiel zuständig für die wichtigen Kopfballtore bei 1860: Kai Bülow trifft zum 1:0 gegen Fortuna Düsseldorf.

(Foto: Stefan Matzke/sampics)

Winterzugang Goran Sukalo fällt länger aus: Er erlitt schon vor Jahren einen Bandscheibenvorfall

Diese positive Ereignisfolge ließ sich kaum bestreiten. Zumal am Tage nach dem berauschenden Spiel gegen die Fortuna, bei dem Sechzig eine zwei-Tore-Führung aus der Hand gegeben hatte, ehe Michael Liendl in der 80. Minute mit einem Foulelfmeter gegen seinen ehemaligen Klub den Münchnern noch den Sieg ermöglichte, die Erkenntnis reifte, dass sich 1860 in diesem Winter durchaus ordentlich verstärkt haben könnte.

Okay, der aus Fürth gewechselte defensive Mittelfeldspieler Goran Sukalo wird wegen einer geheimnisvollen Rückenverletzung noch Wochen ausfallen. Sukalo leide schon seit zehn Jahren an einem Bandscheibenvorfall, erzählte Kreuzer am Sonntag überraschend. Die Verletzung, von der beide Klubs Kenntnis gehabt hätten, habe Sukalo vorher allerdings nie Probleme bereitet. Erst eine Übung auf den im Winter traditionell holprigen Trainingsplätzen bei 1860 habe sie dann verschlimmert. Gegen Düsseldorf sorgten Sukalos Vertreter Kai Bülow und Dominik Stahl allerdings mit ordentlichen Vorstellungen dafür, dass den routinierten Sechser niemand vermisste. Bülow, der ja seit der überstandenen Relegation gegen Kiel für die ganz wichtigen Kopfballtore zuständig ist, brachte die Münchner mit einer sehenswerten Flugeinlage erstmals in Führung (Kreuzer: "So kenne ich ihn!"); und gemeinsam mit Stahl stopfte er lange Zeit sämtliche Löcher im Spielzentrum. "Stahl hat eine herausragende Partie gezeigt", lobte der Sportchef: "Gute Intuition, sehr laufstark, war immer im richtigen Moment da." So durfte man das sehen: Eine Zeit lang war zumindest Stahl überall.

TSV 1860 München - Fortuna Düsseldorf

Maxi Wittek (auf dem Arm) bereitete den Konter zum 2:0 vor, Sascha Mölders (unten) traf ins Tor.

(Foto: Marc Müller/dpa)

Doch dann fiel Sechzig kollektiv und wie schon zuletzt beim 0:3 bei Union Berlin in einen ominösen Dämmerschlaf. Auch Möhlmann fand keine versöhnliche Erklärung für die Passivität, die seine Mannschaft diesmal in der zweiten Halbzeit erfasste, nachdem Winterzugang Sascha Mölders einen sehenswerten Konter zum 2:0 verwertet hatte: Erst nutzte Düsseldorfs Lukas Schmitz eine halbwegs originelle Eckballvariante, zehn Minuten später traf Ihlas Bebou zum 2:2. "Unverständlicher Weise standen wir immer tiefer, haben nicht mehr richtig attackiert", klagte Kreuzer. In so einer Situation könne ein Trainer zwar versuchen, die Spieler nach vorne zu beordern. "Aber die Initiative muss von ihnen selbst kommen. Und von den Innenverteidigern erwarte ich, dass sie die Jungs vor ihnen zehn, 15 Meter weiter nach vorne schicken." Kreuzers Kritik richtete sich daher vor allem an Christopher Schindler und Jan Mauersberger, die in einer kritischen Spielphase ihrer Kommandoaufgaben vernachlässigt hätten.

Zumindest Mölders rannte, ackerte und traf, als arbeite er noch in der Bundesliga

Als wichtigste Erkenntnis des ersten Löwensieges seit drei Monaten bleibt jene, dass Möhlmanns Wunschsystem mit zwei Stürmern immer besser in Schwung gerät. Nachdem Mölders und Rubin Okotie beim 0:1 gegen Nürnberg nach der Winterpause zwar sehenswert spielten, aber das Tor nicht trafen, strafversetzte Möhlmann in den zwei folgenden Partien jeweils einen von ihnen auf die Bank. Gegen Düsseldorf begegneten sie sich nun wieder als Sturmkollegen, und zumindest der 30-jährige Mölders rannte, ackerte und traf, als arbeite er noch in der Bundesliga. Von einem riesigen Fortschritt wollte Kreuzer nicht reden. Doch er sagte: "Es war ein Spiel, das 1860 im Herbst noch verloren hätte."

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