Zweitligist 1860 München:Erneuter Affront gegen Ismaik

TSV 1860 München - Energie Cottbus

Da verstanden sie sich noch: Löwen-Investor Hasan Ismaik (li.) und 1860-Geschäftsführer Robert Schäfer.

(Foto: dpa)

Die Lage beim TSV 1860 München wird immer undurchsichtiger. Der Vertrag von Geschäftsführer Robert Schäfer hat sich bereits um ein Jahr verlängert - die Beiratssitzung Ende Mai kann damit kein Veto mehr einlegen. Investor Hasan Ismaik hatte eigentlich andere Pläne.

Von Philipp Schneider

Sicher, auch der Dienstag endete mal wieder mit einer gewaltigen Pointe beim TSV 1860 München. War es doch der Tag, an dem Michael Scheele, der Anwalt von Vereinsinvestor Hasan Ismaik, endlich eine neue Kopie des Vertrags von Geschäftsführer Robert Schäfer zugesendet bekam. Wochenlang hatte er sie von den Vereinsvertretern angefordert, nachdem das ursprüngliche Exemplar offenbar verschütt gegangen war im Hause Ismaik. "Ich bin fassungslos, es ist der absolute Hammer, mit welcher Frechheit die Herren nun vorgehen", sagte Scheele.

Denn Schäfers Vertrag hatte sich soeben verlängert, weil ihm der Beirat - ein vierköpfiges Gremium, in dem beide Gesellschafter bei 1860 paritätisch vertreten sind - nicht gekündigt hatte. Der Stichtag war also nicht Ende Mai, wie Scheele angenommen hatte. Nein, der Stichtag war dieser Dienstag, der 14. Mai 2013. Jener Tag also, an dem Scheele erstmals Einsicht erhalten hatte in den Vertrag. "Hätten wir das früher gewusst, hätten wir ja nicht extra eine Tagung des Beirats für den 24. Mai angesetzt", sagte Scheele, die entsprechende Einladung habe er soeben erst rausgeschickt.

Klar ist nun, Schäfer wird für ein weiteres Jahr Geschäftsführer bleiben. Das ist auch zum gegebenen Zeitpunkt eine denkwürdige Pointe, hatte Investor Ismaik bei seinem Treffen mit den Fans im Löwenstüberl in der Nacht auf Montag zahlreiche Anekdoten mit erstaunlicher Detailfülle über seine Aversion gegenüber Schäfer vorgetragen.

Über sein Treffen mit Vereinspräsident Hep Monatzeder und Schäfer in Abu Dhabi etwa erzählte er die Episode, wonach er Schäfer in seinem Büro Anfang März die Demission nahe gelegt haben soll: "Ich habe ihm gesagt, Herr Schäfer, es tut mir leid, aber wir können nicht länger zusammen arbeiten." Daraufhin soll Schäfer "sehr betroffen" gewesen sein, "und dann hat er mich gebeten, ihm eine weitere Chance zu geben". Ismaik habe kurz überlegt, dann aber gesagt: "Sie sind nicht fähig, einen Fußballklub zu managen. Der Chef muss unabhängig sein, er muss eine starke Persönlichkeit haben. Und er darf nur für den Klub arbeiten, sich aber nicht in einen Streit involvieren lassen."

Monatzeder habe dann vorgeschlagen, dass Schäfer zumindest Leiter des Marketings sein dürfe. "Also dahin zurückkehrt, wo er herkommt. Dass er wieder Sponsoren anlockt und Tickets verkauft", sagte Ismaik. Diesem Vorschlag habe er zugestimmt. Der Rest der Geschichte, glaubt man Ismaik, trug sich dann zu wie folgt:

Anstelle eines neuen Geschäftsführers präsentierte der gegenwärtige Geschäftsführer - als eine Art Kompromiss zur Rettung seines eigenen Jobs - dem Jordanier "einen einzigen" möglichen neuen Sportdirektor zur Auswahl. Einen aus "Schäfers Heimatstadt Braunschweig", wie Ismaik ausplauderte, und den der Investor auch nicht habe treffen dürfen, "weil Schäfer darauf verwies, dass er in einem bestehenden Vertragsverhältnis steht", das hatte Ismaiks Cousin Noor Basha schon vor Wochen verraten. Zudem habe es noch das mündliche Versprechen Monatzeders gegeben, wonach Schäfer nach einem Jahr sein Amt als Geschäftsführer verlieren solle.

Niemand weiß, wer entscheiden darf

Die Geschichte sei nicht ganz richtig, sagte Aufsichtsratschef Otto Steiner am Dienstag. Herr Ismaik habe, "nachdem er über viele Monate vehement die Ablösung von Dieter Schneider gefordert hat", in Abu Dhabi "für uns überraschend die Ablösung von Robert Schäfer als neue conditio sine qua non für weitere Verhandlungen und Zahlungen eingefordert".

Nachdem sich Ismaik auf "diese Forderung versteift hat, kam von unserer Seite der Vorschlag, den Vertrag von Robert Schäfer erst einmal um ein Jahr zu verlängern. 2014 wollten wir das Thema wieder auf die Tagesordnung bringen". Ismaik habe allerdings auf "alleiniges Entscheidungsrecht" beharrt, was nicht 50+1-konform sei. Nun ist das Thema Geschäftsführer also, wie von Steiner geplant, tatsächlich vertagt auf 2014.

Ursprünglich hatte Scheele den Vertrag des Geschäftsführers prüfen wollen, weil "wir der Meinung sind, dass Schäfer nicht mit Trainer und Sportdirektor hätte verlängern dürfen, ohne den Aufsichtsrat zumindest anzuhören." Das sieht wiederum Schäfer anders. "Schon ein Blick in den Kooperationsvertrag und die Satzungen der KGaA hätte genügt, um festzustellen, dass der Aufsichtsrat auf die gesetzlichen Mindestbefugnisse beschränkt ist", sagte er am Dienstag: "Ein Zustimmungserfordernis des Gremiums ist nicht vorgesehen und kann auch nicht aufgenommen werden, da es gegen die Wertung der 50+1-Regel verstößt."

Und weiter: "Angesichts derartiger Aussagen steht zu befürchten, dass Herr Scheele mehr Zeit für die mediale Bekanntgabe seiner Meinung verwendet, als für eine sorgfältige Prüfung der Sachverhalte und ihre juristischen Bewertungen."

Bleibt die Frage, wie Ismaik auf diesen neuerlichen Affront reagieren wird. Im Winter hatte er Sven-Göran Eriksson als Trainer gefordert, ab März einen neuen Geschäftsführer und im April einen neuen Sportdirektor. Nun hat der Verein keinen einzigen seiner Wünsche erfüllt und sich wohl entschieden: für Robert Schäfer und gegen den Investor.

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