Transfer-Irrlichter des Winters:Der letzte Anruf gehört Berlusconi

Der Transferwinter lieferte kuriose Geschichten: Italiens Ex-Premier sorgt dafür, dass seine Tochter ihren Freund nicht verliert, zum Leidwesen von Carlos Tevez. Der Pariser Scheich ist unglücklich, der Münchner Araber beleidigt - und in Portugal und Griechenland herrscht auch im Fußball Finanzkrise. Die schönsten Anekdoten aus vier wechselhaften Wochen.

Thomas Hummel und Carsten Eberts

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Transfer-Irrlichter des Winters:Der Teuerste

Dynamo Moskau Balázs Dzsudzsák

Quelle: SZ

Der Transferwinter bot kuriose Geschichten: Italiens Ex-Ministerpräsident sorgt dafür, dass seine Tochter ihren Freund nicht verliert, zum Leidwesen von Carlos Tevez. Der Pariser Scheich ist unglücklich, der Münchner Araber beleidigt - und in Portugal und Griechenland herrscht auch im Fußball Finanzkrise. Die schönsten Annekdoten.

Von Carsten Eberts und Thomas Hummel

Der Teuerste

Es passt ja irgendwie, dass der kostspieligste Transfer zwischen zwei russischen Klubs vollzogen wurde. Da hört es mit den Belanglosigkeiten jedoch bereits auf, denn ansonsten ist der Wechsel von Balázs Dzsudzsák (in der Bildmitte) zu Dynamo Moskau ziemlich spektakulär.

Zunächst: Balázs wer? Dzsudzsák ist Ungar, wechselte erst im Sommer aus Eindhoven zu unseren reichen Freunden von Anschi Machatschkala, absolvierte dort nur acht Spiele. Viele Tore schoss er auch nicht. Der Stürmer habe den Wechsel nach Moskau zudem selbst angeregt, heißt es, weil er künftig "Champions League spielen" wolle. Und so einer kostet 19 Millionen Euro? Immerhin: Sein neuer Sturmpartner in Moskau heißt Kevin Kuranyi.

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Transfer-Irrlichter des Winters:Millionentransfers in Brasilien

Vagner Love kehrt in seine brasilianische Heimat zurück

Quelle: dapd

Brasilien galt immer als Land, das gute Spieler ausbildet und dann teuer verkauft. Dies ist Vergangenheit, denn es gibt zwei neue Trends. Erstens: Die Brasilianer kehren zum Ende ihrer Karriere in ihre Heimat zurück (siehe Ronaldinho und Adriano, fast sogar der Bremer Naldo). Zweitens: Auch brasilianische Klubs können mittlerweile Millionensummen ausgeben.

In diesem Winter verpflichtete etwa Fluminense den Mittelfeldmann Thiago Nevez für sieben Millionen Euro, Flamengo zahlte gar zehn Millionen Euro für Vagner Love (im Bild) von ZSKA Moskau. Das größte Schnippchen schlug den europäischen Klubs jedoch der 19-jährige Wunderkicker Neymar, der vorzeitig beim FC Santos verlängerte - und lukrative Angebote aus Madrid, Barcelona und London ausschlug.

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Transfer-Irrlichter des Winters:Ausverkauf in den Bergen

Fußball-Nationalmannschaft Schweiz

Quelle: dpa

Die erste Schweizer Fußballliga hat es wirklich schwer erwischt. Und nicht nur deshalb, weil sie den lächerlichen Namen Axpo Super League tragen muss. In diesem Winter mussten die Verbands-Bosse auf Druck der mächtigeren Fifa-Bosse dem aufsässigen FC Sion kapitale 36 Punkte abziehen, was nach Schweizer Verbandsgesetzen gar nicht erlaubt ist. Dann musste sie Xamax Neuchatel die Lizenz entziehen, weil der Klub Insolvenz anmeldete. Die Justiz nahm Bulat Tschagajew, den tschetschenischen Besitzer des Klubs, fest, ihm wird Geldwäsche, Urkundenfälschung und Untreue vorgeworfen.

Kein Wunder, dass gute Spieler nun reihenweise das Land verlassen. Eine regelrechte Flucht setzte ein. 17 Profis verließen die Axpo Super League, darunter Ricardo Rodriguez (FC Zürich nach Wolfsburg), Giovanni Sio (FC Sion nach Wolfsburg), François Affolter (nach Bremen), Sandro Wieser (FC Basel nach Hoffenheim) und Guillermo Vallori (Grasshopper zu 1860) nach Deutschland. Kein Geheimnis: Im Sommer folgen die nächsten.

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Transfer-Irrlichter des Winters:Der unglückliche Scheich

Supporters wave banners as PSG as they host Greek side Panathinaikos in a Group G UEFA soccer match at Parc des Princes stadium in Paris

Quelle: REUTERS

Der unglücklichste Teilnehmer am Transfermarkt dürfte Scheich Hamad bin Jassim bin Jaber bin Muhammad Al Thani sein. Der Herr ist Mitglied der königlichen Familie, Premierminister und Außenminister in Katar. Und wer eine WM nach Katar holen kann, der wird wohl auch die besten Spieler nach Paris locken können. Nicht wahr?

