TSV 1860 München:Respekt fürs Projekt

1. FC Kaiserslautern v TSV 1860 Muenchen - 2. Bundesliga

Will trotz Kritik an seiner Taktik festhalten: 1860-Trainer Ricardo Moniz

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Dreierkette? Viererkette? Wittek? Bülow? Fest steht vor dem ersten Heimspiel des Zweitligisten 1860 München nur, dass Trainer Ricardo Moniz gegen Leipzig, die deutsche Dependance seines ehemaligen Arbeitgebers Red Bull, mal wieder ein Spektakel plant.

Von Markus Schäflein

Selbstverständlich musste Ricardo Moniz dann auch noch zu Milliardär Dietrich Mateschitz und dessen Brause- und Fußball-Imperium Stellung nehmen, "ich habe ja eine Red-Bull-Vergangenheit", sagte der Trainer, der ja mittlerweile eine Gegenwart beim Zweitligisten TSV 1860 München hat. Von 2010 bis 2012 arbeitete Moniz für RB Salzburg, erst als Nachwuchskoordinator, dann als Cheftrainer. Er trat dann dort zurück, aufgrund von mangelnder Rückendeckung von Seiten des Managements, und man mochte denken, dass er womöglich eine nicht mehr allzu hohe Meinung von dem Projekt hat.

Aber das war ein Irrtum. "Ich bin eben nicht so diplomatisch", sagte Moniz, "ich zeige mich nicht so oft bei den Chefs zum Kaffee trinken. Aber habe sehr viel Respekt davor, dass dieses Projekt Kindern die Möglichkeit gibt, Top-Fußballer zu werden." Red Bull betreibt ja auch Ausbildungszentren in São Paulo und Liefering. "Ich kenne Mateschitz persönlich, er ist ein sehr idealistischer Mensch", meinte Moniz. "Er hat gar keine kapitalistische Ausstrahlung. Er verdient das nicht, dass er so gesehen wird. Ich kann nicht mit dieser verzerrten Realität leben, die die Leute kreieren."

Es ist also nicht davon auszugehen, dass Moniz am Sonntag teilnimmt, wenn Löwenfans einen "Fanmarsch gegen Red Bull" unter dem Motto "Alle gegen Kommerz" vom Stachus bis zur Arena nach Fröttmaning veranstalten. Moniz hat ja ohnehin keine Zeit, er muss seine Mannschaft auf die Partie gegen RB Leipzig (15.30 Uhr) vorbereiten. Der Verein heißt offiziell ja RasenBallsport, folgt aber derselben Philosophie wie Red Bull Salzburg. Was wenig überrascht, denn der Sportdirektor Ralf Rangnick ist für beide Filialen verantwortlich, und auch Spieler werden gerne mal hin- und herverschoben.

Moniz lässt sich wieder etwas Besonderes einfallen

"Sie spielen diesen spezifischen Stil", sagte also Moniz, "diesen sehr hohen Pressingfußball, der auch Räume für uns ergeben wird." Er hat Leipzig zu seiner Zeit bei Red Bull besucht, als sich die Dependance noch lange mühte, die Regionalliga zu verlassen. Nun sind die Leipziger also zwei Mal aufgestiegen, in der zweiten Liga gelandet - und zählen schon wieder zu den Aufstiegsfavoriten. "Respekt, wie sie das durchgezogen haben", sagte Moniz.

Respekt für das, was er an der Grünwalder Straße durchzieht, kann Moniz ebenfalls nur durch Erfolg erreichen. Dass es nach der Partie in Kaiserslautern (2:3 nach 2:0) Kritik an seiner Taktik gab, hat Moniz akzeptiert. Ob er sie wieder wählt, bleibt offen, weil es immer offen bleibt, was sich Moniz einfallen lässt. In jedem Fall ist RB Leipzig wie Kaiserslautern eine Mannschaft, die ihre Angriffe gerne und oft durch das Zentrum vorträgt; es ist also denkbar, dass Ilie Sánchez wieder zwischen Mittelfeld und Innenverteidigung hin- und herwechselt und so mal eine Dreier- und mal eine Viererkette auf dem Platz steht. "Genau das hat er auch in Barcelona sehr oft gespielt", meinte Moniz.

Rangnick stichelt gegen 1860-Fans

In der Abwehr gesetzt sind auch der zum Vizekapitän nominierte Christopher Schindler und Zugang Gary Kagelmacher. Für den verletzten Guillermo Vallori den jungen Maximilian Wittek ins Team zu bringen, wäre bei dieser Ausrichtung allerdings "ein Risiko", wie Moniz meinte, weil Wittek als klassischer Linksverteidiger in einer Dreierkette eigentlich nichts verloren hat. Möglicherweise kommt daher Kai Bülow zum Einsatz, der nach seiner Verletzung ebenso wieder zur Verfügung steht wie Moritz Volz; Dominik Stahl fällt noch aus, Yannick Stark plagte sich zuletzt mit einer Virusinfektion.

Offensivspieler Leonardo, der sich auf dem Betzenberg sichtlich schwer tat, wird laut Moniz wieder spielen: "Sicher. Wir haben ihn nicht umsonst geholt, und er hat in dieser Woche körperlich aufgeholt." Auch ansonsten dürfte sich im Angriff nichts ändern, Bobby Wood, Rubin Okotie und Daniel Adlung hatten ja einen sehr guten Eindruck hinterlassen. "Das Problem war nur, dass wir in der zweiten Halbzeit Wood und Adlung überhaupt nicht mehr in Szene gesetzt haben", bemängelte Moniz.

Selbstkritik nach Kaiserslautern-Spiel

Am Donnerstag, ungewöhnlich spät in der Woche, führte der ungewöhnliche Übungsleiter seinen Spielern den bizarren Abend vom Betzenberg noch einmal vor, und er stellte fest: "Die Art und Weise, wie wir die Sache aus der Hand gegeben haben, war eine Katastrophe." Immerhin, "Selbstkritik war von allen da", berichtete er, "und nur durch Selbstkritik kann man wachsen." Gegen Leipzig gehe es nun darum, "ein Spektakel zu bieten und bei der Philosophie keine Kompromisse zu machen. Wenn man sich hinten reinstellt, kommen die Zuschauer nicht." Immerhin knapp 30 000 werden trotz der Auftaktniederlage diesmal erscheinen.

Unterdessen war Ralf Rangnick mal wieder damit beschäftigt, seinen Arbeitgeber zu verteidigen. Zum Protestmarsch der 1860-Fans sagte er: "Das muss man nicht verstehen. Ohne die zugeschossenen Millionen von Investor Hasan Ismaik würde es die Sechziger nicht mehr auf der Profi-Landkarte geben." Die 1860-Ultras erklärten in einer Stellungnahme, "etwaige Vergleiche" zwischen Mateschitz und Ismaik seien "völlig fehl am Platze". An dem aus ihrer Sicht "sinnfreien Marsch" anderer Fans wollen sie dennoch nicht teilnehmen.

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