TSV 1860 München:Ein taktisches Ding

11 04 2015 Fussball 2 Bundesliga 2014 2015 28 Spieltag Eintracht Braunschweig TSV 1860 München

"Wie da die Tore fallen, da fehlen mir die Worte." - 1860-Kapitän Christopher Schindler (vorne) und seine Kollegen nach der Niederlage am Samstag.

(Foto: imago)

1860-Trainer Fröhling kritisiert sein Team nach dem 0:2 in Braunschweig erstmals deutlich. Dank anderer Resultate bleiben die Löwen auf einem Nichtabstiegsplatz.

Von Markus Schäflein

Lauter Applaus und fröhliches Lachen beschallten das Trainingsgelände des Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München, die Sonne schien, die Laune war prächtig. Leider und selbstverständlich hatte diese Atmosphäre nichts mit der Mannschaft zu tun, im Biergarten des Löwenstüberls wurde ein 50. Geburtstag gefeiert, der Jubilar hielt eine Rede und referierte, dass es nichts bringe, gesund zu leben, wenn man dann mit 49 Jahren von einem Auto totgefahren werde. Einige Meter daneben stand Trainer Torsten Fröhling, und seine Stimmung war gänzlich anders. Er sei "sehr enttäuscht" von der ersten Hälfte beim 0:2 in Braunschweig, teilte er mit, "das war zu passiv, das war für mich kein Männerfußball. Das darf nicht passieren in dieser Situation."

Die Situation verschlimmerte sich am Sonntagnachmittag dann immerhin kaum - dank der direkten Konkurrenten im Kampf um den Klassenverbleib befinden sich die Löwen auch nach dem 28. Spieltag noch ganz knapp über dem ominösen Strich, der am letzten Spieltag Freude und Trauer trennt. Erzgebirge Aue verlor zu Hause 0:1 gegen Sandhausen und bleibt einen Punkt hinter 1860, Aalen hat nach dem 1:1 bei Union Berlin noch zwei Zähler weniger als die Münchner. Doch irgendwann, ja irgendwann, wird 1860 wieder punkten müssen, und die Frage stellte sich nach dem Auftritt in Braunschweig: Wie nur?

Die Tendenz der Leistungen war ja aus Fröhlings Sicht zuletzt, auch beim 0:1 zu Hause gegen Aue, nach oben gegangen - davon konnte nach dem schwachen Auftritt vom Samstag keine Rede mehr sein. "Dass man mal ein Tor kriegt oder verliert, damit habe ich kein Problem", sagte Fröhling - aber eben nicht so wie in Braunschweig. Beim 0:1 nach fünf Minuten hatte er ein kollektives Versagen erkannt: "Wir sind im Mittelfeld nicht auf unseren Positionen geblieben." Ballverlust, Gegenangriff, Christopher Schindler war aufgerückt, Gary Kagelmacher rückte weit nach innen, um in der Innenverteidigung aushelfen, die rechte Abwehrseite war verwaist. "Falsche Laufwege" diagnostizierte Fröhling, "das war ein ganz klares taktisches Ding, das uns gelähmt hat" Auch Kapitän Christopher Schindler meinte: "Braunschweig hat uns aus ganz einfachen Situationen heraus in Schwierigkeiten gebracht. Da verlässt sich jeder auf den anderen. Wie da die Tore fallen, da fehlen mir die Worte."

Beim Versuch, eine Stammelf zu bauen, hat Fröhling einen Rückschlag erlitten

Beim 0:2, unmittelbar nach Pausenansprache, ließen die Münchner die Braunschweiger kombinieren wie im Training. "Wir hatten die Sachen angesprochen und sind voll motiviert raus, und dann kriegen wir gleich das zweite Tor", klagte Fröhling. Dazwischen hatte Rodri die beste Chance zum Ausgleich vergeben; als ihm der Ball zufällig vor die Füße fiel, scheiterte er aus fünf Metern an Braunschweigs Torwart Rafal Gikiewicz (38.). Eine weitere gute Chance vergab Stahl, der volley aus sechs Metern über die Querlatte schoss (68.).

Den freien Tag am Montag hat der Trainer gestrichen, eine Übungseinheit steht zwar nicht auf dem Programm, dafür die Videoanalyse. Gute Idee: So kann man das Umfeld der Löwen, das sich gerne über freie Tage nach Niederlagen echauffiert, ruhigstellen, ohne die Spieler überzutrainieren. Ein Einstellungsproblem sieht Fröhling bei seiner Mannschaft aber nicht. "Ich bleibe immer noch dabei, dass die Jungs verstanden haben, worum es geht. Es wäre ja auch eine Katastrophe, wenn sie es nicht verstanden hätten, ich denke, sie können eine Tabelle lesen."

Fröhling hat beim Versuch, aus dem komplizierten Kader eine Stammformation zu bauen, in Braunschweig einen Rückschlag erlitten. Die Abwehr zeigte sich erneut anfällig, das zentrale Mittelfeld mit Julian Weigl und Dominik Stahl funktionierte ebenso wenig wie das Zusammenspiel von Korbinian Vollmann und Rodri im Angriff. "Er geht immer wieder von Neuem los", kündigte Fröhling an. In Maximilian Wittek, Martin Angha und Stephan Hain sammelten einige Kandidaten, die zuletzt nicht zur Mannschaft zählten, am Sonntag Spielpraxis bei der Regionalliga-U21, die beim 4:0 gegen Heimstetten ihren ersten Erfolg unter Trainer Daniel Bierofka feierte. Und Rubin Okotie, der sehnlichst vermisste Torjäger der Hinrunde, nimmt nach seiner Verletzung am Dienstag das Training mit der Mannschaft wieder auf. Ob Okotie für das Heimspiel gegen den VfL Bochum am Samstag (13 Uhr) bereits einsatzfähig ist, vermochte Fröhling allerdings noch nicht zu prognostizieren.

Nicht auf Okotie gemünzt war es, als der Trainer sagte, er werde "jetzt schauen, wer mit Schmerzen leben kann". Er meinte vielmehr den Einsatz der Gesunden: "Schmerzen bedeutet, dass Zweikämpfe weh tun, dass man mal einen drauf kriegt. In Braunschweig haben wir Schmerzen bekommen, aber ausgeteilt haben wir nicht. Das will ich jetzt im Training sehen."

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