Nein, lieber Herr Scheich. Er ist Boss des katarischen Staatsfonds und dieser hält die Mehrheit des Fußballklubs Paris Saint-Germain. Mit dem vielen Geld aus dem Ölland sollte nun in Paris die beste Mannschaft der Welt erschaffen werden. Das Problem: Es wollte niemand kommen. Nun ja, der Innenverteidiger Alex vom FC Chelsea und der Linksverteidiger Maxwell vom FC Barcelona sagten zu, am Ende noch Thiago Motta von Inter Mailand. Sie kosteten 18,5 Millionen Euro - dafür würde der Scheich vermutlich nicht einmal ans Telefon gehen. Nein, Paris wollte Beckham, wollte Pato, wollte Kaká, Drogba, Hulk, Tevez, wollte jeden Spieler, der nicht bei drei auf dem Baum war. Und bekam: Absage, Absage, Absage. Der arme Scheich!

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Transfer-Irrlichter des Winters:Der beleidigte Araber

Showdown bei den ´Löwen": Investor gegen Präsident

Quelle: dpa

Am Donnerstag, 26. Januar, kam um 17:26 eine Pressemitteilung des TSV 1860 München, genauer: des Aufsichtsrats. Dieser teilte mit, dass er Präsident Dieter Schneider nicht zum Rücktritt auffordern wolle. Um 17:45 Uhr kam die nächste Pressemitteilung des Vereins, genauer: der Profiabteilung GmbH & Co. KGaA. Diese teilte mit, dass sie nun "dazu gezwungen" sei, "sämtliche Transferbemühungen einzustellen".

Es ist ein einmaliges Projekt im deutschen Fußball. Ein ausländischer Investor, in diesem Fall der jordanische Geschäftsmann (kein Scheich!) Hasan Ismaik (links), hat sich für ein paar Millionen 49 Prozent des TSV 1860 gekauft - und will nun das Sagen haben. Nun ist ein Machtkampf entbrannt zwischen Ismaik und dem Klub, Präsident Schneider (rechts) soll weg. Doch weil der Klub nicht Folge leistete, drohte Ismaik, den Geldhahn zuzudrehen. Ausgang der neuesten Posse beim TSV 1860? Wie immer sehr, sehr ungewiss. Beweis: In den folgenden fünf Tagen holte Sechzig doch noch zwei Spieler.

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Transfer-Irrlichter des Winters:Große Oper

Barbara Berlusconi

Quelle: AP

Ausgangslage: Der Scheich-Verein Manchester City will Carlos Tevez loswerden. Der Haremsfürsten-Klub AC Mailand hätte gerne den etwas selbstverliebten Pato weggeschickt. Der Scheich-Klub Paris sucht teure Stürmer. Logische Folgerung: Tevez wechselt für 27 Millionen Euro nach Mailand, Pato für 35 Millionen Euro nach Paris. Und alle sind glücklich. Außer Berlusconis Tochter Barbara (Bild) - sie ist mit dem 22-jährigen Pato liiert.

Als die Kugelschreiber schon gezückt waren, rief also Vater Silvio bei Pato an: "Willst du wirklich weg?" soll er ihn gefragt haben. Der ließ kurz darauf verlautbaren, dass er doch lieber in Mailand bleibe und hier "Geschichte schreiben" wolle. Also: Alle Unterhändler wieder zurück auf Start. Das schönste Transfer-Melodram des Winters endete im Nichts. Und Carlos Tevez hängt immer noch in Manchester rum.

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Transfer-Irrlichter des Winters:Viel Geld in Frankreich

Lille's Nolan Roux celebrates his goal during French Ligue 1 soccer match against Saint Etienne at Lille Metropole Stadium in Villeneuve d'Ascq

Quelle: REUTERS

Nicht nur in Paris sind neuerdings Millionen zu vergeben. Auch bei OSC Lille und Stade Rennes - zwei Klubs, die bislang nicht durch horrende Transferaktivitäten aufgefallen sind - sprudeln plötzlich die Millionen. Zunächst in Lille, wo man für acht Millionen Euro Mittelstürmer Nolan Roux aus Brest verpflichtete. Dann in Rennes: Für 7,5 Millionen Euro kaufte der Klub den türkisch-französischen Mittelstürmer Mevlüt Erdinç aus Paris.

Wo das viele Geld plötzlich herkommt, ist zumindest im Fall des OSC Lille ersichtlich: Der Klub hatte Moussa Saw für zehn Millionen Euro nach Istanbul veräußert, konnte das Geld also reinvestieren. Wo Stade Rennes jedoch plötzlich die Millionen her hat?

