TSV 1860 München:Rückzug nach nur 42 Tagen

Überraschend tritt Christian Holzer, Vizepräsident des TSV 1860 München, zurück. Das ohnehin angeschlagene Präsidium ist somit noch geschwächter als zuvor. Zudem gibt es Ärger um Hasan Ismaiks Cousin Noor Basha.

Von Gerald Kleffmann und Philipp Schneider

Christian Holzer sagte am Mittwochmittag, gleich werde eine Mitteilung verschickt, aber ja, er könne bestätigen: Er, der Vizepräsident des TSV 1860 München, der am 3. April mit dem zweiten Vize Heinz Schmidt ins Präsidium um Hep Monatzeder berufen wurde, lege "aus beruflichen Gründen" sein Amt nieder. Monatzeder und Aufsichtsrat seien informiert.

Merkwürdig ist sein Rückzug nach nur 42 Tagen allemal. Der 36-Jährige wusste als Sechzig-Kenner, worauf er sich einließ. Und etwas merkwürdig ist auch, dass Holzer rein gar nichts dazu sagen wollte, was außer Rand und Band läuft bei 1860. Das Gerücht, demnach er hinwerfe, weil die Löwen - die im Clinch mit Investor und Mitgesellschafter Hasan Ismaik liegen - den Vertrag mit dem umstrittenen Geschäftsführer Robert Schäfer um ein weiteres Jahr durchgedrückt haben, wies er zurück: "Ich muss mich mehr um die Firma kümmern", sagte der Geschäftsführer eines Unternehmens, das mit Daten von Fußballspielen handelt.

Allerdings: Dass das Verhältnis zwischen Verein, in diesen Tagen durch Schäfer und besonders Aufsichtsratschef Otto Steiner vertreten, und Investorenseite zerrüttet ist, ließ sich dann doch einer Aussage Holzers entnehmen: "Ein Mediator wäre eine gute Idee", sagte er. Wie von anderer Stelle zu hören ist, soll der TSV schon einen Vermittler im Auge gehabt haben. Doch offenbar wird dieses Thema intern nicht sehr vorangetrieben. Weil man gar nicht mehr mit Ismaik arbeiten will?

Öffentlich steht das Präsidium, das auf das vom Aufsichtsrat fallengelassene Trio um Dieter Schneider folgte, nun vollends wie eine Lame Duck da. Monatzeder wurde ja auf der Delegiertenversammlung nicht bestätigt. Schmidt macht aber weiter, ob Monatzeder auch, wusste er nicht: "Da müssen Sie ihn fragen." Monatzeder, Dritter Bürgermeister Münchens, sei laut Schmidt am Donnerstag zu erreichen.

Der zweite Vize, Steuerberater aus Rosenheim, räumte derweil ein: "Wir sind jetzt ein schwaches Präsidium, ganz klar. Wir werden keine großartigen Entscheidungen mehr treffen ohne Rücksprache mit allen Gremien." Und er sagte auch: "Es wäre unverantwortlich, hinzuwerfen. Das Präsidium muss aus mindestens zwei Personen bestehen. Wenn das nicht mehr der Fall wäre, würde das Amtsgericht einen Notvorstand einsetzen." Schmidts Ziel ist es, mit Monatzeder dem e.V. bis zur Mitgliederversammlung, die vor den Sommerferien stattfinden soll, vorzustehen. Stand jetzt würde er sich wieder zur Wahl stellen.

Die Baustellen nehmen somit zu statt ab, doch Schmidt deutet wenigstens in einer Sache Fortschritte an. Er hoffe auf eine zeitnahe "Stellungnahme des Klubs", die eine "gewisse Tragweite" habe. Seinen anderen vorsichtigen Worten ist zu entnehmen, dass Schäfer versucht, eine letzte Finanzlücke mit selbst gefundenen Mitteln zu schließen, um die DFL-Nachlizenzierung fürs Zweitliga-Team am 23. Mai großteils aus eigener Kraft zu schaffen. So könne man ein Zeichen setzen, dass 1860 ohne neue Gelder des Investors klarkomme, was die Verhandlungsbasis für den Verein mit dem arabischen Geschäftsmann verbessere - nach dem Motto: Schau her, wir haben das Heft des Handelns in der Hand.

