Wechsel im Fußball:Wilder Endspurt zum Transferschluss

Wechsel im Fußball: Dante (v.l.) wechselt nach Wolfsburg, De Bruyne nach Manchester, Julian Draxler soll nach Wolfsburg, Turins Coman weilte am Sonntag schon in München.

Dante (v.l.) wechselt nach Wolfsburg, De Bruyne nach Manchester, Julian Draxler soll nach Wolfsburg, Turins Coman weilte am Sonntag schon in München.

(Foto: Hoppe/dpa (2), Steffen/AFP, Reuters)
  • Die Premier League pumpt Millionen von Euro aus Fernsehgeldern in Transfers mit Bundesliga-Klubs.
  • Der Transfer von Kevin De Bruyne nach Manechster City bringt dem VfL Wolfsburg viel Geld und macht den Weg für Spekulationen frei.
  • Die Bundesliga-Verein versuchen, das Geld clever zu investieren - auch in gute Jugendarbeit.

Von Javier Cáceres, Berlin

In dem Jahr, als der erste Millionentransfer der Bundesligageschichte über die Bühne ging, wurde in Deutschland gewählt. In Ost und in West. Im Osten wurde, wenig überraschend, Erich Honecker zum Vorsitzenden des Staats- und Verteidigungsrats; im Westen siegte Helmut Schmidt eher knapp vor Helmut Kohl und wurde Bundeskanzler.

Man schrieb das Jahr 1976, und als der 1. FC Köln die schier unglaubliche Summe von einer Million D-Mark nach Brügge überwies, um den belgischen Torjäger Roger van Gool einzukaufen, sagte Otto Rehhagel: "Kein Mensch ist das wert." Wer weiß, was Rehhagel über die heutigen Summen denkt, die auch noch in Euro und nicht mehr in D-Mark daherkommen. Doch es darf wohl vermutet werden, dass Rehhagel auch bei 74 Millionen Euro den Kopf schütteln würde.

Diesen Betrag, 74 Millionen also, wird der britische Premier-League-Klub Manchester City für einen Menschen in der kommenden Woche nach Wolfsburg überweisen. Sein Name: Kevin De Bruyne, 24, und belgischer Mittelfeldspieler. Am Sonntag wurde der Transfer offiziell bestätigt - 24 Stunden, nachdem der Belgier am Samstag den Medizin-Check in Manchester bestanden hatte. Angeblich wird er dort ein Salär von mehr als 16 Millionen Euro erhalten, Prämien kommen obendrauf. Auch Wolfsburg dürfte sich wohl nicht nur jetzt, sondern auch im kommenden Jahr auf Überweisungen aus Manchester freuen.

Premier League knackt die Milliardengrenze

Allerhand erfolgsabhängige Prämien sollen das Volumen des Transfers auf mehr als 80 Millionen Euro schrauben. So oder so: Noch nie hat ein Bundesligaklub mit einem einzigen Spieler mehr Geld umgesetzt, kein Spieler war in diesem Sommer teurer. Weltweit. Bis zum Montag ist das Transferfenster noch offen (auf der Insel bis Dienstag), und wenn die Zahlen stimmen, die das Portal "Transfermarkt" zusammengetragen hat (Angaben zu Ablösesummen basieren oft nur auf Schätzungen), steht die britische Premier League an der Schwelle zur Milliarden-Euro-Grenze.

Bis Sonntagmittag hatten sich die Briten für 955,94 Millionen Euro mit neuen Spielern eingedeckt, dem standen Einnahmen von 531,26 Millionen Euro gegenüber. Zum Vergleich: Spaniens Primera División hatte zum gleichen Zeitpunkt 562 Millionen Euro ausgegeben (und immerhin 379 Millionen eingenommen); Italiens Serie A hatte 531,2 Millionen Euro in den Markt gepumpt (und 468 Millionen Euro kassiert) - die Bundesliga sparte dagegen: Einnahmen von 341,2 Millionen Euro standen Ausgaben von 337,5 Millionen Euro gegenüber. Die schwarze Null steht.

