TSV 1860 München: Drohende Insolvenz:1860 schaut nur noch zu

Der Kampf um den TSV 1860 München wird zum Wirtschaftskrimi - dem Verein jedoch bleibt lediglich die Zuschauerrolle. Einzig die DFL und der mögliche Investor Hasan Ismaik klären, ob der Zweitligist überlebt.

Andreas Burkert und Klaus Ott

18 Tage hat der marode Fußball-Zweitligist 1860 München noch Zeit, den Gang zum Insolvenzgericht und damit ein Novum im Bundesligabetrieb abzuwenden. Seit Mittwoch sind liquide Mittel aus der im April erwirkten Notfinanzierung aufgebraucht, große Rechnungen können nicht mehr beglichen werden - soeben wären etwa 200.000 Euro Stadion-Miete an den FCBayern fällig gewesen, aber nach SZ-Informationen blieb die Zahlung aus.

TSV 1860 München - FC Ingolstadt

Nur noch Statisten: Reiner Maurer und 1860 München.

(Foto: dpa)

Das Licht gehe noch an, betont Präsident Dieter Schneider, ein paar Euro für den Strom seien noch da. "Man muss aber jetzt auf den Rest genau aufpassen." Der Botschaft, welche 1860 unfreiwillig aussendet, widerspricht grundsätzlich aber niemand im Stadtteil Giesing: Wenn nun nicht in den nächsten Tagen doch noch der Einstieg des arabischen Investors Hasan Ismaik gelingt, geht das Lichter aus. Von einer Bankenlösung oder anderem Wunschdenken redet längst keiner mehr.

In diesem Wirtschaftskrimi befindet sich 1860 inzwischen in der Zuschauerrolle. Denn nach allem, was bekannt ist, hat Schneider nun tatsächlich die Zustimmung aller Gläubiger eingeholt, die auf etwa 40 bis 50 Prozent ihrer Forderungen verzichten müssen; auch Vermarkter IMG ist wohl zu Vertragsänderungen bereit.

Diese Forderungen hatte Ismaik gestellt, der für 13 Millionen Euro 49 Prozent der Anteile erwerben will. Was jetzt noch fehlt: das grüne Licht der Deutschen Fußball Liga (DFL) für den Kooperationsvertrag von 1860 mit dem jordanischen Geschäftsmann Ismaik.

Zweimal hat sich die DFL mit dem Papier beschäftigt, und zweimal wies sie es zurück. Im Kern geht es um ein starkes Mitspracherecht Ismaiks, der etwa den Chef des Aufsichtsrats bestellen will und auch einen Finanz-Geschäftsführer.

Derlei Einflussnahme geht der DFL wohl zu weit, sie verstößt gegen ihre 50+1-Regel, da "einem Minderheits-Gesellschafter Letztentscheidungs-Befugnisse" eingeräumt werden, wie es im Fachjargon heißt. Ismaiks Wunsch, bei einem Fall der 50+Regel die Kaufoption auf zwei weitere Prozent zu haben, würde die DFL dagegen offenbar gestatten.

Spielraum auf der Investoren-Seite

Ismaik hofft, angesichts der drohenden Insolvenz und Investor-ähnlicher Konstruktionen in Hoffenheim oder Wolfsburg - die geduldet werden - bewege sich die DFL noch. "Er will natürlich nicht ohne Einfluss sein Geld geben, sondern es schon selber vernichten", formuliert überspitzt Unternehmer Martin Kind.

Der Präsident von Hannover96 kämpft seit Jahren gegen den 50+1-Passus, am 4. Juli beschäftigt sich ein DFB-Schiedsgericht mit seiner Klage. Sofern er verbandsrechtlich scheitert, "werde ich vor einem ordentlichen Gericht weitermachen", betont Kind.

Aber die Streitfrage, ob die gesetzlich verankerte Verbandsautonomie in punkto Wettbewerbs- oder Unternehmensrecht europäischem Recht standhält, wird für 1860 definitiv nicht rechtzeitig geklärt werden.

Ismaik hat deshalb den Sportrechtsexperten Christoph Schickhardt - der auch Kind vertritt - beauftragt, den Vertrag bis Freitag umformuliert vorzulegen. Die DFL dürfte dabei trotz Ismaiks seriös anmutender Absichten auf ihrer Regelauslegung beharren, obwohl sie 1860 gern gerettet sähe; denn sie handelt im Auftrag ihrer Mitgliederversammlung, der Klubs.

Spielraum hat wohl nur die Investoren-Seite, und Schneider glaubt, gemeinsam werde man einen Entwurf vorlegen, "der im Sinne der DFL ist". Anders gehe es kaum, ahnt Kind: "Wenn die DFL stur auf ihre Statuten pocht, wird es schwer."

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