Der Herbst 2001 hatte für beide eine herausragende Bedeutung. In jenem Jahr, in dem die erste geklonte Katze zur Welt kam, der FC Bayern den Weltpokal gewann und der erste Harry-Potter-Film erschien, stand die eine, Anne Delafosse, erstmals im Bundesliga-Kader der Wasserburger Basketballerinnen. Es war also die Zeit, in der sie sich entscheiden musste: Weiterhin Tennis spielen oder Basketballerin werden. Sie zögerte es hinaus, lieferte in der Tennis-Landesliga der Frauen als 18-Jährige noch eine starke Saison ab, mit 6:0 Einzel- und 7:0 Doppelsiegen an Position eins; aber 2002/03 war sie dann der Rookie (Neuling) des Jahres in der Basketball-Bundesliga. Und so wurde aus Anne Breitreiner, wie sie damals noch hieß, die wohl beste deutsche Basketballerin ihrer Zeit.
Die lachende Anführerin: Anne Delafosse ist mehr als doppelt so alt wie ihre jüngste Mitspielerin in München - und so wertvoll wie lange nicht.
(Foto: Lackovic/Imago)Für die andere, Emily Bessoir, Delafosses Mitspielerin bei der TS Jahn München, war im Jahr 2001 vor allem der November von Bedeutung: Da kam sie zur Welt.
Soweit zum Altersunterschied. Delafosse ist 33. Für eine, die ihre Profi- und Nationalmannschaftskarriere nach 164 Länderspielen beendet hat und die Laufbahn in der zweiten Liga ausklingen lässt, ist das immer noch recht jung. "Sie hat ihren zweiten Frühling, spielt fast wieder auf ihrem Erstliga-Niveau", stellt nun Jahn-Trainer Rüdiger Wichote staunend fest. Aber Bessoir ist eben erst 15, Johanna Häckel und Lea Pfeifer, die ebenfalls aus der Mädchen-Bundesliga in den Frauenkader kamen, sind 17, und so sieht sich Delafosse als "die Omi" des Teams. In drei Partien hat sie mit 34, 14 und 38 Punkten gezeigt, dass sie ein durchaus rüstiges Großmütterchen ist.
So ganz genau wissen sie in München selbst nicht, wieso es so gut läuft. Nach drei Siegen in drei Spielen, zuletzt einem 74:58 daheim gegen die Krofdorf Knights, führt die TS Jahn die Tabelle der zweiten Bundesliga Süd an. "Erstaunlich" findet es Wichote. "Keine Ahnung", sagt Delafosse. Die Voraussetzungen waren ja eher mäßig: Die Routiniers Jezabel Ohanian (Karriereende) und Magdalena von Geyr (Schwangerschaft) hatten den Kader im Sommer verlassen, das nachrückende Top-Talent Leonie Fiebich fehlt nach einem Kreuzbandriss, und vor Wochenfrist in Bamberg zog sich auch Lea Pfeifer einen Kreuzbandriss zu. "Tragisch" nennt Wichote die Verletzung. Trotzdem mache es ihm zurzeit "viel Spaß". Delafosse schwärmt, sie fühle sich "super wohl". Auch im vergangenen Jahr war sie natürlich sehr wichtig für ihr Team, aber bei weitem nicht so herausragend wie jetzt. "Die Würfe fallen einfach", stellt sie fest, vor allem die Dreier. Das müsse indes nicht zwingend so weitergehen.
"Es ist Wahnsinn, wie sie sich auch menschlich der Jungen annimmt", schwärmt der Trainer
Etwas mehr Erklärungsansätze gibt es natürlich schon. Früher sei das Jahn-Spiel sehr auf Ohanian und Topscorerin von Geyr zugeschnitten gewesen, sagt Wichote. Um deren Ausfall zu kompensieren, hätten viele neue Rollen finden müssen. Der Ball laufe nun schneller, "das Team ist deutlich kompakter". Auch Anne Delafosse findet: "Wir verteidigen viel aggressiver, spielen schneller und sind vorne strukturierter. Es klappt erstaunlich gut." Offenbar kommt ihr das neue System entgegen, ähnlich wie der schnellen Aufbauspielerin Nicole Schmidt, für die ihr das etwas leid tue, dass sie selbst zurzeit so aufdrehe. Denn so gehe beinahe unter, dass auch Schmidt "eine super Saison" spiele, zuletzt mit 19 Punkten.
Es gibt noch einen Grund, wieso Delafosse einen solchen Schub bekommen hat. Wie viele Großmütter ist auch sie bestrebt, den Enkeln etwas beizubringen, besonders der 15-jährigen Bessoir. "Sie ist ein absolutes Top-Talent", weiß Delafosse, "sie wird sicher bald ganz woanders stehen. Es macht mir viel Freude, ihr von meiner internationalen Erfahrung etwas mitzugeben." Delafosse ist ja nicht nur sechsfache deutsche Meisterin, sie spielte in Spanien, Polen, Frankreich und Italien. "Es ist Wahnsinn, wie sie sich auch menschlich der Jungen annimmt, wie viel Ruhe und wie viele Tipps sie ihnen gibt", beobachtet Wichote.
Bessoir steht erst am Anfang ihrer Karriere. Im Sommer, als sie bei der U16-Europameisterschaft erneut ins Allstar-Team gewählt wurde, habe sie wieder "einen großen Sprung" gemacht, findet Wichote, und auch im Verein werde sie von Woche zu Woche stärker. 13 Punkte und 15 Rebounds gelangen dem 1,92 Meter großen Teenager gegen Krofdorf. "Mit ihrer Größe hat sie mehr Potenzial in der Verteidigung als ich", vergleicht Delafosse, "trotzdem spielt sie vorne wie ein Guard". Vor allem die Wege ohne Ball beherrsche sie außerordentlich gut. An der Seite von Delafosse kann sich Bessoir prima entwickeln - und das weiß sie. "Ich mag es total, mit Anne zu spielen", schwärmt Bessoir, "wir können so viel von ihr lernen, sie gibt uns so viele wertvolle Tipps und ist voll motiviert dabei." Kürzlich, verrät sie, hätten sich die Jüngeren über Delafosse unterhalten. Dabei hätten sie festgestellt: "Wir sehen es als Ehre an, mit ihr zu spielen."
München - Der FC Bayern II hat auch sein drittes Spiel in der zweiten Basketball-Liga ProB verloren. Nach Niederlagen gegen Elchingen und Dresden unterlag das ersatzgeschwächte Team von Trainer Oliver Kostic in heimischer Halle Iserlohn mit 80:87 (41:45) Punkten. Immerhin war Spielmacher Georg Beyschlag nach überstandener Verletzung wieder dabei, Routinier Tobias Korndörfer, der eigentlich aus beruflichen Gründen aufgehört hatte, half den Bayern aus. Wieder gelang es der jungen Mannschaft nicht - der FCB stellt mit einem Alterschnitt von unter 19 Jahren das jüngste Team - einen Vorsprung (55:47/24.) ins Ziel zu bringen. Bester Werfer war einmal mehr Karim Jallow (19), am Sonntag gastiert der FCB in Rhöndorf. Ralf Tögel