Transferpolitik:Was der FC Bayern will

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Viel Geld für einen unbekannten Brasilianer: Douglas Costa beim FC Bayern. (Foto: dpa)

Neue Spieler zu holen, war für die Münchner schon immer eine Demonstration der Machtverhältnisse. Doch in diesem Sommer fehlt eine klare Devise. Wer ist der Kopf hinter der Wechselpolitik?

Kommentar von Benedikt Warmbrunn

Vor einer der größten Transferoffensiven des FC Bayern stand ein herrlich krachlederner Satz. "Nächstes Jahr gibt es bei uns eine klare Devise", sagte 2007 der damalige Manager Uli Hoeneß: "Wir müssen dafür sorgen, dass wieder ein Wehklagen einsetzt, wenn die anderen uns in der Tabelle mit dem Fernglas anschauen." Die Mannschaft hatte gerade eine Saison hinter sich, nach der selbst unter dem Mikroskop nur wenige positive Erkenntnis zu finden waren, und so veränderte sich innerhalb weniger Wochen ihr Gesicht. Zwölf Spieler kamen, darunter Luca Toni und Franck Ribéry, mehr als 80 Millionen Euro gab der Klub während der Operation Fernglas aus. Am Ende der Saison hatte das Team zehn Punkte Vorsprung, und die Genugtuung in Hoeneß' Gesicht war auch ohne Sehhilfe aus großer Entfernung zu erkennen.

Transfers waren für den FC Bayern schon immer auch eine Demonstration der Machtverhältnisse. Oft holte der Verein den nervigsten Konkurrenten die besten Spieler weg, zuletzt waren das die Dortmunder Mario Götze und Robert Lewandowski. Oder der Klub verpflichtete einen Spieler, der als Gegenspieler besonders nervig war, das berühmteste Beispiel ist Roy Makaay, der 2003 von Deportivo La Coruna kam. In den Jahren vor der Fernglas-Ankündigung hatte Hoeneß auch einmal den Traum vom "FC Bayern Deutschland", den er mit zahlreichen deutschen Nationalspielern ausstattete, zum Beispiel mit Lukas Podolski, Miroslav Klose oder Marcell Jansen. Manchmal holte der Klub die besten Zugänge sogar aus der eigenen Jugend, aber das ist wirklich schon etwas länger her.

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Von Christof Kneer

In diesem Sommer hat diese wechselvolle Historie die nächste Wendung bekommen: Der FC Bayern tritt nun auf dem europäischen Transfermarkt auf wie einer der ganz großen Spieler, er gibt mal eben 30 Millionen für einen unbekannten Brasilianer von einem ukrainischen Verein aus (Douglas Costa). Und er wirbt heftig um einen 28 Jahre alten chilenischen Terrier mit einem vorgeschädigten Knie (Arturo Vidal). Sportlich mögen diese Transfers sinnvoll sein. Es sind aber auch Transfers, wie sie sonst bei Inter Mailand oder dem FC Liverpool verkündet werden, Transfers also von einem x-beliebigen europäischen Spitzenklub.

Wer ist bloß das Mastermind hinter dieser Wechselpolitik? Doch wieder Uli Hoeneß?

Der FC Bayern will die deutsche Konkurrenz nicht mehr schwächen, muss er auch nicht. Er will nicht mehr nur Spieler, die im direkten Duell aufgefallen sind, er will keinen FC Deutschland gründen, er will nicht einmal mehr Ferngläser verteilen. Aber was er will, das ist auch nicht ersichtlich. Es fehlt eine klare Devise, und es fehlt einer, der diese mit krachledernen Sätzen verkündet.

Pep Guardiola zumindest hält sich in dieser Frage vornehm zurück. Douglas Costa war zwar ein Wunschspieler des Trainers, die Bemühungen um Vidal dagegen sind kein weiterer Kniefall vor dem Katalanen, auch wenn dieser den Chilenen sehr schätzt. Der Spieler Vidal ist vielmehr ein leises Zeichen dafür, wie der FC Bayern seinen Kader unabhängig von einem Trainer baut, der noch völlig offen lässt, ob er seinen im Sommer auslaufenden Vertrag verlängern wird. Aber wer ist das Mastermind hinter der Wechselpolitik? Vorstandsboss Rummenigge? Oder Kaderplaner Reschke? Vielleicht sogar Sportvorstand Sammer? Oder ist es am Ende doch wieder Uli Hoeneß, auch wenn dieser zurzeit offiziell als Freigänger in der Jugendabteilung arbeitet?

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Selbst unter der Lupe bleibt daher nur eine mögliche Devise: Alles für den Titel in der Champions League! Der Henkelpokal ginge dann allerdings an den FC Bayern Europa, einen Verein, wie es zahllose auf dem Kontinent gibt.

© SZ vom 18.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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