Zweitligist TSV 1860 München:Präsident Ismaik

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In der Posse um Noch-Präsident Dieter Schneider haben sich die "Löwen" zur Lachnummer gemacht. Zwar besteht die Chance auf einen Neubeginn, doch der ewige Kreislauf besagt: Nach der Posse ist vor der Posse. Der wirkliche neue Präsident wird auch ohne diesen Titel kein anderer als Hasan Ismaik sein.

Ein Kommentar von Gerald Kleffmann

Immer wenn es beim TSV 1860 wie jetzt in Person des Noch-Präsidenten Dieter Schneider ein Bauernopfer gibt, heißt es: Die Löwen haben sich zur Lachnummer gemacht, aber immerhin besteht die Chance auf einen Neubeginn. Wie der dauerhafte Chaoszustand des Traditionsvereins seit dem Erstliga-Abstieg 2004 belegt, ist diese Schlussfolgerung einzig als Wunschglaube zu verstehen.

Die Chance zu einem Neuanfang bestünde nur dann, wenn jene, die eine negative Entwicklung mit zu verantworten haben, entweder ihren Posten räumen. Oder zumindest ihre Fehler schonungslos einsehen und die Lehren daraus ziehen. Das ist im Geschäftsleben eine Gesetzmäßigkeit - nur bei 1860 eben nicht. Genau deshalb existiert eine glaubwürdige, nachhaltige Vergangenheits- und Problembewältigung in diesem Klub nicht. Nach der Posse ist vor der Posse. Das ist der Löwen-Kreislauf.

Beim Rückblick, wo diese unrühmliche Erbkette der jüngeren Klubgeschichte ihren Ursprung nahm, landet man zwangsläufig bei Karl-Heinz Wildmoser. Der inzwischen verstorbene Patriarch bescherte dem TSV zwar sportlich gute Zeiten. Er hinterließ aber auch einen finanziell kranken Klub mit Machtvakuum.

Bezeichnenderweise ziehen sich interne Kämpfe bis heute wie ein roter Faden durch die Post-Wildmoser-Ära. Es gibt immer jemanden, der eine Rechnung offen hat, die Interessen seiner Fraktion oder seine Dauerkarte für den VIP-Raum wichtiger erachtet als das Wohl des TSV. Nicht mal als 1860 pleite war, änderte sich dieses System. Seilschafen können sehr stark sein.

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Wie stark, musste Schneider erfahren, der sicher auch Fehler machte. Es ist schon eine tragikomische Pointe, dass ausgerechnet jene Fraktion im Aufsichtsrat, die durch ihre mangelhafte Kontrollfunktion erst den Ausverkauf der Löwen an Hasan Ismaik notwendig machte, damit weiterhin Löwen-Tore in der zweiten Liga fallen, nun dem "Kandidaten" - so die Titulierung Schneiders in einer Mitteilung des Aufsichtsrats unter Vorsitz von Otto Steiner - jegliches Vertrauen entzog.

Schneider wurde zuletzt gar vorgeworfen, er wolle als Sonnenkönig herrschen. Dabei war er in vielen Punkten eher zu diplomatisch. Er versuchte sich ja selbst mit den Räten, die munter weggeschaut hatten, als etwa in der kurzen Sportchef-Epoche von Miki Stevic der Spieleretat mal eben um mehr als drei Millionen Euro anstieg, zu arrangieren. Auch den immer wieder polarisierenden Geschäftsführer Robert Schäfer hielt er im Amt, als er ihn hätte entlassen können.

Sein größter Fehler war aber - neben der fehlenden Zuneigung für Ismaik - zu glauben, es alleine mit einer Seilschaft aufnehmen zu können, die die Chance zur Machtübernahme erkannte und zugriff. Schneider tat Steiner & Co. einen letzten Gefallen: Indem er aufgab, muss keiner aus der Deckung gehen.

Schneider wird interessiert zusehen, wie der neue Präsident den TSV führt. Das ist auch ohne diesen Titel kein anderer als Ismaik. Er wird, mit Hilfe des gewieften Hamada Iraki, den nächsten Vereinschef lenken und seine Macht ausbauen, die schon beachtlich ist. Ismaik besitzt 60 Prozent des Klubs, die Fanartikel-GmbH, vermarktet den TSV, bestimmt im Aufsichtsrat der Fußball-KGaA.

Es wäre zudem überraschend, wenn der Jordanier seine Kandidaten fürs Trainer- und Sportchefamt im Sommer nicht durchbringen würde, von flinken neuen Spielern träumt er auch. Wie alles finanziert werden soll? Man darf gespannt sein - auf den x-ten Neubeginn also!

© SZ vom 09.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Von Gerald Kleffmann, Markus Schäflein und Philipp Schneider

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