TSV 1860 München:Bei 1860 bricht die dunkle Jahreszeit an

Der Anpfiff steht auf der Kippe Stromausfall im Stadion die Spieler des TSV 1860 München machen si

In der Giesinger Nacht: Am Montagabend musste das 1860-Heimspiel wegen Stromausfalls abgesagt werden.

(Foto: imago/foto2press)
  • Dass der TSV 1860 München den Kooperationsvertrag mit Investor Ismaik wirklich aufkündigt, ist extrem unwahrscheinlich.
  • Geschäftsführer Fauser wird den Klub bald verlassen.
  • Die Sanierungsvereinbarung sieht keinen großen Spielraum für einen Nachfolger vor.

Von Markus Schäflein und Philipp Schneider

Wenn es Winter wird in München, dann beginnt beim städtischen Fußballklub TSV 1860 nicht nur die Zeit des Adventssingens. Traditionell bietet die dunkle Jahreszeit auch Raum für politische Auseinandersetzungen mit dem jordanischen Investor Hasan Ismaik. Und weil Sechzig ein Verein ist, der seine Sitten und Brauchtümer hochhält, gilt diese Gesetzmäßigkeit selbstredend auch für dessen ersten Winter in der Regionalliga Bayern. Schon sehr bald wird es also wieder ernst. Oder etwa doch nicht?

Auf der jüngsten Versammlung hatte die Mehrheit der Mitglieder bekanntlich einen Antrag von Ulla Hoppen angenommen, den Kooperationsvertrag mit Investor Ismaik aufzukündigen. Als Begründung wurde angegeben, Ismaik habe sich, indem er die Zahlung für die Drittliga-Lizenz verweigerte, einer sogenannte Hauptpflichtverletzung schuldig gemacht. Dem Präsidium wurde aufgetragen, die Zusammenarbeits-Vereinbarung (nach vorheriger Zustimmung des e.V.-Verwaltungsrats) mit Ismaik bis zum 24. Januar zu kündigen.

Ein 40 Seiten dicker Prüfbericht

Bei einer Fanklub-Veranstaltung in Adelzhausen hat Präsident Robert Reisinger angekündigt, Hoppens Antrag sei inzwischen juristisch überprüft worden und der 40 Seiten dicke Prüfbericht dem Verwaltungsrat vorgelegt worden. Dass es zur Kündigung kommen wird, ist nach Lage der Dinge extrem unwahrscheinlich.

Eine außerordentliche Kündigung der Kooperation gestaltet sich allein deshalb schwierig, weil sich in dem Vertrag, der der SZ vorliegt, keinerlei konkrete Zahlungsverpflichtung für Ismaik findet. Hinzu kommt das Problem, dass sich die Gesellschafter nach dem schwarzen Freitag, der die Nichterteilung der Drittliga-Lizenz zur Folge hatte, auf eine Fortsetzung ihrer Kooperation geeinigt haben - nämlich indem sie jenen Sanierungsbeschluss unterzeichneten, mit dem der damals neue Geschäftsführer Markus Fauser im Juli den Gang zum Insolvenzgericht auf den letzten Drücker verhinderte. Vor Gericht dürfte es schräg wirken, sollten die Vereinsvertreter ein halbes Jahr später auf die Idee kommen, den Grundlagenvertrag mit jemandem zu kündigen, mit dem sie sich in der Zwischenzeit abermals auf etwas einigten.

Außerdem, auch dies spräche gegen eine Kündigung, hält der Kooperationsvertrag für den e.V. nicht nur Pflichten bereit, sondern auch Rechte. Beispielsweise ein Vorkaufsrecht für den Fall, dass Ismaik seine Anteile am Klub veräußert. Bislang ist es ihm nicht erlaubt, seine 60 Prozent an Hinz und Kunz, Krethi und Plethi oder gleichermaßen zahlungskräftige wie dubiose Unbekannte ohne Rücksprache zu verscherbeln. Der Vertrag gibt 1860 das Recht, dass ein Vierter bei jedem Angebot eines Dritten finanziell gleichziehen kann.

Wie es ohne Fauser weitergehen könnte

Nach SZ-Informationen ist in der Sanierungsvereinbarung kein Budget für einen neuen Angestellten in der Post-Fauser-Ära vorgesehen. Fausers für einen Regionalligisten recht hübsch dotierte Zeitarbeitsstelle wird sehr bald und wohl noch vor Ende des Jahres wegfallen. Sollte 1860 auch in Zukunft einen Geschäftsführer beschäftigen, so ist rein logisch davon auszugehen, dass gemäß des Sanierungsbeschlusses niemand Neues eingestellt wird. Allenfalls könnte jemand intern aufrücken, der dann nicht wesentlich mehr Gehalt beziehen wird. Und derjenige wäre eher ein Finanzexperte als ein Fußballfachmann.

Unwahrscheinlich ist auch, dass es sich bei der aufrückenden Person um Lina Abuamer handeln wird. Die Absolventin der auf Al Reem Island gelegenen Paris-Sorbonne-Universität von Abu Dhabi ist ja seit Dezember 2016 "Head of Human Resources" bei 1860. Dem Vernehmen nach läuft der Vertrag von Sechzigs Personalchefin aus, in ihrem Bereich wäre also noch ein bisschen Einsparpotenzial auszumachen.

Niemand braucht mehr einen Head of Communication

Abuamer war im Februar für die berüchtigten Stelleninserate auf der Internetseite "sportsrecruitment.com" verantwortlich. Damals wurde als "Job of the week" ein besonderes Aufgabenfeld angepriesen: "TSV 1860 Muenchen seek a Head of Communication who will report directly into the Managing Director". Ein Kommunikationschef wurde gesucht, der direkt an den Geschäftsführer berichtet. Jener Geschäftsführer hätte mal Ian Ayre werden sollen, der zuvor beim FC Liverpool angestellt war. Lange her alles. Aber die gute Nachricht ist: In der Regionalliga, zumal bei einem Klub mit sich gegenseitig anschweigenden Gesellschaftern, braucht niemand mehr einen Head of Communication.

Fauser jedenfalls wird sich dem Vernehmen nach schon bald wieder anderen Herausforderungen zuwenden als dem TSV 1860 München. Und ob auf Fauser dann in der Geschäftsstelle jene "herausragende Münchner Persönlichkeit" folgen wird, mit der sich der Investor "seit Monaten in sehr guten Gesprächen" befindet, wie er kürzlich mitteilte, das wird sich noch weisen.

Herausragende Persönlichkeiten verdienen in der Regel herausragend viel Geld. 1860 hat eher ein bisschen Geld. Und da sich der Klub gemäß des Geistes des Sanierungsbeschlusses auch nicht weiter verschulden möchte und daher sämtliche Darlehen, auch die von Ismaik, ablehnt, müsste sich die herausragende Persönlichkeit (wenn sie im Finanzplan überhaupt vorgesehen wäre) mit ziemlich gewöhnlich viel Gehalt zufrieden geben. Es sei denn natürlich, Ismaiks neue Persönlichkeit wäre herausragend bescheiden. Oder aber herausragend wohlhabend - und ein Co-Investor.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: