TSV 1860 München:Darüber stimmen die Mitglieder ab

Trainingsauftakt 1860 München

Eins ist sicher: Um den Trainer geht es am Sonntag nicht. Torsten Fröhling bereitet die Mannschaft auf die neue Saison vor.

(Foto: dpa)

Investor Ismaik? Geschäftsführer Basha? Sportchef Poschner? Bei der Mitgliederversammlung des TSV 1860 München geht es am Sonntag offiziell um den Verwaltungsrat. Doch es formiert sich eine Opposition.

Von Philipp Schneider, Markus Schäflein, Filippo Cataldo, München

An diesem Sonntag (ab 10.30 Uhr in der Tonhalle) soll die Mitgliederversammlung des TSV 1860 München e.V. stattfinden. Ursprünglich war sie für den 21. Juni geplant, wurde aber zwei Tage vorher abgesagt. Der Verein begründete die Verschiebung mit den intensiven Verhandlungen von Präsidium und Beirat mit Investor Hasan Ismaik.

Intensiv verhandelt wird noch immer zwischen München und Abu Dhabi, nur wird der Verein nach dem Rücktritt von Präsident Gerhard Mayrhofer und Stellvertreter Erik Altmann nun repräsentiert von Karl-Christian Bay, Siegfried Schneider und Vize Heinz Schmidt. Brisant dürfte die Versammlung schon allein deshalb werden, weil Gerhard Poschner am Freitag zwar als Geschäftsführer Sport abberufen wurde, aber ausgerechnet durch Ismaiks Statthalter Noor Basha ersetzt werden soll. Basha und Poschner gelten als unzertrennlich und dürfen auch künftig noch miteinander arbeiten. Poschner soll Sportdirektor bleiben, Basha gemeinsam mit Finanz-Geschäftsführer Markus Rejek den sportlichen Bereich verantworten. Formell steht auf der Versammlung die Neuwahl des gesamten Verwaltungsrats an - des wichtigsten Kontrollgremiums des Vereins.

Wie wird der neue Verwaltungsrat gewählt?

Nach der neuen Satzung werden neun Kandidaten in direkter Einzelwahl von den Mitgliedern gewählt. Die Zeiten, in denen Delegierte über einen kompletten Wahlvorschlag entscheiden, sind vorbei. Eine möglicherweise ermüdende, möglicherweise äußerst unterhaltsame, sicher aber langwierige Prozedur. Sage und schreibe 32 Kandidaten dürfen sich erst einmal vorstellen, und man darf davon ausgehen, dass viele von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Selbst Harald Riedl, der "Löwenforums-Harie", tritt an.

Wie geht es bei einer Wiederwahl der bisherigen Protagonisten weiter?

Entscheidende Figur ist Karl-Christian Bay, 45, derzeit Mitglied des Übergangspräsidiums, dessen Wahl in den Verwaltungsrat sich Siegfried Schneider, Heinz Schmidt und die derzeitigen Räte stark erhoffen. Denn der renommierte Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwalt Bay ist der entscheidende Verbindungsmann zu Hasan Ismaik und dessen Anwälten in München. Den seltsamen, aber vor Wochen kaum für möglich gehaltenen Kompromiss über Poschners Zukunft handelte ebenfalls Bay mit Ismaik aus. Auch hält er Kontakt zu mittlerweile zwei Investorengruppen, die interessiert seien sollen, Ismaiks Anteile (60 Prozent, davon 49 Prozent stimmberechtigt) an Sechzigs Profifußballabteilung zu erwerben.

Im Gegensatz zu einigen Verwaltungsräten im Verein ist Bay, der erst 2013 vom damaligen Präsidenten Hep Monatzeder als Experte in Finanzfragen rekrutiert wurde, vereinspolitisch nicht vorbelastet. Er hat keine der zahlreichen Fehlentscheidungen in der langen Historie von 1860 zu verantworten. Doch auch die bisherigen (wegen zahlreicher Fehlentscheidungen teils heftig umstrittenen) Verwaltungsräte befürworten die Bay'sche Politik, auch sie wollen, dass mit Ismaik weiter verhandelt wird über einen Anteilsverkauf.

Gibt es eine Opposition?

Der Wasserburger Versicherungsmakler Richard Ostermeier tritt gemeinsam mit sechs anderen Kandidaten als Gruppe an, die er als "Wahlalternative" bezeichnet. Ursprünglich handelte es sich um neun Personen, doch die Stadträtinnen Verena Dietl und Beatrix Zurek machten einen Rückzieher und kandidieren nun lieber als Einzelpersonen. Durch die Gruppenbildung unter dem Motto "Treue - Stimmung - Vereinsliebe" will Ostermeiers verbliebenes Septett es "den Mitgliedern leichter machen, sich für das Teamwork zu entscheiden, ähnlich wie bei Parteien. "Wir nennen es Netzwerk." Inhaltlich setzt das Netzwerk in erster Linie auf das Thema "Stadionausweglösung". Der Nürnberger Radiologe Kai Hillmer, der auch zu der Gruppe zählt, fordert in einem gesonderten Antrag, "den Auszug aus der Allianz Arena zur Saison 2016/2017 (. . .) zu fixieren".

