TSV 1860 München:At the top

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(Foto: AFP)

Der ehemalige Löwen-Trainer Pereira unterzeichnet einen Vertrag beim chinesischen Erstligisten Shanghai. Löst er damit ein Versprechen ein?

Von Philipp Schneider

Zu den vorzüglichsten Eigenschaften des Fußballlehrers Vitor Pereira zählt zweifellos sein Talent, das an sich ziemlich dröge Genre der Pressekonferenzen mit derartig prägnanten Anekdoten zu bereichern, dass sich beneidenswerte Augenzeugen noch Jahre später mit Verzückung an seine Aufführungen erinnern. Insofern ist es schon ein bisschen schade, dass am Dienstag kein Bewegtbild überliefert wurde vom Antritt des Portugiesen bei seinem neuen Arbeitgeber in China. Denn in der Regel gilt: Je exotischer die Arbeitsbedingungen, desto lustiger des Trainers Rede. Und weil Pereira ja ein alter Globetrotter ist, der noch dazu unter Bindungsangst zu leiden scheint, sammelt er weltweit denkwürdige Auftritte wie früher sein deutscher Trainerkollege Peter Neururer Arbeitsverträge bei hiesigen Zweitligisten.

Man denke etwa an Pereiras aus dem Ruder geratene Pressekonferenz beim Verein Al-Ahli in Saudi-Arabien, als er in unterhaltsamstem Englisch erst einen nicht anwesenden Spieler beschimpfte: "In first place, I saw a bad professional player! His name Aziz!" Dann nahm er sich den Schiedsrichter vor und schließlich den zu seinem Leidwesen sehr wohl anwesenden Pressesprecher, der Pereira gebeten hatte, nicht über einzelne Spieler zu sprechen: "I talk about what I want. It's the first time in my life that someone tell me what I can say!" Unvergessen auch sein erster Auftritt in München, als er kurz vor Weihnachten einen festlich geschmückten Balkon im Hacker-Pschorr Bräuhaus erklomm und sich dann im Lärm von "Vitor, Vitor"-Rufen ein berühmtes Versprechen rausleiern ließ: "We go to the top!"

Pereira, so sind die am Dienstag überlieferten Fotos zu deuten, ist nun vom tiefblauen TSV 1860 München zum einzigen Klub auf diesem Planeten gewechselt, der noch roter ist als der FC Bayern. Und so umrahmte ihn an seinem ersten Arbeitstag beim chinesischen Erstligisten Shanghai IPG eine rote Wand, als er Platz nahm an einem Tisch mit roter Decke, links neben ihm ein purpurrotgewandeter Pressesprecher. Sorgen muss sich niemand. Pereira, der die Nachfolge seines Landsmanns Andre Villas-Boas antritt, ist ja so etwas Ähnliches wie ein Chamäleon. Nicht er passt sich oder seine Mannschaft der Umgebung an (etwa dem Abstiegskampf in der zweiten Liga). Die Umgebung und die Mannschaft passen sich Pereira an (Tak-tak-tak).

Immerhin hat er sein Versprechen gehalten: Die vergangene Saison hat Shanghai als Zweiter beendet. Wenn das nicht top ist, was denn sonst?

© SZ vom 13.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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