Transfergerücht beim FC Bayern:Auf dem Platz von Ribéry

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Anfang 2015 noch Gegner, demnächst womöglich Kollegen: Douglas Costa (links) und Franck Ribéry im Champions-League-Spiel Donezk gegen FC Bayern. (Foto: imago/Ulmer)
  • Der FC Bayern München plant die Verpflichtung des Flügelspielers Douglas Costa von Schachtjor Donezk.
  • Mit 35 Millionen Euro wäre er der drittteuerste Transfer der Klubgeschichte.
  • Trainer Pep Guardiola wirkt, als setze er alles auf die kommende Saison.

Von Christof Kneer, München

Glaubt man den herrlichen Klischees über den FC Bayern, dann gibt es zwei verschiedene Arten von Transfers: Entweder holen die Münchner jene Profis, die schlau genug sind, ausgerechnet gegen den FC Bayern das Spiel ihres Lebens zu machen (beliebtes Beispiel: Roy Makaay). Oder die Bayern sind selber schlau und schnappen sich Spieler, die dem FC Bayern nicht schaden, deren Kollateralnutzen aber vor allem darin besteht, den jeweils aktuellen Rivalen zu schwächen (aktuelle Beispiele: Mario Götze, Robert Lewandowski). Mitunter fallen beide Strategien sogar zusammen: Das wäre dann - laut Klischee - der perfekte Bayern-Transfer.

Douglas Costa, 24, wäre ein Katastrophen-Transfer, so gesehen. Der Brasilianer spielt bei Schachtjor Donezk, einem Team, das es garantiert nicht wagen wird, den Bayern die nächste deutsche Meisterschaft zu verderben. Und in der Champions League gehört Donezk zu jener willkommenen Sorte von Achtelfinal-Gegnern, vor denen man nach der Auslosung Respekt heucheln darf, um sie dann mit 7:0 und 0:0 aus dem Wettbewerb zu schießen - wie die Bayern im Frühjahr. In beiden Partien (so viel zum ersten Klischee) hat Douglas Costa übrigens nicht so gespielt, als müsste man ihn - in memoriam Makaay - schleunigst engagieren.

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Douglas Costa könnte erst mal Franck Ribéry ersetzen

In bewusster Missachtung der schönen Transfer-Klischees hat sich der FC Bayern aber doch an diesen Spieler herangewagt. Zuletzt ist der Name des brasilianischen Flügelspielers immer wieder gefallen, wenn informierte und auch weniger informierte Kreise über mögliche Bayern-Personalien geraunt haben, einige der geraunten Kandidaten waren dabei so realistisch wie eine Rückholaktion von Roy Makaay. Mit dem Namen Douglas Costa beschäftigen sich die Münchner aber tatsächlich seit längerem, und nach SZ-Informationen dürfte die Beschäftigung bald in einen sehr konkreten, sehr teuren Transfer münden.

Wenn auf den letzten Metern nichts mehr schiefgeht, wird Douglas Costa in der neuen Saison Spieler des FC Bayern sein - und immerhin die dritt-teuerste Verpflichtung in der Historie dieses großen Vereins. Etwa 35 Millionen soll der Brasilianer kosten - etwa so viel wie einst Mario Gomez, nur zwei Millionen weniger als Mario Götze und fünf Millionen weniger als die klubinterne Rekordpersonalie Javier Martinez. Pep Guardiola soll die Verpflichtung ausdrücklich befürwortet haben, er kennt den Profi aus Donezk noch von den Champions-League-Duellen mit dem FC Barcelona.

Schneller, technisch sehr begabter Linksfuß

Im Moment ist Douglas Costa allerdings noch ein paar Kilometer entfernt von der Säbener Straße in München-Harlaching, er spielt mit der brasilianischen Nationalelf gerade in Chile die Copa América. Er zählt zu jenen Krisengewinnlern, die nach dem traumatischen 1:7-Turnier im vorigen Sommer den Sprung in die Seleção geschafft haben, zu einem prägenden Spieler hat er es in der Auswahl des pragmatischen Trainers Carlos Dunga aber bisher nicht gebracht. Die Bayern stört das nicht, sie haben sich ihr eigenes Bild über diesen Spieler gemacht, und dieses Bild sieht so aus: schneller, technisch exzellenter Linksfuß, der in Donezk seit fünf Jahren seitenverkehrt die rechte Außenbahn hinauf- und hinuntersprintet; der aber auch die linken Außenbahn hinauf- und hinuntersprinten kann, was den Bayern gerade besonders wichtig ist. Im Moment brauchen die Bayern links vorn einen Spieler, dessen Körper sie vertrauen können - anders als dem Körper des linken Flügelspielers Franck Ribéry. Seit sich dessen angebliche Sprunggelenksverletzung (erlitten im Spiel gegen Donezk) als Knochenhautentzündung entpuppte, verzichten sie im Klub sicherheitshalber auf zeitlich konkrete Rückkehr-Szenarien; Douglas Costa könnte einstweilen den Ribéry geben.

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Später könnte er auch den Robben geben oder, zur Not, den Rafinha oder den Bernat.

Man wird die ersten Arbeitsproben dieses Spielers in München abwarten müssen, um zu beurteilen, ob es sich bei Douglas Costa um einen Aktions- oder einen Reaktionstransfer handelt. Ob der flexible Brasilianer ein Spieler ist, den sich die Münchner und vor allem ihr Trainer mit voller Leidenschaft ins Haus holen - in der Überzeugung, dass er sich gemeinsam mit dem Team auf jenes spezielle Niveau hinaufentwickelt, das dem anspruchsvollen Trainer vorschwebt. Oder ob der Neue eher zur Transferkategorie Xabi Alonso/Medhi Benatia zählt - Spieler, die unabhängig von ihrer hohen Qualität vor allem deshalb in München landeten, weil es plötzlich Löcher zu füllen gab. In Alonsos Fall galt es auf Thiagos Verletzung und den Abschied von Toni Kroos zu reagieren; Benatia war die spontane, 26 Millionen teure Antwort auf die Verletzung von Martinez.

Pep Guardiola möchte kein Champions- League-Halbfinale mehr erleben, in dem ein halbes Dutzend seiner besten Spieler fehlen. Er möchte einen noch breiteren, noch besseren Kader, und er kann gelassen abwarten, ob sich Douglas Costa zum Spitzentransfer oder nur zum luxuriösen Back-up entwickelt. Guardiola wirkt, als setze er alles auf die nächste Saison. 2016 endet sein Vertrag.

© SZ vom 26.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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