Trainersuche in Hamburg und Schalke:Huub Stevens verwirrt den HSV

Ein Konzepttrainer ist Huub Stevens sicherlich nicht, dafür gilt er als zu knorrig und defensiv-verliebt. Trotzdem reißen sich die Klubs um den Niederländer: Beim Hamburger SV galt er als Wunschtrainer, doch der HSV sagte Stevens nun ab - weil der Coach auch mit seinem Ex-Klub Schalke 04 verhandelt. Der HSV prüft derweil eine Zukunft mit Rodolfo Cardoso.

Carsten Eberts

Rodolfo Cardoso hatte tatsächlich eine Vorahnung. "Ich glaube, dass ich noch ein Spiel mehr bekomme", sagte der Hamburger Interimscoach nach dem freitäglichen 2:1-Sieg in Stuttgart - und grinste dabei. Schelmisch, vielsagend.

Huub Stevens

Plötzlich wieder ein begehrter Mann: Huub Stevens.

(Foto: dpa)

Eigentlich stand Cardosos Aussage fundamental gegen alle Erwartungen. Zumindest am Freitagabend. Laut Hamburger Medienberichten war die Übereinkunft zwischen dem Klub und dem Holländer Huub Stevens derart fortgeschritten, dass bereits für diesen Montag die Vorstellung von Stevens als neuem Trainer erwartet werden musste.

Nun scheint Cardoso tatsächlich eine mittelfristige Verlängerung seines Arbeitsverhältnisses zu bekommen. Denn am Sonntagabend hat der HSV dem potentiellen Trainer Stevens abgesagt. Die Hamburger bestätigen damit eindrucksvoll ihren Ruf: Sie sind nicht gerade der schillerndste Klub der Liga. Jedoch ein Verein, bei dem es immer anders kommt, als man denkt.

Dafür gibt es viele Gründe. Sportdirektor Frank Arnesen besuchte Stevens am Sonntagabend daheim in Enschede. Ein Gespräch, das Formsache sein sollte, bei dem es jedoch zu Irritationen gab: Laut Hamburger Morgenpost bot Arnesen dem Holländer lediglich einen Kontrakt bis zum Saisonende an. Was Stevens offenbar sehr missfiel.

Doch auch Arnesen und der HSV hatten Grund zur Irritation. Stevens offenbarte dem HSV-Mann, dass er auch mit Schalke 04 verhandelt - jenem Klub, der nach der überraschenden Demission von Ralf Rangnick ebenfalls einen neuen Übungsleiter sucht. "Ja, Schalke ist auch im Rennen", sagte Stevens zu Bild: "Das habe ich ganz ehrlich zu Frank Arnesen gesagt. Ich höre mir alles an." Für Arnesen war die Geschichte damit offenbar gegessen.

Für den Beobachter wird sie zudem schwerlich nachvollziehbar. Klar, Stevens hatte sowohl auf Schalke, als auch beim HSV eine erfolgreiche Zeit. Doch Stevens gilt als knorriger Trainer, als autoritär und defensiv-verliebt - überhaupt nicht als Konzepttrainer, nach dem sich noch vor wenigen Monaten die halbe Bundesliga sehnte. Damals erstellte alle Welt plötzlich Matchpläne, diskutierte mit Inbrunst, was Jürgen Klopp im Gegensatz zu seinen Kollegen Thomas Tuchel, Robin Dutt oder auch Ralf Rangnick womöglich noch einen Tick besser macht.

Doch Stevens? Ein Trainertyp wie er schien ganz weit weg. Irgendwie antiquiert, von gestern. Wie kann es sein, dass dieser Mann plötzlich der begehrteste Trainer der Liga ist? Die Sehnsucht nach seinen Erfolgen von damals muss groß sein, zumindest in Hamburg und Schalke.

Nun doch Marco van Basten?

Beim HSV soll nun zur Abwechslung einmal nichts überstürzt werden. "In nächster Zeit, bis zur Länderspiel-Pause, wird es eine Entscheidung geben", sagte Klubboss Carl-Edgar Jarchow am Sonntag.

Von den denkbaren Namen steht nach Stevens' Aus immerhin noch Marco van Basten auf der Liste. Dessen Berater Perry Overeem sagte der Mopo allerdings: "Wir haben noch überhaupt keinen Kontakt zum HSV gehabt. Wir entnehmen alles immer nur den Medien." Jarchow entgegnete schnippisch: "Was Herr van Bastens Berater sagt, ist nicht entscheidend."

Indes deutet sich eine andere Lösung an: Interimstrainer Rodolfo Cardoso könnte dauerhaft bleiben - obwohl dieser gar keine A-Lizenz als Fußballtrainer hat. Sportdirektor Arnesen kündigte am Montag an, Kontakt mit DFB und DFL aufzunehmen. "Wir sind sehr zufrieden mit Rodolfos Arbeit in den ersten Tagen", sagte Arnesen. "Jetzt wollen wir von DFB und DFL wissen, welche Möglichkeiten wir haben." Noch in dieser Woche sollein Brief nach Frankfurt geschickt werden.

Bei Schalke hingegen gibt man sich defensiver - die Verantwortlichen bestätigen nicht mal, dass Stevens überhaupt ein ernsthafter Kandidat ist. Der Niederländer verkündete indes: "Manager Horst Heldt hat mich am Wochenende angerufen, wir haben kurz gesprochen." Verspekuliert sich Stevens am Ende sogar - und bleibt daheim in Enschede?

Mike Büskens jedenfalls dürfte als Kandidat ausscheiden, da ihn Zweitligist Greuther Fürth unbedingt halten will und Büskens nicht mal eine Ausstiegsklausel besitzt. Auch andere Namen sind noch in der Welt: Franco Foda zum Beispiel, derzeit Coach bei Sturm Graz, auch Christian Gross (Young Boys Bern), Marcel Koller (vereinslos) und Thorsten Fink (FC Basel).

Am kommenden Sonntag kommt es übrigens zum Duell zwischen dem Hamburger SV und Schalke 04. Letzterer Klub vielleicht bereits mit Huub Stevens als Trainer. Manchmal schreibt die Bundesliga eben doch ganz wunderbare Geschichten.

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