TSV 1860 München:Höchste Alarmstufe

2. BL - 16/17- TSV 1860 Muenchen - Training - 16.05.2017

Hoch die Beine: Die Spieler des TSV 1860 trainieren ein letztes Mal vor der Abreise ins Trainingslager.

(Foto: Wagner/Fotostand)

Die Löwen fahren vor dem Entscheidungsspiel gegen Heidenheim in ein Trainingslager. Trainer Pereira verspricht sich mehr Team-Zusammenhalt.

Von Philipp Schneider

Am Dienstag schien mal wieder die Sonne auf Christl Estermanns Terasse vor dem Löwenstüberl. Doch es lag nicht nur am schönen Wetter auf Giesings Höhen, dass so außergewöhnlich viele Gäste erschienen. Viele kamen, um die seltene Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen zu lassen, einer der ansonsten hinter blickdichten Planen praktizierten Trainingseinheiten des Portugiesen Vitor Pereira als Zuschauer beizuwohnen. Der Dienstag bot, mindestens für diese reguläre Saison, dazu die letzte Gelegenheit. Noch am Nachmittag fuhr die abstiegsbedrohte Mannschaft des Fußball-Zweitligisten mit dem Bus in ein Kurztrainingslager nach Bad Wörishofen im Allgäu. Von dort wird sie am Sonntag zum letzten regulären Spiel der Saison aufbrechen, auswärts in Heidenheim. "Es herrscht Alarmstufe eins", sagte Präsident Peter Cassalette im Interview mit der tz. Und möglicherweise meinte er sogar Alarmstufe rot. Alarmstufe eins, die kleinstmögliche, ruft die Feuerwehr aus in Fällen von "Kleinereignissen", beispielsweise bei einem Holzstoßbrand, Komposthaufenbrand, oder Mülltonnenbrand. Das hat Cassalette sicher nicht gemeint. Am Sonntag in Heidenheim muss Sechzig versuchen, den größten anzunehmenden Sportunfall noch abzuwenden, den Abstieg in die dritte Liga.

Auch der direkte Verbleib könnte am Sonntag geschafft sein, doch dafür benötigt der Klub nach dem kraftlosen Auftritt beim 1:2 gegen Bochum die Hilfe anderer. "Zumindest den Relegationsplatz können wir aus eigener Kraft halten, den nehmen wir gerne an", erzählte Michael Liendl vor der Abreise, der ansonsten leichte Verwunderung über die Reisebedingungen dieses erstaunlich langen Kurztrainingslagers anklingen ließ. "Dass wir bis zum Spieltag weg sind, das kenne ich so nicht", meinte Liendl. "Ob es was bringt, sehen wir am Sonntag." Grundsätzlich gelte: "Der eine ist lieber zuhause bei der Familie, der andere im Hotel." Zu welcher Fraktion er sich selbst zählt, ließ er offen. Allerdings gab er Entwarnung, dass einige Spieler nicht motiviert sein könnten, weil ihre Verträge am Ende der Saison auslaufen. Einen Abstieg, sagte Liendl, "will kein Spieler in seiner Vita stehen haben".

In der Tat scheint dieser Ausflug ins Allgäu eher spontan geplant worden zu sein. Stefan Aigner berichtete, er habe erst in der Nacht auf Dienstag eine SMS mit der Aufforderung erhalten, die Reisetasche zu packen. Aigner, der im vergangenen Sommer auch mit dem Versprechen aus Frankfurt gelockt worden war, dass um ihn herum eine Mannschaft gebaut werde, die um den Aufstieg spielt, wirkte vor der Abreise in das Notfalllager etwas melancholisch. "Das haben wir uns jetzt selber eingebrockt. Ist so", sagte er, merkte aber noch an: "Wenn wir am Sonntag gewinnen, fahre ich sehr gerne vier Wochen lang ins Trainingslager."

Seinen Fußball wird Sechzig mit diesem Gruppenausflug sicher nicht mehr großartig verbessern. Aber das ist offenbar auch gar nicht das Ziel. Es geht um "team spirit", wie Trainer Pereira sagte. Dazu zeigte er die Geste eines Zusammenschlusses zweier gegensätzlicher Teile, indem er seine Hände aufeinander zu bewegte.

War das Lager seine Idee? Oder doch die seines Assistenten Daniel Bierofka? Der sitzt bekanntlich seit ein paar Spielen wieder auf der Bank, auch leitet er das Training mit. Und Investor Hasan Ismaik ist ein großer Fan von Bierofka, seit er den Klub im Vorjahr vor dem Abstieg gerettet hatte. "Of course, my idea!", raunte Pereira, bevor er sich wieder schnell von den Journalisten entfernte.

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