Transfer von Maximilian Philipp:Freiburg baut auf, die Liga zahlt

SC Freiburg Bayer 04 Leverkusen Deutschland Freiburg 23 04 2017 Fussball Bundesliga Saison 20; Maximilian Philipp

Vincenzo Grifo, Maximilian Philipp (bislang beide SC Freiburg) und Trainer Christian Streich arbeiten demnächst nicht mehr so eng zusammen.

(Foto: imago/Sportfoto Rudel)
  • Beim Bundesligisten SC Freiburg stehen im Kader große Umbauten an.
  • Weil in Vincenzo Grifo und Maximilian Philipp zwei der besten Spieler gehen, braucht der Klub von Trainer Streich Ersatz.
  • Mit den 20 Millionen Euro aus der Ablöse für Philipp hat der Klub einigen Spielraum auf dem Transfermarkt.

Von Christoph Ruf, Freiburg

Wer sich durch die Kommunikationskanäle von Borussia Dortmund klickt, blickt seit Mittwoch auf das Porträtfoto eines jungen Mannes, der selbstbewusst, fast herausfordernd in die Kamera schaut. Und irgendwie erkennt man ja auch, dass dieser Mann tatsächlich jener Maximilian Philipp ist, der vor viereinhalb Jahren als schüchterner Junge mit dem Pass eines 18-Jährigen, dem Körper eines 16- und dem Gewicht eines 14-Jährigen von Berlin nach Südbaden gezogen war.

Dass dieser Mann anders gebaut ist als, sagen wir, Pierre-Michel Lasogga, haben sie bei Philipps Heimatverein Hertha BSC natürlich auch gesehen. Doch die Freiburger Späher, die den damaligen A-Jugendlichen von Energie Cottbus beobachtet hatten, die sahen in ihm etwas, das die Herthaner offenbar nicht gesehen hatten, weshalb sie ihn ja in die Lausitz hatten ziehen lassen: Spielfreude, Wendigkeit, Übersicht und eine exquisite Technik.

Dass Philipp, der vergangene Saison in 25 Spielen für den SC Freiburg neun Mal traf, inzwischen zu einem Klassespieler gereift ist, merkt seit spätestens ein paar Monaten jeder, der schon mal ein Fußballspiel auf höherem Niveau gesehen hat. Auch in der Außendarstellung ist der junge Mann gereift. Philipp, der anfangs immer den Anschein erweckte, als wäre er am liebsten unsichtbar, sagt bei Interviews nun auch mal mehr als zwei Worte am Stück. Und mit denen lobt er oft genug die Freiburger Detailversessenheit im Training, die ihm nach seinem Wechsel mehrere Leistungsschübe hintereinander verschafft hat.

Dabei wurde Philipp durchaus langsam aufgebaut. Als er als 18-Jähriger kam, begann er in der U 19 des SC, ehe er über den Umweg der Regionalliga-Elf langsam ans Erstligateam herangeführt wurde. Wofür sich Philipp, den sie in Freiburg "Milli" nannten, vor einem Jahr geradezu rührend in der Stadionzeitung bedankt hat. "Das Trainerteam will uns verbessern, arbeitet täglich akribisch im Training mit uns. Und es sind dazu tolle Menschen, die auch mal außerhalb des Platzes für einen da sind."

Rund 20 Millionen Euro dürften die Dortmunder am Ende für Philipp hinlegen, sie brauchen ihn dringend als Double für den wieder mal massiv verletzten Marco Reus. Damit ist Philipp natürlich der Rekordtransfer des Sportclubs. Zumal, je nach Fortgang der Karriere, weitere Zahlungen hinzukommen könnten. Das Transferergebnis ist also in der Summe so hoch, dass selbst RB Leipzig aus dem Poker ausstieg, weil der Transfer "wirtschaftlich nicht machbar" gewesen sei, wie Sportdirektor Ralf Rangnick verlautbaren ließ.

Deutlich weniger Geld, als der Marktwert hergegeben hätte, brachte den Freiburgern unterdessen Vincenzo Grifo ein, der nach Gladbach wechselt: Die sechs Millionen Euro waren im Vertrag festgeschrieben. Durchs Grifos Abschied fehlt den Freiburgern nun vor allem ein exzellenter Vorarbeiter, allein zwölf der 42 Freiburger Saisontore legte der in Pforzheim geborene Mittelfeldmann vor.

Dilemma im Breisgau

Der Italiener kam vor zwei Jahren für eine Million Euro und wurde nun fürs Sechsfache verkauft - eine Wertsteigerung, die sich der SC grundsätzlich bei allen Spielern erhofft, die er verpflichtet. Chefscout Klemens Hartenbach, von dem die Mär geht, dass er so oft im Flieger sitzt, dass er auf mehreren Plätzen gleichzeitig sein kann, spricht oft davon, dass man in einem Spieler "etwas Besonderes" gesehen habe. Und dann wird er auch besonders gerne verpflichtet.

Der SC Freiburg steckt nun allerdings in einem Dilemma. Zwar nahm man einerseits Geld in Höhe des gesamten Saisonetats der vergangenen Spielzeit ein, doch ist man mit einem Mal auch das komplette kreative Mittelfeld los. Und das, obwohl es kein Geheimnis ist, dass die Angreifer Florian Niederlechner und Nils Petersen (zusammen 21 Tore) auch deshalb so oft trafen, weil sie so gut in Szene gesetzt wurden. Dennoch wird der SC keinesfalls einen Großteil dieser Summe in zwei neue Offensive investieren.

Die sollen zwar durchaus von der Güte sein, dass sie sofort zu Stammspielern werden, doch Priorität hat die qualitative Verbreiterung des Kaders. So steht etwa ein erstligatauglicher Innenverteidiger auf der Fahndungsliste, die Anzahl der Gegentore muss deutlich reduziert werden. 60 Stück fing sich der SC vorige Saison ein, das ist ein Wert, mit dem man normalerweise im unteren Tabellendrittel landet. Bei der möglichen Dreifachbelastung ab August will man defensiv weniger leicht auszurechnen sein als zuletzt.

Sollte man die Qualifikation überstehen, stünde der Tabellen-Siebte der abgelaufenen Erstligasaison schließlich in der Europa League - das ist auch der Grund, warum sie in Freiburg das Trainingslager nach vorne geschoben haben. Am 27. Juli, wenn der SC in die dritte Runde der Europa-League-Qualifikation einsteigt, will man nicht vom Trainingslager aus in ein fernes europäisches Land reisen müssen.

Man kann immerhin davon ausgehen, dass dann auch die Nachfolger von Grifo und Philipp im Flieger sitzen werden. Wie gut diese Nachfolger sind, könnte darüber entscheiden, was für eine Saison der SC Freiburg vor sich hat.

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