TSV 1860 München:Nur noch kurz den Klub retten

Training 1860 München mit Möhlmann

Benno Möhlmann darf im neuen Jahr endlich wieder Hütchen aufspielen - und will einiges ändern.

(Foto: Andreas Gebert/dpa)
  • Der Vereinspräsident ist bei Investor Ismaik, um herauszufinden, ob der Jordanier nicht doch noch dazu bereit wäre, fünf Millionen Euro für 1860 zu geben.
  • Trainer Möhlmann versucht derweil zu Hause Ordnung in das Münchner Spiel zu bringen.

Von Philipp Schneider

Benno Möhlmann hatte sich den Trainingsauftakt nach der Weihnachtspause sicher anders vorgestellt. Jenen Moment, in denen Fußballtrainer normaler Klubs allenfalls gefragt werden nach Spielern, die bis Ende Januar noch verpflichtet werden könnten. Oder bei denen sich manch einer vielleicht erkundigt nach neuen Spielsystemen, die bis zum Sommer getestet werden könnten. All dies wurde Möhlmann zwar ebenfalls gefragt im kleinen Pressekabuff des Zweitligisten TSV 1860 München. Aber der 61-jährige Übungsleiter aus Lohne in Niedersachsen verfügt ja glücklicherweise über die Gabe, auch fußballferne Themata mit Bravour zu moderieren.

Wie das so sei, einen Klub vor dem Abstieg retten zu wollen, über dem die Insolvenz schwebt? "Also mir schwebt noch keine Insolvenz über dem Kopf, muss ich ganz ehrlich sagen!" Aha? "Fakt ist, dass unter anderem der Präsident im Moment da ist, um bestimmte Dinge abzusprechen und sich vielleicht absichern zu lassen, damit es diese Gedanken vielleicht gar nicht mehr gibt." Kleine Pause. "Aber gut, das werden wir sehen."

Wieder mal ein Treffen mit Investor Ismaik

Während also der Tabellenvorletzte der zweiten Liga am Donnerstag seinen neuen Stürmer Sascha Mölders an der Grünwalder Straße begrüßte und den Flügelspieler Marius Wolf wie erwartet zu Bundesligist Hannover 96 verabschiedete, wollte Vereinspräsident Peter Cassalette in Abu Dhabi Investor Hasan Ismaik treffen. Um dort auszuloten, unter welchen Bedingungen der Jordanier womöglich doch noch bereit sein könnte, dem Klub im März ein Darlehen in Höhe von etwa fünf Millionen Euro zu gewähren - das er mal wieder benötigen wird für eine weitere Spiellizenz der Deutschen Fußball-Liga (DFL). Und um zu erkunden, weswegen die zugesagte Million Euro für Wintertransfers noch nicht auf dem Konto der KGaA eingegangen ist.

Ismaik hatte am Dreikönigstag einen offenen Brief in die Welt gesetzt, um darin gegen eine aus seiner Sicht jahrelang praktizierte Misswirtschaft bei 1860 zu protestieren ("Für mich ist nicht erkennbar, wofür mein Geld ausgegeben wurde"; "Genug ist genug").

Zweifelsfrei kulminierte bei Sechzig schon in der Vergangenheit manch Fehlentscheidung in den Notverkäufen der größten Talente. Und nun also wechselt auch Marius Wolf, 20, für 1,5 Millionen Euro nach Hannover.

Möhlmann will noch zwei oder drei gute Spieler verpflichten

Ob es nicht sehr schade sei, dass Wolf nun im Abstiegskampf fehlt? Man müsse das so sehen, antwortete Möhlmann: Die Initiative sei ja nicht von 1860 ausgegangen, der Wechsel sei der Wunsch von Wolf und Hannover 96. Aber klar, letztlich habe auch er seine Zustimmung gegeben. "In dem Bewusstsein, dass Wolf in einer Situation ist, in der er in die Bundesliga gehen kann. Und wenn wir das abgelehnt hätten, wäre er nicht mit hundertprozentiger Überzeugung bei uns gewesen in den letzten Wochen." Sein Zustimmung habe Möhlmann allerdings erteilt "in der Hoffnung, dass wir zwei oder drei gute Spieler neben Sascha Mölders noch dazu bekommen".

Vor allem vor dem Hintergrund, dass Wolf den Klub im Sommer für eine niedrigere festgeschriebene Ablöse hätte verlassen dürfen, ergibt sein vorgezogener Abschied sehr wohl Sinn. "Im schlimmsten Fall wäre er sogar ablösefrei gewesen", sagte Kreuzer. Er dachte da an den gar nicht mehr allzu unwahrscheinlichen Abstiegsfall. Die Einnahmen aus dem Verkauf von Wolf werden Kreuzer und Möhlmann nun in Ermangelung anderer finanzieller Zuwendungen verwenden, um eine Mannschaft zusammenzustellen, die die Liga noch irgendwie halten soll. "Ich habe keine Angst, es noch mal über die Relegation schaffen zu können", kündigte Möhlmann sicherheitshalber an. "Und ich habe im Sommer auch die Zeit, dass ich dann dabei sein kann".

Neues System in der Rückrunde

Es gehe in den kommenden fünf Wochen darum ein "neues Verständnis von Fußball" zu entwickeln. Er sei keiner, der an einem System klebt. Und der vormalige Augsburger Erstligastürmer Mölders sei verpflichtet worden, damit Sechzig mit zwei Stürmern auflaufen kann. "Damit das 4-4-2 mal wieder in den Mittelpunkt unserer Spielweise gestellt wird", sagte Möhlmann. Ehe es soweit sei, dass die Löwen derart forsch stürmen, müsse allerdings "das Drumherum auch noch ein bisschen angeglichen werden". Es fehlen beispielsweise zwei Routiniers im Kader, etwa in Innenverteidigung und defensivem Mittelfeld.

"In dieser prekären Situation, in der die Mannschaft in den Niederungen der Tabelle verkümmert, hat der Verein keine klare Strategie oder einen Geschäftsplan, der angemessen die derzeit verringerten Einkommensverhältnisse widerspiegeln würde", hatte Ismaik in seinem Brief geklagt. Das war nicht ganz richtig. Kreuzer hatte sogar eine Notstrategie. Den Verkauf von Wolf.

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