Über einen entscheidenden Punkt, das künftige Verhältnis zu Ismaik und einen möglichen Weiterverkauf der Anteile, hüllt sich Ostermeier hingegen noch in Schweigen. "Das muss man neu besprechen", sagt er nur, "ich war bislang bei keinem Gespräch mit Hasan Ismaik persönlich dabei. Ich werde mich dazu nicht äußern, ich will kein Fass aufmachen." Allerdings: "Momentan sieht es so aus, dass Ismaik seine Anteile nicht verkaufen will. Wenn das wirklich so sein sollte, und davon müssen wir ausgehen, dann ist das so." Man könne das Verhältnis zum Investor "unter dem Thema 'mehr Vertrauen' zusammenfassen". Dass Basha nun Geschäftsführer werden soll, habe ihn "nicht überrascht. Wer sich mal mit Noor Basha unterhalten hat, der weiß, dass das wohl immer sein Traum gewesen ist."

Während er sich in der Investorenfrage offen für alles gibt, steht für ihn hingegen fest: "Ich vertrete die Meinung, dass die Mitglieder einen Neuanfang wollen, dem alten Aufsichtsrat kann man in der Masse nicht trauen." Ismaik dürfte sich darüber freuen, dass Ostermeier sagt: "Man muss diskutieren, ob man sich als Vereinsvertreter nicht besser mit Vereinsdingen beschäftigt und den Profibereich mehr den Geschäftsführern überlässt, die man sich vorher ja ausgesucht hat."

Können die Mitglieder die geplante Installierung Noor Bashas verhindern?

Eigentlich nicht. Über die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern entscheidet bei 1860 der Geschäftsführungs-Beirat, dem absurderweise derzeit auch noch Basha angehört. Die Mitglieder könnten aber versuchen, das Präsidium per Antrag aufzufordern, von der 50+1-Regel Gebrauch zu machen und Basha gegen den Willen Ismaiks gar nicht erst zum Geschäftsführer zu berufen. Somit würde das Präsidium aber den gerade erst errungenen Kompromiss ad absurdum führen. Sollte ein Mitglied einen solchen (oder ähnlichen) Antrag stellen, müssten die Anwesenden zunächst darüber entscheiden, ob der Antrag überhaupt zugelassen wird. Erst dann würde abgestimmt. Doch dann würde das derzeitige Interims-Präsidium wohl sofort zurücktreten. Die Vereinsvertreter sind dem Vernehmen nach zu der Erkenntnis gelangt: 1860 funktioniert sowohl mit als auch ohne Ismaik. Aber 1860 funktioniert nicht gegen ihn.

Wer muss entlastet werden?

Unfassliche vier Gremien mit Funktionären, die in den vergangenen vier Jahren versucht haben, mit Ismaik eine gemeinschaftliche Ebene der Zusammenarbeit zu finden: Der Verwaltungsrat und insgesamt drei Präsidien: Eines mit Dieter Schneider, Franz Maget und Wolfgang Hauner. Ein weiteres mit Hep Monatzeder, Christian Holzer und Heinz Schmidt. Und der vergangene Vorstand mit den zurückgetretenen Gerhard Mayrhofer und Erik Altmann - sowie abermals dem noch immer amtierenden Heinz Schmidt.

Kommt Anwalt Heinz Veauthier auch?

Nein. "Was soll ich da?", fragt der Anwalt von Helmut Kirmaier, der gegen die Rechtmäßigkeit des ehemaligen Präsidiums Mayrhofer klagt, "auf meinen Rat hört in diesem Verein sowieso niemand." Außerdem findet die Versammlung aus Veauthiers Perspektive mal wieder gar nicht statt: "Diese Einberufung ist nicht gültig und führt dazu, dass die Versammlung nicht beschlussfähig ist." Erstens, weil seiner Ansicht nach bekanntlich Schneider Präsident ist, aber nicht die "Präsidiumsattrappe" Siegfried, sondern der mutmaßlich nie zurückgetretene Dieter. Zweitens, weil die neue Satzung in Veauthiers Augen nie verabschiedet wurde und der Verwaltungsrat, der dann immer noch Aufsichtsrat heißen würde, mithin gar nicht von den Mitgliedern direkt gewählt werden dürfte.

Und drittens, abgesehen von alldem, weil der zurückgetretene Vizepräsident Erik Altmann die Einladung aus Veauthiers Sicht nicht hätte unterschreiben dürfen, weil er nicht mehr im Amt ist. "Gehen wir mal davon aus, dass es Dieter Schneider nie gegeben hätte", sagt Veauthier, "dann wäre diese Versammlung trotzdem nicht beschlussfähig. Die Juristerei ist eben für jeden normalen Menschen etwas Unnatürliches."

Richtigstellung: In einer früheren Version dieses Artikels wurde Harald Riedl fälschlicherweise als bekennender Unterstützer des Dauerklägers Helmut Kirmaier bezeichnet. Wir haben die entsprechende Textstelle geändert und bitten, den Fehler zu entschuldigen.

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