Auch vor diesem Hintergrund sagte wohl der Mainzer Manager Christian Heidel dem Spiegel, dass die Bundesliga angesichts der Millionen, die nach Deutschland gespült werden, "Danke sagen" und das Geld in Scouting und Jugendarbeit investieren sollte. Er sieht am Horizont schon die Geldhaufen brennen. "Viele ihrer TV-Millionen werden sie den eigenen Spielern als Abfindung bezahlen müssen, um sie wieder vom Lohnzettel zu bekommen." Am Wochenende waren aber auch sorgenvolle Töne zu hören. "In meinen Augen sind die Entwicklungen momentan gefährlich, weil das am Ende bedeutet, dass das Geld nichts mehr wert ist. Wir spielen gerade Monopoly", sagte Kölns Manager Jörg Schmadtke bei Sky TV - und fragte sich, ob das nun der Anfang sei, oder das Ende.

Bundesliga-Klubs investieren clever

Apokalypse hin oder her: Völlig den Kopf scheinen die Bundesliga-Macher noch nicht verloren zu haben. 1899 Hoffenheim hat die 41 Millionen aus dem Roberto-Firmino-Deal (FC Liverpool) noch nicht wieder ausgegeben, und auch der FC Augsburg, der mit mehr als 25 Millionen Euro durch den Verkauf von Abdul Rahman Baba zum FC Chelsea beglückt wurde, will nur dann tätig werden, "wenn etwas im Rahmen unserer Möglichkeiten geht", wie Manager Stefan Reuter sagte.

Auch der VfL Wolfsburg wird wohl nur einen Teil der Summe reinvestieren, die Manchester City für De Bruyne und Inter Mailand für Ivan Perisic (angeblich 18 Millionen Euro) zahlen werden. Auch dessen Wechsel wurde am Sonntag als perfekt gemeldet - ebenso wie der Einkauf des Innenverteidigers Dante vom FC Bayern, für eine Ablösesumme von angeblich 4,5 Millionen Euro; verhandelt wurde zudem noch über den Zugang diverser belgischer Talente (Dennis Praet vom RSC Anderlecht und Ismail Azzaoui aus der U19-Mannschaft von Tottenham Hotspur) sowie vor allem um den Ur-Schalker Julian Draxler, 21.

Hin und Her im Draxler-Poker

Juventus Turin hatte am Wochenende das Angebot für den Weltmeister auf mehr als 26 Millionen Euro plus erfolgsabhängige Nachschläge erhöht, hatte sich dann aber aus dem Poker verabschiedet, weil es mit den Millionen, die Wolfsburg bot, nicht mehr mithalten konnte. Meldungen, wonach der Draxler-Wechsel nach Wolfsburg perfekt war, ließ Schalke-Manager Horst Heldt am Sonntag dementieren, gleichwohl ließen seine Äußerungen erkennen, dass mit einem Verbleib des Weltmeisters nicht zu rechnen sei.

Man werde "eine Entscheidung im Sinne des Vereins treffen", sagte Heldt; das heißt: wenn der Preis für Draxler zufrieden stellen sollte und ein vernünftiger Ersatz verpflichtet werden kann. Als erster Kandidat dafür galt am Wochenende Filip Kostic vom VfB Stuttgart, der wiederum seinen Stürmer Vedad Ibisevic nach Berlin an Hertha BSC weiterreichte. Kostic soll signalisiert haben, zu einem ambitionierteren Verein wechseln zu wollen. Das könnte, wie es heißt, auch Borussia Dortmund sein. Offiziell bestätigt war dort am Sonntag aber nur die Verpflichtung von Joo-ho Park vom FSV Mainz 05.

Derweil wurde in München nicht nur Dantes Abschied verkündet, sondern auch die Verpflichtung des französischen U21-Nationalspieler Kingsley Coman von Juventus Turin. Der 19-jährige Außenbahnspieler soll zunächst ausgeliehen werden, italienische Medien berichteten von einer Leihgebühr von fast sieben Millionen Euro und einer Kaufoption, die 21 Millionen Euro koste und 2017 gezogen werden kann. Coman gilt als sehr entwicklungsfähiger Außenbahnspieler, der eine gute Grundschnelligkeit hat und stark im Eins-gegen-Eins ist. Hin und wieder trifft er aber im letzten Moment die falsche Entscheidung. Aber das machen Fußball-Manager auch, gelegentlich.

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