TSV 1860 München:Unerhörte Gebete

Daniel Bierofka muss seine erste Niederlage als Cheftrainer der Profis hinnehmen. Er beklagt einen Mangel an Präsenz und Disziplin.

Von Markus Schäflein

Sogar Gott muss sich nun mit dem Chaos beim TSV 1860 München beschäftigen. "Gott behüte uns vor solchen Leuten", sagte Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandsvorsitzende des Lokalrivalen FC Bayern, mit Blick auf den Sechzig-Investor Hasan Ismaik. Und Ismaik selbst kündigte vor dem Auswärtsspiel am Sonntag beim Tabellenführer Eintracht Braunschweig an: "Ich glaube an unsere Mannschaft, ich werde für sie beten." In der 92. Spielminute hatte Gott allerdings offenbar anderes zu tun, als Romuald Lacazettes Bogenlampe ins Tor lenken. Der Ball flog knapp vorbei, es blieb beim 1:2 (0:1) - und Daniel Bierofkas erste Niederlage als Cheftrainer der 1860-Profis nach drei Siegen in der vergangenen Saison stand fest.

Trotz des Presseboykotts des Klubs nahm Bierofka, wie angekündigt, die von der Deutschen Fußball-Liga vorgeschriebenen Interview-Termine wahr. Dabei hatte er allerdings wenig Erfreuliches zu erzählen. "Wir waren nicht präsent genug, auch von der Körpersprache her, die Disziplin hat gefehlt, vor allem im Umschaltspiel nach hinten", meinte Bierofka, "in der zweiten Halbzeit hat die Mannschaft aber Moral gezeigt und einige Ansätze, auf die wir aufbauen können."

Ortega steht anstelle des bisher gesetzten Zimmermann im Tor - und rettet gleich mehrmals

Auf fünf Positionen hatte Bierofka die Startformation im Vergleich zur letzten Aufstellung seines Vorgängers Runjaic umgestellt: Stefan Ortega stand anstelle des bislang gesetzten Jan Zimmermann im Tor, dazu setzte der Interimstrainer auf Kai Bülow, Jan Mauersberger, Maxi Wittek und Sascha Mölders statt Sebastian Boenisch (Muskelfaserriss), Karim Matmour (Gelbsperre), Milos Degenek und Levent Aycicek. Doch auch der neue Verbund funktionierte zunächst überhaupt nicht: In den ersten zehn Minuten hatten die Braunschweiger gleich drei Chancen, in Führung zu gehen. Bülow rettete am Boden liegend mit einer Grätsche gegen Dominick Kumbela (5.); nachdem Ortega gegen Kumbela geklärt hatte, setzte Christoffer Nyman den Ball neben das Tor (7.); kurz darauf musste Ortega gegen Nyman erneut aus seinem Tor, um die Situation zu klären (10.). Nach einer Viertelstunde war es dann soweit: Die Löwen hielten dem enormen Druck nicht mehr stand, einen gänzlich verunglückten Abwehr-Kopfball von Fanol Perdedaj nutzte Nyman zum 1:0.

Danach fanden die Löwen etwas besser ins Spiel und kamen durch Stefan Aigner (28.) zu einer guten Möglichkeit; der Offensivspieler lief aufs Tor zu, Saulo Decarli klärte per Grätsche. Auf der Gegenseite rettete Mauersberger gegen Nik Omladic (32.). Über einen Zwei- oder gar Drei-Tore-Rückstand zur Pause hätten sich die Münchner nicht beschweren können. "In der ersten Halbzeit waren wir einfach nicht präsent genug", klagte Bierofka, der daher zwei Mal wechselte: Michael Liendl und Levent Aycicek kamen für Adlung und Mölders und brachten etwas Schwung. Nach Vorlage von Liendl scheiterte Aigner mit einem Volleyschuss an Braunschweigs Torhüter Jasmin Fejzic (52.).

27.11.2016,  Fussball 2.Liga: Braunschweig - 1860 München

Der Schrei: Romuald Lacazette kann nicht fassen, dass er das Tor in der Nachspielzeit um Haaresbreite verfehlt hat.

(Foto: Cathrin Müller/M.i.S.)

Doch dann traf die Eintracht zum zweiten Mal: Nach einem weiten Schlag setzte sich Kumbela im Laufduell gegen den jungen Innenverteidiger Felix Uduokhai durch, der diesmal einen schlechten Tag erwischt hatte; Kumbelas Schussversuch prallte ab, der Ball landete bei Nyman, der ihn überlegt zum Kollegen zurückschob - 2:0 (65.), die Partie schien dadurch entschieden zu sein. War sie aber nicht, weil Fejzic einen Schuss von Aycicek nicht festhalten konnte und Olic zum Anschlusstreffer abstaubte (72.).

Am Samstag steht Bierofka vor der nächsten schweren Aufgabe - Dresden kommt in die Arena

Tatsächlich wurde es nun, am Ende eines lange Zeit einseitigen Spiels, noch spannend. Liendl brachte nach einer Hereingabe von Olic nicht genug Wucht in seinen Schuss (74.), ein Versuch des eingewechselten Nico Karger strich am linken Pfosten vorbei (76.). Für Braunschweig verpasste Julius Biada die Entscheidung (89.). Und dann kam die Nachspielzeit, in der Lacazette nicht auf Gottes Hilfe bauen konnte. Am Samstag (13 Uhr) steht Bierofka nun vor seiner nächsten schweren Aufgabe, Dynamo Dresden kommt in die Arena nach Fröttmaning. "Wir dürfen nicht davonlaufen", sagte der Interimstrainer, "sondern müssen uns der schwierigen Situation stellen."

27 11 2016 Fussball 2 Bundesliga 2016 2017 14 Spieltag Eintracht Braunschweig TSV 1860 München

Ganz in blau: Daniel Bierofka auf der Braunschweiger Tartanbahn.

(Foto: M.i.S./imago)
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