TSV 1860:Harte Arbeit

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Der TSV 1860 München gewinnt bei der Fürther Reserve 2:0. Die Spezialität der Münchner liegt derzeit darin, die Tore zum richtigen Zeitpunkt zu erzielen.

Von Sebastian Leisgang

War etwas passiert? Daniel Bierofka stiefelte stoisch vor seiner Trainerbank herum, und man konnte nicht erahnen, wer an diesem Abend dem Sieg und wer der Niederlage näher war. Dann regte sich der Coach des TSV 1860 München doch noch: Er blickte zu seinen Spielern, die sich vor der Fankurve versammelt hatten, und zog seine Kappe vom Kopf. Soeben war Nico Karger das 2:0 für Sechzig gelungen - und der Sieg bei der zweiten Mannschaft der SpVgg Greuther Fürth war im Grunde besiegelt.

Im Vorfeld der Partie hatte man auf die Idee kommen können, Fürth sei vielleicht, womöglich, gegebenenfalls und unter Umständen imstande, den TSV 1860 in Verlegenheit zu bringen. Die abstiegsbedrohte Reserve des Zweitligisten hatte in den vergangenen Wochen einige Stabilisierungsübungen aufgeführt und vor dem 2:3 bei Schalding-Heining in drei Spielen sieben Punkte auf ihr Konto eingezahlt. Und Damir Buric, Trainer der Profis, hatte schon vor der Länderspielpause angekündigt, den einen oder anderen Akteur in die zweite Mannschaft zu beordern, "um zu sehen, wer in der Nähe der Mannschaft ist, und ob es reicht, um bei uns einen Einsatz zu bekommen". Könnten diese Fürther dem TSV 1860 also tatsächlich etwas anhaben und für ein Spiel sorgen, das Spuren von Spannung enthalten kann? Oder würden sie sich, wie manch anderer Kontrahent, so weit zurückziehen, wie es die Begrenzungslinien des Spielfeldes zuließen?

Tore zum richtigen Zeitpunkt sind derzeit Münchner Spezialität

Das waren die Fragen vor dieser Partie, und schon die erste Hälfte an diesem Mittwochabend im Ronhof legte nah, sie differenziert zu erörtern. Der TSV 1860 brachte den Gegner zu Beginn einige Male in die Bredouille, allein Nico Karger zielte zweimal auf das Fürther Tor, zweimal entschärfte Marius Funk den Schuss. Sein Team sei anfangs "besser im Spiel" gewesen und habe sich "die besseren Chancen" erarbeitet, stellte Bierofka später fest.

Als aber Nik Omladic, der einzige Profi in den Reihen der Fürther Reserve, Mitte der ersten Hälfte Torwart Marco Hiller mit einem Freistoß aus rund 30 Metern prüfte, war dies mehr als ein Freistoß: Der Versuch kam einer Initialzündung gleich, denn nun vergaßen die Fürther offenbar selbst ihre Abstiegssorgen und spielten munter mit. Tolcay Cigerci bot sich eine exzellente Chance, doch Hiller war erneut zur Stelle, ehe Omladic den Rebound nicht unterbrachte. "Fürth hat ein gutes Spiel gemacht", sagte Sechzigs Angreifer Markus Ziereis später, schränkte seine Aussage aber ein, denn die Tore fehlten.

Auch anfangs der zweiten Hälfte war der Anhang des TSV 1860 eine größere Attraktion als das Spiel ihrer Mannschaft. Ohne Kenntnis der eigentlichen Kräfteverhältnisse konnten die 2525 Zuschauer, davon mehr als drei Viertel aus München, nicht erahnen, wer dieser Tag der dritten, und wer der fünften Liga näher ist. "Wir waren richtig gut im Spiel", sagte Fürths Trainer Timo Rost anschließend, sah aber, wie sich Sechzig nach gut einer Stunde "über die individuelle Qualität" absetzte. Einmal mehr war auf Ziereis Verlass: Die Fürther Verteidigung ließ für einen Augenblick außer Acht, dass sie damit beauftragt ist, das Tor zu verteidigen, und legte Ziereis den Ball im Fünfmeterraum auf - der Angreifer schob zur Führung ein.

Es war kein Tor, von dem sich die Münchner ein Foto aus der Zeitung ausschneiden, einrahmen und ins Löwenstüberl hängen würden, aber das war auch nicht ihr Anspruch. Bierofka hatte schon vor der Partie geahnt, welch widerborstiger Gegner Fürth sein könne. Und ein solcher war Timo Rosts Mannschaft auch - bis Karger nur fünf Minuten nach dem Führungstor der zweite Treffer gelang. Die Tore "zum richtigen Zeitpunkt" zu machen, "das ist momentan unsere Qualität", betonte Bierofka, ließ aber offen, ob es auch falsche Zeitpunkte für Tore gäbe.

"Es war harte Arbeit", meinte Ziereis, "in der ersten Halbzeit haben wir nicht gut gespielt, in der zweiten sind wir aber über den Willen zurückgekommen." Die Mannschaft habe jetzt "einen super Vorsprung und einen super Lauf". Und weil das offenbar der Superlative noch nicht genug war, ergänzte er noch: "Wir gewinnen die Spiele und solange wir punkten, ist alles super."

Zumal die Münchner auch ihren ersten Spieler für die nächste Saison verpflichtet haben: Marius Willsch wechselt vom FC Schweinfurt 05 zurück zum TSV 1860, bei dem er bereits während seiner Jugendzeit gespielt hat. Der Vertrag des 27-jährigen Rechtsaußen endet in Schweinfurt nach dieser Spielzeit, deshalb muss Sechzig keine Ablöse für Willsch aufbringen. Alles super also.

© SZ vom 29.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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