TSG Hoffenheim:Stevens entdeckt sein Geschäftsmodell

TSG 1899 Hoffenheim - Pressekonferenz mit Huub Stevens

Huub Stevens versteht sein Geschäft

(Foto: dpa)

Die Bundesliga ist eine seltsame Liga geworden, in der von Platz sechs abwärts alle Klubs mehr oder weniger den Abstieg fürchten. Ein Szenario wie geschaffen für Huub Stevens.

Kommentar von Christof Kneer

Der Marktplatz in Sinsheim zählt nicht zu den traditionellen Sehenswürdigkeiten der Republik, aber sollte ein asiatischer Tourist, aus Heidelberg kommend, demnächst versehentlich nach Sinsheim geraten, dann könnte er auf dem Marktplatz vermutlich eine Heldenstatue fotografieren. Die Statue würde einen Mann zeigen, dessen Standbild man auch in Stuttgart, Gelsenkirchen, Hamburg oder Köln fotografieren könnte. Es wäre die Statue eines kantigen Mannes, nur die güldenen Inschriften würden sich leicht unterscheiden. "Ewiger Dank an Huub, unseren Retter" stünde am einen Ort; am anderen stünde "Preis und Segen unserem Aufstiegstrainer" oder "Unser geliebter Eurofighter!" Der Tourist aus Asien käme zu dem Schluss, dass es sich bei dem kantigen Mann um einen berühmten Deutschen handeln muss, so in der Größenordnung Einstein, Goethe oder gar Jogi Löw.

Ausschließlich Kurzzeit-Jobs

Huub Stevens, 61, Lieblingswort "wasdennauch", ist der Mann, dem alle dankbar sind, und offenbar geht diese rührende Geschichte jetzt erst richtig los. Er nehme nur noch Kurzzeit-Jobs an, hat Stevens anlässlich seines neuesten Jobs in Hoffenheim gesagt, wohlwissend, dass es auch in den Innenstädten von Hannover, Bremen oder wasdennauch noch genügend Platz für Statuen gibt. Die Bundesliga hat jetzt ein neues Alleinstellungsmerkmal: Neuerdings wird immer irgendwo eine Pressekonferenz übertragen, auf der gerade Huub Stevens vorgestellt wird. Manchmal trägt er einen roten Klubanzug, manchmal einen blauen, er klatscht Manager ab, die manchmal Bobic, manchmal Rosen heißen, und was die sagen oder denken, ist ihm herrlich wurscht. Stevens weiß, was er zu tun hat. Er muss halt die Jungens retten, zur Not in Spielen gegen andere Jungens, die er neulich erst gerettet hat.

Die Bundesliga ist eine seltsame Liga geworden, in der von Platz sechs abwärts alle Klubs unter Abstiegspanik leiden, und daraus hat Stevens nun ein fulminantes Geschäftsmodell entwickelt. Aus dem Knurrer von Kerkrade ist jetzt der Olle aus Malle geworden, ein fahrender Klassenverbleibhändler, ein schneller Eingreifhuub - wenn er im Mai seine Retterprämie eingesackt hat, verschwindet er wieder auf seine Terrasse nach Mallorca und wartet dort fröhlich auf die nächste Million. Er weiß ja: Parallel zur Regenwahrscheinlichkeit auf den Balearen steigt auch wieder die Abstiegswahrscheinlichkeit in Deutschland.

Vermutlich werden die Bundesligisten künftig auf eigene Niederlagen im Oktober hoffen müssen, damit sie den Huub schneller holen können als die Konkurrenz, und vielleicht kommt es noch so, dass sich Manager in Hannover, Bremen oder wasdennauch künftig schon im Juni eine rechtlich unverbindliche, aber selbstverständlich kostenpflichtige Stevens-Option sichern. Zum Glück ist Stevens' Modell aber noch nicht ausgereift: Er könnte ja von Oktober bis März die Jungens beim einen Klub retten und im März noch schnell zu den Jungens vom neuen Tabellenletzten wechseln.

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