TSV 1860 München:Elf Kerle

Fussball 2 BL 06 04 2016 TSV 1860 München Pressekonferenz anlässlich des 50 jährigen Jubiläu

"Damals waren es elf Freunde auf dem Platz. Solche Tugenden müssen wir jetzt auch einbringen." - 1860-Kapitän Schindler (r.) verspricht, sich an Peter Grossers Meistermannschaft zu orientieren.

(Foto: Lackovic/imago)

Vor dem Heimspiel gegen die SpVgg Greuther Fürth richtet 1860-Trainer Benno Möhlmann mahnende Worte an seine Mannschaft und kündigt Änderungen in der Aufstellung an.

Von Markus Schäflein

In diesem Frühling jährt sich zum 50. Mal der Höhepunkt in der Vereinsgeschichte des TSV 1860 München, die deutsche Meisterschaft von 1966. Leider wird das schöne Jubiläum von der lästigen Gegenwart konterkariert. Unter der Woche präsentierte der Klub ein Retro-Trikot in Anlehnung an die Meisterleibchen, der damalige Kapitän Peter Grosser und der aktuelle Spielführer Christopher Schindler trafen sich zum Trikottausch im Löwenstüberl. Allerdings gerieten die Geschichten von damals in den Hintergrund, geredet wurde hauptsächlich über die aktuelle Lage - über den Abstiegskampf in der zweiten Fußball-Bundesliga.

Grosser, 77, erklärte, er würde gerne in eine Verjüngungsmaschine steigen, um seinen Nachfolgern an diesem Freitagabend (18.30 Uhr, Arena Fröttmaning) im Heimspiel gegen die SpVgg Greuther Fürth zu helfen. Leider muss er es bei Ratschlägen belassen. Er habe "kein Verständnis dafür, die Mannschaft immer zu schützen und alles schönzureden. Die Fußballer vertragen schon mal ein hartes Wort", meinte Grosser. Also sprach er harte Worte: "Gegen Bielefeld und gegen Karlsruhe, das war kein Abstiegskampf. Für mich ist es unverständlich, dass man solche Spiele abliefert."

Auch Trainer Benno Möhlmann war nach dem Auftritt in Karlsruhe (1:3) recht ungehalten und bat die Mannschaft zum Rapport. "Ich denke, die Situation ist eindeutig: Wir haben es jetzt einige Spiele lang nicht super umgesetzt. Die Jungs wissen Bescheid, wir haben Tacheles geredet", berichtete Möhlmann. "Ich bin jetzt gefordert, die richtigen elf Kerle in die Trikots zu stecken. Keiner kann sich mehr verstecken, lieber soll er vorher zu mir kommen und sagen: Ich kann heute nicht spielen, weil ich heute kein Kerl sein kann."

Vermutlich kehrt der zuletzt gesperrte Romuald Lacazette ins defensive Mittelfeld zurück

Die Auswahl an potenziellen Kerlen hat sich für Möhlmann im Vergleich zum KSC-Spiel vergrößert. Mittelfeldspieler Daniel Adlung kehrt nach einer Sprunggelenksverletzung in den Kader zurück. Auch die zuletzt gesperrten Sechser Milos Degenek und Romuald Lacazette stehen wieder zur Verfügung, und einer von ihnen - vermutlich Lacazette - dürfte auch in der Startelf stehen. Denn in erster Linie mangelte es in Karlsruhe an der Kompaktheit. In der ersten Hälfte hatte sich die Idee mit dem offensiv orientierten Michael Liendl in der Zentrale neben Kai Bülow als nicht praktikabel erwiesen, im zweiten Durchgang spielte dort Sertan Yegenoglu, der nun aber als Linksverteidiger den verletzten Maxi Wittek (Kapselverletzung im Knie) ersetzen muss. Auf der Bank finden könnte sich der zuletzt nicht so recht motiviert wirkende Angreifer Rubin Okotie, den Möhlmann in Karlsruhe zur Pause vom Feld nahm.

Nicht nur Kapitän Schindler hat nämlich erkannt, dass seine Mannschaft spielerische Mängel mit Abstiegskampfmitteln wettmachen sollte: "Wir müssen mehr kämpfen als die anderen, damit auch mal Spiele auf unsere Seite fallen." Da diente die Meisterschaft von 1966 als Vorbild: "Damals waren es elf Freunde auf dem Platz. Solche Tugenden müssen wir jetzt auch einbringen." Möhlmann sah es anders, gewohnt pragmatisch eben: "Es gibt schon lange keine elf Freunde mehr, aber es muss eine Zweckgemeinschaft sein."

Gerade gegen die Fürther, die sich im gesicherten Mittelfeld der Tabelle ohne Perspektiven nach oben oder unten aufhalten, sollen Laufbereitschaft und Zweikämpfe den Unterschied ausmachen. Trainer Möhlmann vermutete, die SpVgg befinde sich bereits in einer Phase, in der sie "schon etwas ausprobieren" könnte im Hinblick auf die kommende Spielzeit.

Zumal Übungsleiter Stefan Ruthenbeck dann weiterhin am Ronhof tätig sein wird - jedenfalls dementierte er zuletzt Gerüchte über einen Wechsel zu Hannover 96, zu dem abgeschlagenen Tabellenletzten der ersten Liga, der auch in Giesing für Gesprächsstoff sorgte. Dort war zu vernehmen, Sportchef Oliver Kreuzer habe eine Anfrage von Hannovers Geschäftsführer Martin Bader erhalten. Kreuzer, dessen Vertrag bis 2018 und auch für die dritte Liga gültig ist, dementierte die Nachricht ebenso: "Meine hundertprozentige Konzentration gilt Sechzig - und zwar nicht nur für die nächsten Wochen", beteuerte der Sportdirektor.

In Fürth hat Ruthenbeck tatsächlich nichts dagegen, Spielern eine Chance zu geben, sich für eine Vertragsverlängerung zu empfehlen; bei einer Reihe seiner Profis, die wenig gespielt haben, enden die Anstellungs- oder Leihverhältnisse am 30. Juni. "Aber ich werde keinen Spieler reinwerfen, um zu gucken, ob er sich freischwimmt", erklärte Ruthenbeck. "Die Jungs müssen im Training eine entsprechende Leistung abrufen, sie müssen sich einen Einsatz verdienen." Linksverteidiger Ronny Marcos sowie die Angreifer George Davies und Ante Vukusic kommen durchaus mal für einen Einsatz in Frage.

Für die Partie beim TSV 1860 denkt Ruthenbeck aber vor allem an eine andere Änderung - aus taktischen Gründen. Der 1,97 Meter große gelernte Innenverteidiger Benedikt Röcker soll im defensiven Mittelfeld zum Einsatz kommen. Sechzig sei "eine Mannschaft, die sich viel über die Standardsituationen definiert", sagte Ruthenbeck in der Pressekonferenz, "sie haben ganz viele große Spieler. Das wird nicht einfach. Wir müssen hoch konzentriert sein und zuerst an den Ball kommen." Dabei könnte Röcker helfen.

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