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Transfer-Irrlichter des Winters:Billigtransfers in Portugal und Griechenland

Griechenland-Rettung wird teurer

Quelle: dapd

Portugal könnte das nächste Griechenland werden, so unken Finanzfachleute seit Monaten. Dabei geht es um die Finanzkraft beider Länder. Das wirkt sich auch auf die jeweiligen Ligen aus: Laut transfermarkt.de haben die Klubs dort zwar fleißig Spieler verpflichtet. Geld bezahlt wurde für sie aber kaum: In Griechenland ist der Leihspieler Colin Kazim-Richards (zu Olympiakos Piräus) für 875.000 Euro der teuerste Zugang.

In Portugal wurden laut transfermarkt.de nur ablösefreie Profis oder Spieler aus der eigenen Jugend geholt. Bis dann Marc Janko für drei Millionen Euro von Enschede zum FC Porto wechselte. Ein Klacks allerdings, denn Porto hatte im Sommer schlappe 38,66 Millionen Euro durch Spielerverkäufe eingenommen. 

Auch die große spanische Liga gab mit bislang 9,6 Millionen Euro nur ein Drittel der Vohrjahressumme aus. Da sage noch mal einer, der Fußball spiegele nicht das wahre Leben wider.

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Transfer-Irrlichter des Winters:Spieler-Überfluss beim VfL Wolfsburg

VfL Wolfsburg - 1899 Hoffenheim

Quelle: Peter Steffen/dpa

Die zweite Mannschaft des VfL Wolfsburg rangiert in der Regionalliga Nord auf Platz zwölf, knapp hinter dem ZFC Meuselwitz, knapp vor der Reservetruppe des FC St. Pauli. Wen das interessiert? Nun ja, es könnte passieren, dass U23-Trainer Lorenz-Günther Köstner (im Bild) demnächst einige neue Akteure mit großen Namen dazubekommt. Der Chefcoach der Profimannschaft, namentlich Felix Magath, kann nämlich besser einkaufen als verkaufen - und wird die Rückrunde mit annähernd 40 Spielern absolvieren.

Da wäre es doch naheliegend, würden einige jüngere Vertreter, sagen wir die Kaderprofis Nummer 26 bis 33, sich künftig in der Regionalliga fit halten. Beim letzten Pflichtspiel der U23 beim Berliner AK standen für Wolfsburg II folgende Herren auf dem Platz: Müller - Schulze, Thoelke (71. Chamorro), Klamt, Czichos - Millemaci (29. Huke), Knoche, Schlimpert, Fomitschow - Petry (68. Erkic), Yazgan. Der Konkurrenzkampf dürfte deutlich härter werden.

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Transfer-Irrlichter des Winters:Mächtig Theater in Kaiserslautern

Stefan Kuntz Kaiserslautern

Quelle: SZ

Fast hätte Stefan Kuntz (im Bild), der Chefeinkäufer des 1. FC Kaiserslautern, wohl seinen Job an den Nagel gehängt. Zweimal wurde der FCK in diesem Wintertransferfenster mächtig gefoppt: Erst vom Uruguayer Gary Kagelmacher, der erst zugesagt hatte, sich dann trotzdem für einen Wechsel zum AS Monaco entschied. Als die Lauterer noch eine Klage gegen den belgischen Erstligisten Beerschot AC prüften, die nächste Nachricht: Der FCK sei sich mit Abwehrspieler Ariel Borysiuk einig.

Tags darauf erfuhr der Klub dann aus Polen: Ätsch, Borysiuk hat sich doch anders entschieden, wechselt lieber nach Brügge. Spielte die Transferwelt nun endgültig verrückt? Glück für Stefan Kuntz: Die Meldung aus Polen war eine Ente. Borysiuk kommt doch. Und Kuntz ist zumindest etwas versöhnt.

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Transfer-Irrlichter des Winters:Schöne neue Namen

Men's Single

Quelle: dpa

Eine Meldung verursachte große Unruhe zuletzt: Yaya Banana wechselt von Espérance de Tunis zum französischen Verein FC Sochaux. Namenswitze sind selbstverständlich verboten, und die Franzosen wissen auch nicht, was ein Gurkerl ist (österreichisch für: Beinschuss). Dennoch ging die Frage um: Ist das nicht der ...? Nein! Ist er nicht. Der heißt Bruno Banani, Rennrodler aus Tonga (Bild).

Bruno Banani steht im Verdacht, dass sich sein Name doch nicht zufällig mit dem einer Modefirma gleicht, sondern er dafür gecastet wurde, als Werbegag. Yaya Banana hingegen ist ein seriöser Verteidiger aus Kamerun. Und der FC Sochaux legte auch gleich nach: Dem Transfer von Yaya Banana folgte die Übernahme von King Osanga, mit Sicherheit seriöser Stürmer aus Nigeria.

© Süddeutsche.de/ebc/hum/holz
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