Transfermarkt:Warum der FC Bayern auf die Spieler Walker und Semedo verzichtet

Transfermarkt: Kyle Walker, 27, wechselt von Tottenham zu Manchester City.

Kyle Walker, 27, wechselt von Tottenham zu Manchester City.

(Foto: AFP)
  • Der FC Bayern observierte den Markt für Rechtsverteidiger sehr intensiv und blieb bei zwei Kandidaten hängen.
  • Kyle Walker und Nelson Semedo sind nun aber für 60 und 30 Millionen Euro zu Manchester City und zum FC Barcelona gewechselt.
  • Nach dem Karriereende von Philipp Lahm setzen die Bayern nun auf Joshua Kimmich.

Von Christof Kneer

Aus einem einfachen Grund wird der gute, alte Rafinha wohl Rechtsverteidiger spielen, wenn der FC Bayern auf seiner heiligen Asienreise gegen den FC Arsenal, den FC Chelsea, den AC Mailand und Inter Mailand antritt: Die Bayern haben keinen der anderen fünf Rechtsverteidiger-Kandidaten mit auf die Reise genommen. Joshua Kimmich befindet sich ebenso in den Confed-Cup-Ferien wie der Hoffenheimer Zugang Sebastian Rudy; Philipp Lahm ist wegen seinem Karriereende verhindert; Kyle Walker und Nelson Semedo können auch nicht. Sie spielen ab sofort für Manchester City bzw. den FC Barcelona.

Ist Philipp Lahm ersetzbar, und wenn ja, warum eigentlich doch nicht? Mit dieser Frage beschäftigen sie sich beim FC Bayern seit Monaten, und sie haben schnell gemerkt, wie sie die Sache angehen müssen. Sie haben entschieden, dass sie keinen Lahm-Nachfolger, sondern einfach einen guten neuen Rechtsverteidiger suchen. Das ist ein kleiner Unterschied, denn einen Lahm-Nachfolger gibt es auf der Welt keinen einzigen, während es gute Rechtsverteidiger auf der Welt ... nun ja, nicht gerade viele gibt, aber doch wenigstens den einen oder anderen.

Kyle Walker, 27, zum Beispiel von Tottenham Hotspur. Oder Nelson Semedo, 23, von Benfica Lissabon. Oder natürlich Dani Carvajal, 25, von Real Madrid.

Das war die Frage, die sich die Bayern stellen mussten: Wollen wir Carvajal, den Besten, was ein Problem wäre, weil Real den niemals hergibt? Wollen wir Walker oder Semedo, was auch ein Problem wäre, weil beide mehr Geld kosten, als man für einen Rechtsverteidiger ausgeben sollte? Oder wollen wir Joshua Kimmich, was einerseits kein Problem wäre, weil wir den ja schon haben, andererseits aber doch, weil wir den erst mal überzeugen müssen, dass er ab sofort Rechtsverteidiger und kein Mittelfeldspieler mehr ist?

Am vergangenen Wochenende haben die Bayern beschlossen, dass sie Recht gehabt haben mit ihrer Strategie. Am Wochenende sind Walker und Semedo unter den Hammer gekommen, umgerechnet 60 Millionen Euro zahlte Pep Guardiolas Manchester City für Walker, 30 Millionen zahlte der FC Barcelona für Semedo. Walker hat damit sogar einen Rekord aufgestellt: Er ist bis auf Weiteres der teuerste Verteidiger der Weltgeschichte. Allerdings sollte er diesen Rekord schnell genießen, denn der demnächst für komplett unzurechnungsfähig zu erklärende Transfermarkt wird sicher bald einen neuen Verteidiger auftreiben, der noch mehr Geld kostet.

Beim FC Bayern würden sie das - zumindest öffentlich - nicht so formulieren, aber denken würden sie es schon: Ja, Walker und Semedo sind als Rechtsverteidiger wahrscheinlich etwas besser als Kimmich. Aber sie sind niemals 30 Millionen Euro besser, und 60 Millionen schon gar nicht.

Mit Kimmich sei es ein "längerer Prozess" gewesen

Natürlich sind die Münchner im Rahmen ihrer weltweiten Fahndung auch auf Walker und Semedo gestoßen; die beiden zählten zu den Kandidaten, die den Bayern am besten gefielen. Die Münchner Klubverantwortlichen hätten sich beide gut im Team vorstellen können: die Dynamik, Defensivkraft und Geschwindigkeit von Kyle Walker, Typ Seitenaufreißer; genauso wie die Eleganz, Ballbehandlung und Spieleröffnung von Semedo, Typ kleiner Lahm. Hausintern haben die Bayern auch schon mit Zahlen hantiert, sie haben erwogen, welche Pakete für welchen Spieler zu schnüren wären, und ums Eck haben sie da und dort wohl auch mal vorsichtig anfragen lassen, ob der Verein oder der Spieler vielleicht eventuell unter Umständen möglicherweise ...

Aber weiter sind die Bayern offenbar nie gegangen. Sie haben keine Kandidaten getroffen, sie haben keine Gespräche mit Spielern geführt, außer mit einem: mit Joshua Kimmich.

Es sei mit Kimmich "ein längerer Prozess" gewesen, sagen sie bei Bayern, der Spieler habe lange geprüft, ob er das wolle: jene Position im Zentrum zu räumen, auf der er sich selbst am besten findet, und dafür eine Rolle einzunehmen, die er nicht fühlt, auf der sich aber schnell Karriere machen lässt. Im späteren Frühjahr hat sich Kimmich offenbar entschieden, die neue Rolle "mit voller Überzeugung anzunehmen", wie es bei Bayern heißt.

Es war der Moment, als die Münchner aufhören konnten, an Walker und Semedo zu denken. Das wäre ein unangenehmer Wettbewerb geworden: für Spieler bieten, die auf einem winzigen Markt extrem teuer sind - und parallel von ManCity und Barça umworben werden, die beim Kohle-Rausschmeißen weniger Skrupel besitzen.

Kimmich also, und dahinter Rafinha und zur Not Rudy: Die Bayern finden, dass sie rechts hinten jetzt gut und geradezu billig aufgestellt sind. Zumal sie wissen, dass sie die beste Lösung sowieso nicht bekommen werden, aus einem einfachen Grund. Weil Philipp Lahm die Rolle des Ruheständlers mit voller Überzeugung angenommen hat.

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