TSG Hoffenheim:Nagelsmann sucht den Taktgeber

TSG Hoffenheim: Manchmal noch nicht zufrieden mit seinem Team: Julian Nagelsmann

Manchmal noch nicht zufrieden mit seinem Team: Julian Nagelsmann

(Foto: AFP)
  • Die TSG Hoffenheim wirkt auch deshalb nicht so stabil wie in der Vorsaison, weil die Mittelfeld-Zentrale ungeordneter wirkt.
  • Der passende Ersatz für Sebastian Rudy ist noch nicht gefunden.
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Von Tobias Schächter, Sinsheim

Wie erfolgreich kann eine Fußball-Mannschaft langfristig sein, die keine klare Hierarchie auf der Sechserposition im Mittelfeld hat? Das ist eine Frage nicht nur für Taktiknerds und Trainerseminare. Ganz konkret stellt sich dieses Problem aktuell für die TSG Hoffenheim und ihren Trainer Julian Nagelsmann. In der vergangenen Saison profitierte die TSG in der Mittelfeldzentrale von den strategischen und technischen Fähigkeiten von Sebastian Rudy. Hoffenheim spielte die beste Saison der Vereinsgeschichte (Platz 4), Rudy die beste seiner Karriere. Der Nationalspieler wechselte aber im Sommer (ebenso wie Innenverteidiger Niklas Süle) zum FC Bayern und hinterließ auch wegen seiner gewachsenen Fähigkeit zur Balleroberung auf der für die Stabilität einer Elf so wichtigen Sechserposition eine erhebliche Lücke, die bislang nicht geschlossen werden konnte.

Julian Nagelsmann ist kein Trainer, der verlorenen Spielern nachtrauert. Den Hoffenheimer Coach zeichnet vor allem eine große Offenheit im Denken aus. Die ist vor allen auf der verwaisten Rudy-Position gefragt, wo sich noch kein Kandidat im bisherigen Saisonverlauf nachhaltig als Dauerlösung empfehlen konnte. Beim bitteren 1:2 zum Europa-League-Auftakt am vergangenen Donnerstag gegen Sporting Braga spielte Florian Grillitsch erstmals auf der Sechs - und konnte seine Chance nicht nutzen. Nach 57 Minuten kam Routinier Eugen Polanski für den Zugang vom SV Werder Bremen. Doch Polanski spielte noch schwächer. Die Suche nach einem unumstrittenen Taktgeber geht in Hoffenheim vor dem Anpfiff der Bundesligapartie an diesem Sonntag gegen Hertha BSC also weiter.

Panik schiebt Nagelsmann deswegen nicht, er sagt. "Auch Sebastian Rudy war nicht sofort ein Fixpunkt, sondern hat sich dazu entwickelt." Der Trainer rotiert viel wegen der Dreifachbelastung, der seine Elf in dieser Runde mit Liga, Pokal und Europapokal ausgesetzt ist. In der Mittelfeldzentrale ist das aber nicht nur der Belastungssteuerung geschuldet, so richtig nachhaltig aufgedrängt hat sich dort noch niemand. In den sieben Pflichtspielen dieser Saison beorderte Nagelsmann schon Grillitsch, Polanski, Offensivmann Kerem Demirbay, sowie Talent Dennis Geiger auf "die Sechs", wie die Fußballer die spielbestimmende Position nennen. Nagelsmanns favorisierte Grundordnung (3-5-2) sieht einen Sechser vor der Abwehr und hinter zwei offensiveren Achtern vor.

Badelj und Ginter waren den Hoffenheimern zu teuer

Abwehrchef Kevin Vogt, ein gelernter Sechser, ist als Zentrum der Dreierabwehrkette unumstritten. Am besten gefiel auf der Sechs bisher der 19 Jahre junge Geiger. Geiger, den der ehemalige Nachwuchstrainer Nagelsmann schon in der Jugend der TSG betreute, ist ein gelernter Zehner. Der einzige gelernte Sechser im Kader ist Routinier Polanski, nachdem vor dieser Saison neben Rudy auch Pirmin Schwegler (Hannover) den Klub verließ. Havard Nordtveit, einst in Gladbach vorwiegend als Sechser tätig, spielt seit seiner Verpflichtung von West Ham aus England in der Hoffenheimer Abwehr vorwiegend rechts in der Dreierkette, wo einst Süle verteidigte.

Auf dem Transfermarkt wurde Sportchef Alexander Rosen auf der Sechserposition nicht fündig. Der kroatische Nationalspieler Milan Badelj vom AC Florenz war zu teuer, der Gedanke an Sebastian Rode von Dortmund wurde nie konkret. Die angestrebte Verpflichtung von Matthias Ginter war Rosen am Ende zu kostspielig. Die 17 Millionen Euro Ablösesumme, die schließlich Gladbach an Dortmund zahlte, wollten und konnten sich die Hoffenheimer neben dem Gehalt für den Weltmeister nicht leisten. Dabei wäre Ginter womöglich die Königslösung gewesen, denn der 23-Jährige kann beide Positionen spielen, die Süle und Rudy in Hoffenheim ausgefüllt haben.

In der Bundesliga ist das Problem der TSG bislang mit sieben Punkten aus drei Spielen nicht gravierend aufgefallen; im Europapokal hingegen fehlt die Stabilität im Zentrum, drei Niederlagen in drei Spielen tun weh. Es wird spannend zu beobachten sein, wie Nagelsmann die Problemstellung auf der Hoffenheimer-Sechs langfristig lösen wird.

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