Neue Zündstoffthemen nahen

Ob dieser Kniff aufgeht, bleibt abzuwarten, denn die angeblichen Partner 1860 und Ismaik versuchen, wie es scheint, einander nur noch über Anwälte und Medien auszutricksen. Allein wie sich Schäfers Vertrag nun verlängert hat, verdeutlicht die Art des gestörten Umgangs miteinander.

Mehrmals drängte Michael Scheele, Ismaiks Anwalt, auf Einsicht in Schäfers Kontrakt. Der wehrte das Begehr ab mit dem Argument, der Vertrag liege Ismaik seit 2011 vor. "Entweder ist er verloren gegangen oder Herr Scheele erhält von seinem Mandanten keine Unterlagen", merkte Schäfer an, der letztlich den Vertrag übersandte - am letzten Tag, an dem ihm der Beirat (je zwei Vertreter vom TSV und Investor) hätte kündigen können.

Denn entgegen der öffentlichen Annahme, die auch Scheele besaß und die nie von Schäfer oder anderen im Dienste von 1860 dementiert wurde, dass nämlich erst bis Ende Mai eine Entscheidung zu Schäfers Zukunft getroffen werden müsse, war der 14. Mai der Stichtag. Sein Vertrag läuft stets ab dem 15. November, und bei einer sechsmonatigen Kündigungsfrist ergibt sich dieses Datum.

Natürlich zeterte Scheele gegen die mutmaßliche Hinterlist Schäfers. Inwieweit es wirklich eine war, darf indes spekuliert werden. Der Geschäftsführer ließ am Mittwoch auf Anfrage ausrichten, er werde die ihm zugesandten Fragen diesmal nicht beantworten, man solle "Verständnis" haben. Dass Schäfer grundsätzlich das Vertrauen im Klub genießt, machte aber Schmidt klar: "Ich sehe im Augenblick keine Alternative. Er ist der richtige Mann."

Und während dieses Kapitel nicht mal ansatzweise aufgearbeitet ist (und wohl nie wird, wie das bei Sechzig oft genug der Fall ist), nahen neue Zündstoffthemen. So teilte Schäfer, der gemeinhin auf Fragen antwortet, vor zwei Tagen der SZ mit: "Der Investor wollte, dass ich seinen Cousin für zunächst € 5.000, dann € 10.000 monatlich anstellen sollte. Ich habe daraufhin mitgeteilt, dass diese Ausgabe nicht geplant ist und nur vorgenommen werden kann, wenn das Geld vorab vorliegt. Dies ist nie passiert, weshalb ich nicht unterschrieben habe. Herrn Bashas Aufenthaltsgenehmigung ist abhängig von diesem Arbeitsvertrag."

Da bahnt sich ein neuer Knall an, Noor Basha erwiderte auf Anfrage darauf am Mittwoch: "Die Geschichte ist nicht wahr. Sie zeigt einmal mehr die Unprofessionalität Robert Schäfers als Geschäftsführer. Vielleicht will er nur Theater machen."

Eine besondere Pointe könnte überdies das juristische Vorgehen gegen das Duo Ismaik/Scheele beinhalten, das der Geschäftsführer etwa wegen falscher Tatsachenbehauptungen und der Veröffentlichung von Geschäftsgeheimnissen anstrebt. Denn es wäre ja gut möglich, dass er die Anwaltskosten mit Geldern bezahlt, die ausgerechnet Ismaik in Form von Darlehen fließen ließ. Doch auch diese Frage ließ Schäfer vorerst unbeantwortet.

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