1860 München: Präsident gegen Investor:Attacken, Fouls, fast Feindschaft

Mit der Harmonie ist es längst vorbei: Während Präsident Dieter Schneider offenbar seinen Rücktritt vorbereitet, greift der jordanische Investor Hasan Ismaik entschlossen nach der Macht im Klub. Der gerade erst gerettete Zweitligist riskiert damit offen seine Zukunft.

Gerald Kleffmann und Klaus Ott

Fairness, Verständnis, Partnerschaft. Mit diesen Worten präsentierten sich der Präsident des TSV 1860 München, Dieter Schneider, und der neue Geldgeber und Retter des Zweitligisten, Hasan Ismaik, vor wenigen Wochen den Medien und den Fans. Alles werde nun besser, versprachen die beiden, denen Hamada Iraki assistierte, der Münchner Statthalter des arabischen Immobilien-Millionärs Ismaik. Und nun: Attacken, Fouls, ja fast Feindschaft.

1860 Muenchen v Energie Cottbus - 2. Bundesliga

Greift nach der Macht: 1860-Investor Hasan Ismaik.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Die im deutschen Profifußball bislang einmalige Verbindung eines zahlungskräftigen ausländischen Investors mit einem Traditionsverein ist nicht einmal bis zum ersten Heimspiel friedlich verlaufen. Am Samstag gegen den Karlsruher SC werden Ismaik und Schneider nicht mehr gemeinsam jubeln, wie beim ersten Besuch des Mannes vom Persischen Golf in der Arena, beim 4:0 gegen Energie Cottbus. Es gibt nichts mehr zu bejubeln.

Stattdessen muss wieder gezittert und gebangt werden um den TSV 1860. "Wir haben die Wahl zwischen Pest und Cholera", sagt einer aus der Vereinsspitze. Der Klub könne sich aussuchen, ob er die von der Deutschen Fußball-Liga (DFL) ausgestellte Lizenz und die Pleite riskieren wolle oder sich lieber in eine offenbar völlige Abhängigkeit vom Investor begebe, die freilich auch das Ende bedeuten könnte. Präsident Schneider will das nicht länger mitmachen.

Der 64-jährige Unternehmer bereitet den Rücktritt vor, mit einer schonungslosen Erklärung, die am Samstag im Stadion lautstarke Schmährufe provozieren könnte: Gegen Ismaik und Iraki, gegen Teile der Klub-Führung, nur nicht gegen Trainer und Mannschaft. Solche Proteste wären nachvollziehbar, wegen mancher seltsamer Dinge, die bei 1860 derzeit geschehen.

Von Aufräumen, Erneuern und Transparenz redet Ismaiks Statthalter Iraki gerne, wenn er bei 1860 vorspricht. Doch wie passt das damit zusammen, wie derzeit das Finanzwesen geregelt ist? Um das Geld der 1860 Fußball GmbH & Co. KGaA kümmert sich nach Angaben aus Vereins- und Investorenkreisen Irakis Steuerberater, freiberuflich und auf der Basis eines mündlichen Honorarvertrags.

Er soll dafür sorgen, dass täglich auf Knopfdruck die finanzielle Lage sichtbar ist. Normalerweise sind die Finanzen aber der Job des Geschäfts- führers - oder eines speziellen, für diesen Bereich zuständigen Managers, für den vor allem die Geschäftsführungs-GmbH des TSV 1860 zuständig wäre.

Das wäre eine wirksame Vorkehrung gegen einen zu großen Einfluss des Investors. Und das wiederum wäre ganz im Sinne der DFL, der Organisation der Erst- und Zweitligisten, deren Statuten eine mehrheitliche Übernahme von Profiklubs durch Investoren verbieten. Dass nun Irakis Steuerberater sich einstweilen um das liebe Geld kümmert, verschafft dem Investor viel Einfluss. Mehr Einfluss, als ihm zusteht?

"Fatale Folgen"

Nebenbei wirkt das so, als werde Geschäftsführer Robert Schäfer entmachtet, der in seiner Funktion laut Gesetz eigentlich für die Finanzen verantwortlich ist. In Klub-Kreisen heißt es, Irakis Steuerberater sei nur als Kontrolleur tätig. Dennoch: Das sind Zustände, die eher an die wilde Vergangenheit bei 1860 erinnern, als dass dies in die Zukunft weisen würde.

Schäfer war es auch, der den neuen Vertrag von 1860 für die Vermarktung bei Sponsoren und Werbekunden eigenmächtig unterzeichnete und dies dann intern mit "großer Freude" verkündete. Die Sportagentur IMG wurde abgelöst von der gerade erst gegründeten Gesellschaft H.I. Squared, die Hasan Ismaik und Hamada Iraki sowie einem Partner der beiden gehört.

Das geschehe alles zum Nutzen von 1860, heißt es in Investorenkreisen, doch ein Teil der Klubfunktionäre mag das nicht recht glauben. Eine Überprüfung des Vertragswerks durch eine von 1860 beauftragte Anwaltskanzlei förderte neben Vorteilen für 1860 auch schwere Bedenken zutage.

Die jährlichen Garantieerlöse von 5,5 Millionen Euro seien, anders als zuvor bei der IMG, nicht abgesichert. Das könne, so das Prüfergebnis, "fatale Folgen bis hin zum Entzug der Lizenz" durch die DFL haben. Nach Angaben aus Vereinskreisen muss der neue Vertrag erst noch von den zuständigen Gremien beim TSV 1860 genehmigt werden. Womöglich wird nachverhandelt.

Aber wer will sich schon mit dem Geldgeber anlegen? Bei den internen Beratungen über den Vertrag hat Präsident Schneider geklagt, man habe in vielen Dingen jetzt "nichts mehr zu schnabeln", etwa bei der Gestaltung des Ehrengastbereiches in der Arena. Ismaik wolle diesen Bereich mit Glastüren komplett abtrennen, was bei den sehr gut zahlenden Gästen im Business-Bereich und in der Öffentlichkeit bestimmt schlecht ankommen werde. Das sehe so aus, als wolle 1860 jetzt den FC Bayern München nachahmen.

Ismaiks Statthalter Iraki, er ist Direktor bei der Unicredit in München, äußert sich dazu in der Öffentlichkeit nicht. Aus seinen Gesprächen mit Vereinsfunktionären ist bekannt, dass er die vielen Vorwürfe als "vorgeschoben" zurückweist und seinerseits austeilt: 1860 dürfe "kein Podium für Politiker sein".

Diejenigen, die Schuld am früheren Chaos hätten, müssten weg. Iraki will auch Dieter Schneider in der Fußball-GmbH der Löwen loswerden. Der war aber nie Politiker, und schuld am Chaos war er auch nicht.

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