TSV 1860 München:Ismaik: Löwen-Fans sollen "1000 bis 30 Millionen Euro" zahlen

FUSSBALL 2 . BUNDESLIGA

"Diejenigen von euch, die für die 50+1-Regel sind, dürften dann zwischen 1000 und 30 Mio. Euro zahlen!" - Ismaik sendet schöne Grüße.

(Foto: Hans Rauchensteiner)
  • Beim TSV 1860 München hat Investor Hasan Ismaik auf Facebook Fans und Verein deutlich heftig kritisiert.
  • Der Investor will, dass sich der Verein für die Abschaffung der 50+1-Regel einsetzt. Die Fans wollen das aber unter keinen Umständen.

Von Markus Schäflein und Philipp Schneider

Ließen sich die Gesetzmäßigkeiten der Logik anwenden auf Hasan Ismaiks kuriose Kampagne auf Facebook, so ließe sich fast behaupten, der Jordanier verfolge einen stringenten Plan, um auch noch den letzten Erdenbewohner gegen sich aufzubringen. Nachdem der Investor des Fußball-Zweitligisten 1860 München auf den bisherigen Folien zunächst pauschal über alle Medien- und Vereinsvertreter sowie den Arenavermieter FC Bayern München gerichtet hatte, knüpfte er sich nun auch die aus seiner Sicht anmaßenden Fans vor.

Diese hatten in nicht gerade kleiner Zahl auf Ismaiks Facebook-Seite ihre Verwunderung darüber zum Ausdruck gebracht, dass der ehemalige Vorstandsvorsitzende des börsennotierten Baukonzerns Arabtech in den vier Jahren seit seinem Einstieg bei 1860 mit seinen Investitionen stets nur die Lizenz und damit das Überleben gesichert, aber nie im größeren Umfang in den Kader investiert hatte.

Ismaik attackiert die Fans persönlich

"Zurück zu den Forderungen von den Fans, neue Spieler zu kaufen, ein neues Stadion zu bauen, das Darlehen in Genussscheine umzuwandeln und die Geldstrafe zu zahlen", schrieb Ismaik: Sechzig brauche "60 Mio. Euro, um gegen andere Vereine zu konkurrieren, neue gute Spieler zu kaufen und qualifiziertes Personal einzustellen". Er werde "mit 49% dieser Summe dazu beitragen. Im Gegenzug könnte der Verein, die Fans und die Investoren aus München mit 51% dieser Summe beitragen." Und dann attackierte er die Fans persönlich: "Diejenigen von euch, die für die 50+1-Regel sind, dürften dann zwischen 1000 und 30 Mio. Euro zahlen! Hier hat jeder die Treue und die Zugehörigkeit dem Verein gegenüber zu beweisen. Ich habe es hiermit bereits getan."

Ein ernst gemeinter Plan ist das selbstredend mal wieder nicht, eher schon die bisher größte Polemik Ismaiks gegen 50+1 und dessen Befürworter. Passend dazu meldete sich der Fanrat zu Wort - aus der Befürchtung heraus, dass der e.V. Ismaik bei seinen Plänen, gegen die Regelung vorzugehen, unterstützen könnte. "Mit Schrecken" habe das Gremium "die Stellungnahme von Präsident Peter Cassalette nach seinem Besuch in Abu Dhabi zur Kenntnis genommen." Den Fanrat sieht darin "den erstmaligen Versuch, die 50+1-Regel aufzuweichen, um Ismaik zusätzliche weitreichende Machtkompetenzen zuzugestehen. Sollte das Präsidium an diesem Schritt arbeiten, würde dies für weite Teile der Anhängerschaft einen nicht zu billigenden Vorgang darstellen."

Hat Ismaik selbst das Geld? Oder ist er nur ein Strohmann?

Cassalette, der am Dienstag beim Neujahrsempfang der DFL in Frankfurt weilte, will am Mittwoch im Trainingslager mit der Presseabteilung eine Stellungnahme abstimmen. Offizielle Aussagen des Präsidenten dauern gerne länger - so war es ja auch nach der Rückkehr aus Abu Dhabi. Am Ende gebar Sechzig den Satz zu Ismaiks Haltung zu 50+1, der nun den Fanrat beunruhigte: ",Wir haben verstanden, dass das für ihn ein wesentliches Thema ist', weiß Cassalette. Falls es in dieser Angelegenheit zu Gesprächen mit der DFL kommen sollte, sei der Verein daran interessiert, teilzunehmen."

Cassalette will diesen Satz nun in seinem Sinne gelesen wissen. "Wir haben das doch ganz bewusst so formuliert", sagt er - soll heißen: als kleines Bonbon für Ismaik, aber ohne wirkliche Unterstützung anzukündigen. Wie Cassalette nun die Forderung des Fanrats nach einer Positionierung für 50+1 erfüllen will, ohne weitere empörte Äußerungen Ismaiks zu verursachen, ist schwer vorstellbar.

2011 tönte der Investor noch, 33 Millionen seien "nicht enorm groß für mich"

Dann hätte der Gesellschafter eine Gelegenheit, sich nun auch noch mit Cassalette zu überwerfen. Nachdem er erwartungsgemäß - und wohl auch kaum zu seiner eigenen Überraschung - mit dem Versuch gescheitert ist, die Fans im Kampf gegen 50+1 hinter sich zu vereinen, lässt sich seine Strategie zuvorderst als Rechtfertigungskampagne deuten. Sein bunter Strauß an Anschuldigungen in alle Richtungen dient ihm ja sowohl für den Fall zur Ehrenrettung, sollte er seine Anteile noch in dieser Saison verkaufen.

Und er könnte die vermeintlichen Argumente auch zur Verteidigung hernehmen, sollte 1860 den gar nicht mehr unwahrscheinlichen Weg des Abstiegs beschreiten. Ihm, der 2011 noch damit tönte, eine Investition von 33 Millionen Euro sei "zugegeben, nicht enorm groß für mich" - und der dem Vernehmen nach geschäftliche Beziehungen zu nachweislich vermögenden Figuren wie Manchester Citys Investor Mansour bin Zayed Al Nahyan unterhält, dürfte die sportliche Stagnation des Klubs zunehmend peinlich sein.

Und zwar unabhängig davon, ob er sein eigenes Geld in 1860 investiert hat - oder er nur ein Strohmann für andere ist, beispielsweise für Geldgeber eines Fonds. Diese Möglichkeit stellen immer mehr Gesprächspartner in den Raum. Zumal aus kaufmännischer Sicht kaum nachvollziehbar ist, weswegen Ismaik jenes 18-Millionen-Euro-Angebot für einen Anteilsverkauf ablehnte, das ihm im November unterbreitet wurde. Obwohl ja alles so fürchterlich ist bei 1860.

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