TSV 1860 München:Der Zweitliga-Experte

24.01.2016,  Fussball 2. Liga, Trainingslager 1860 München in Estepona

"Ich fühle mich besser, wenn mir die Mitspieler positive Energie geben, auch wenn es esoterisch klingt", sagt Jan Mauersberger (links, beim Fußballtennis).

(Foto: Cathrin Müller/M.i.S.)

Trainer Benno Möhlmann will dem Defensivverhalten im Abstiegskampf mehr Struktur geben. Der neue Innenverteidiger Jan Mauersberger ist dabei fest eingeplant.

Von Markus Schäflein

Jan Mauersberger ist all die Jahre mit einem Münchner Kennzeichen herumgefahren, in Fürth, in Osnabrück und zuletzt in Karlsruhe. Dass das Auto und der Wohnort irgendwann mal wieder zusammenpassen sollten, hatte sich der Innenverteidiger fest vorgenommen. Und zehn Jahre, nachdem Mauersberger die Nachwuchsabteilung des FC Bayern verließ, um Zweitligaprofi zu werden, klappte es nun. "Ich bin sehr heimatverbunden. Es war immer klar, dass ich die Möglichkeit nutze, frühzeitig vor dem Karriereende nach Hause zu kommen, wenn ich sie habe", sagt der 30-Jährige. Aber ein Angebot vom TSV 1860 wollte in den vergangenen Jahren einfach nicht kommen. "Es wurde bei Sechzig lange nach großen Namen geschrien, aber ich bin ja leider nie über die zweite Liga rausgekommen", erklärt sich das Mauersberger. "Da bin ich realistisch: Ich bin ein Experte für diese Liga."

Sechzig ist auch lange nicht mehr darüber hinausgekommen, doch für Zweitliga-Experten interessierten sich die Löwen in ihrer Personalplanung der vergangenen Jahre kurioserweise tatsächlich nur am Rande. Seit Trainer Benno Möhlmann und Sportdirektor Oliver Kreuzer wirken, ist das anders - sie suchten für den Abstiegskampf Personal mit entsprechender Erfahrung und fanden Mauersberger. Er soll mit Kapitän Christopher Schindler die neue Innenverteidigung bilden, wie in der ersten Hälfte des Testspiels gegen den rumänischen Erstligisten Pandurii (2:1) bereits zu besichtigen war.

Wenn man die Vorstellung der Löwen positiv beschreiben wollte, durfte man sie kompakt nennen, und das gefiel Mauersberger selbstredend: "Wir haben als Team gut verschoben und zusammengearbeitet, auch wenn das Spiel sicher noch nicht auf Zweitliganiveau war." Und die Kompaktheit sei das Entscheidende, das sich im Vergleich zur bisherigen Saison verändern müsse: "Wir haben eine gute Qualität, auch nach vorne, aber wir müssen eine Struktur in der Defensive kriegen und sie über die gesamte Spieldauer halten. In der zweiten Liga gewinnt oft nicht die spielerisch bessere Mannschaft, sondern die taktisch bessere." Das weiß auch Trainer Möhlmann, dessen Verpflichtung ja schon der Anfang der interessanten Idee war, aus Sechzig zumindest auf dem Fußballplatz einen ganz normalen Zweitligisten zu machen. Was Möhlmann für die Restsaison im Defensivbereich ändern will, wurde gegen Pandurii zum Teil schon sichtbar: Abwehrtalent Sertan Yegenoglu, Mauersbergers junger Vorgänger, ist nicht mehr für die Innenverteidigung eingeplant und wird auf der linken Seite der Viererkette mit Maxi Wittek um einen Platz wetteifern. Im defensiven Mittelfeld muss der ebenfalls junge Milos Degenek um seinen Platz bangen, dort begann Dominik Stahl, darüber hinaus wünscht sich Möhlmann ohnehin noch einen neuen Sechser.

Fürths Tom Weilandt flog mit der Mannschaft zurück in Heimat, anstatt zum TSV 1860 zu wechseln

Seit der Ankunft des von Werder Bremen geliehenen Levent Aycicek, der sich bei seinem ersten Auftritt spielerisch stark präsentierte und den Treffer zum 2:0 erzielte, ist das Präsentieren neuer Spieler allerdings ins Stocken geraten. Offensivspieler Tom Weilandt flog am Sonntag mit der SpVgg Greuther Fürth aus deren Trainingslager nach Hause, statt direkt aus dem benachbarten Mijas die Costa del Sol entlang nach Estepona zu fahren. Im Mittelfeld sind also noch ein bis zwei Plätze frei, die Abwehr hingegen steht. "Jan hat das souverän und fehlerlos gemacht", lobte Möhlmann, "und auch insgesamt waren wir gut organisiert." Der 1,94 Meter große Mauersberger passt als kopfballstarker, wuchtiger Verteidiger mit einem starken linken Fuß gut neben Kapitän Schindler, die Abstimmung klappte bereits. "Wir tauschen uns auch neben dem Training viel aus", sagt Mauersberger, "ich will wissen, wie seine Meinung ist, was seine Stärken und Schwächen sind, damit man sich aushelfen kann." Auch im Spiel kommuniziert er lautstark: "Ich bin jemand, der viel pusht, das ist halt meine Art, das habe ich über die Jahre so entwickelt." Er will aber nicht der einzige Antreiber sein: "Ich fühle mich besser, wenn mir die Mitspieler positive Energie geben, auch wenn es esoterisch klingt."

Dass er wieder wichtig ist, noch dazu bei Sechzig, dem Lieblingsklub etlicher seiner Kumpels aus alten Münchner Zeiten, tut Mauersberger spürbar gut. Er war in den vergangenen Jahren oft verletzt, im Sommer wollte ihn der Karlsruher SC bereits abgeben, doch ein vernünftiges Angebot ging nicht ein. Also blieb Mauersberger dort - als Innenverteidiger Nummer fünf. Doch der KSC startete mit einer Niederlagenserie: "Dann durfte ich wieder in die Bresche springen." Mauersberger absolvierte zwölf Partien, bis er im Spätherbst wieder weichen musste. Diesmal konnte er es noch weniger akzeptieren. "Wir hatten von den letzten fünf Spielen vier Mal zu Null gespielt. Wenn du aus einem funktionierenden Team rausgenommen wirst, ist das unverständlich", sagt er. "Dann wollte ich die gute Hinserie nutzen, um einen anderen Verein zu finden und mich zu verändern."

Das klappte - bei Sechzig erhielt Mauersberger einen Vertrag über zweieinhalb Jahre, der auch für die dritte Liga gültig ist. "Wenn wir absteigen sollten, bin ich ein Typ, der das dann wieder gerade biegen will", sagt er, "aber jetzt werden wir erst mal alles daran setzen, dass es nicht so weit kommt."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: