Trainersuche beim BVB:Das Gegenteil von Jürgen Klopp

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Wackelkandidat? Lucien Favre soll sich mit dem BVB einig sein. (Foto: dpa)
  • In Dortmund scheint die Trennung von Trainer Peter Stöger festzustehen.
  • Wird Lucien Favre sein Nachfolger? Der könnte erst das Saisonendspiel gegen Hoffenheim abwarten wollen.
  • Danach steht fest, ob der BVB in der kommenden Saison in der attraktiven Champions League spielt.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Ins neue Trikot von Borussia Dortmund ist ein Herzschlag eingewebt, eine Art Zickzack wie beim EKG. Der symbolisch erhöhte Puls könnte in den nächsten Tagen noch in größeren Stress ausarten, denn beim BVB steigt vor allerhand wegweisenden Entscheidungen die Nervosität. Während die Elf am Wochenende in Hoffenheim um die Qualifikation für die Champions League spielt, ziehen sich die Planungen für die nächste Saison hin.

Immerhin scheint nun klar zu sein, dass die Profis einen neuen Trainer vorgesetzt bekommen. Die Indizien sind eindeutig. Am Samstag sagte der aktuelle Trainer Peter Stöger in ein ZDF-Mikrofon: "Ich habe eine Aufgabe, die werden wir fertig machen." Am Sonntag sagte dann der BVB-Mittelfeldspieler Sebastian Rode in einer Sky-Talkrunde: "So, wie Peter Stöger sich in der Kabine ausdrückt, gehen wir davon aus, dass wir nächste Saison einen neuen Trainer haben werden." Und am Montag dann sagte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke: "Dafür werden wir Sebastian Rode sanktionieren." Watzkes Reaktion suggerierte: Rode sagt die Wahrheit, er durfte sie allerdings nicht verraten.

"Eine Leistung zum Schämen" erkannte Manager Michael Zorc beim 1:2 gegen Mainz

Beim jüngsten 1:2 gegen Mainz, der ersten Heimniederlage unter Stöger in der Bundesliga, kam noch ein gewichtigeres, auf Abschied deutendes Indiz hinzu: Die Elf spielte zum wiederholten Male uninspiriert und mit der Körpersprache von Skatspielern - denen man mit diesem Vergleich womöglich noch Unrecht tut. "Es ist eine Saison der Höhen und Tiefen", sagte Stöger hinterher. Auf die Frage, welche Erklärung er fürs ständige Auf und Ab habe, antwortete er: "Für Erklärungen wäre ich dankbar." Der Österreicher findet keinen Ansatz und keine klare Idee für diese Elf.

Bundesliga
:Watzke kündigt Sanktionen gegen Rode an

Der BVB-Profi hatte in einem Interview erzählt, er gehe von einem neuen Trainer in der kommenden Saison aus. In Frankreich soll der Schiedsrichter, der nachgetreten hat, Schiedsrichter des Jahres werden.

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Nun gibt es da allerdings einen Schweizer, der hat in Mönchengladbach bereits sehr erfolgreich mit den Dortmunder Spielern Marco Reus und Mahmoud Dahoud zusammengearbeitet; ein Schweizer, der auch mit den Schweizer BVB-Fußballern Roman Bürki und Manuel Akanji, dem wohl künftigen Zweittorwart Marwin Hitz aus Augsburg sowie dem Schweizer Nationalmannschaftskapitän Stephan Lichtsteiner, 34, über dessen bevorstehenden Wechsel von Juventus Turin zum BVB am Montag Medien aus der Schweiz und Italien berichteten, gut zusammenarbeiten könnte: Lucien Favre ist Favorit auf den Trainerposten in Dortmund.

Favre hat in Gladbach zwischen 2011 und 2015 bewiesen, dass er vor allem junge Spieler bessermachen kann. Als Typ ist er ungefähr des Gegenteil des ewigen Dortmunder Helden Jürgen Klopp, er gilt als eigenbrötlerisch, manche sagen kauzig. Nach seiner Entlassung bei Hertha BSC im Jahr 2009 veranstaltete er eigenmächtig eine Pressekonferenz, um die Hertha-Führung zu attackieren, und in Mönchengladbach trat er 2015 nach fünf Spieltagen gegen den Willen der Klubführung zurück. Sein Berater rief damals bei den Nachrichtenagenturen an, um den Rücktritt vermelden zu lassen. Favre kann seltsam sein.

Der 60-Jährige darf seinen aktuellen Klub OGC Nizza gegen die Zahlung einer niedrigen einstelligen Millionensumme in diesem Sommer verlassen. Watzke und BVB-Sportdirektor Michael Zorc sollen sich nach Berichten der französischen Sportzeitung L'Équipe mit Favre auf eine Zusammenarbeit verständigt haben. Aus Frankreich hört man aber auch, dass die Verabredung durch das 1:2 gegen Mainz noch einmal etwas wackelig geworden sei - weil es der BVB bislang versäumt hat, sich sicher für die Champions League zu qualifizieren. Im Dortmunder Horrorszenario verliert man am kommenden Samstag nun mit zwei Toren Differenz bei der TSG Hoffenheim, während sich Bayer Leverkusen gegen Hannover 96 in einen Rausch spielt und 5:0 gewinnt.

Sollte genau dies passieren, wäre Dortmund Fünfter und hätte die Champions League verpasst - was Favre laut L'Équipe bewegen könnte, vielleicht doch nicht zu kommen. Die Champions-League-Teilnahme sei Bestandteil der Verabredung, so ist zu hören, und Favre stehe auch auf einer Shortlist beim FC Arsenal in London.

Ausgerechnet der BVB-Lieblingskandidat Julian Nagelsmann könnte die Dortmunder am Samstag also in die Bredouille stürzen - jener Hoffenheimer Trainer, den der BVB bereits im vorigen Sommer gern verpflichtet hätte. Auch in diesem Sommer wird Nagelsmann Hoffenheim kaum verlassen können, erst im Sommer 2019 greift eine Ausstiegsklausel - und ohnehin soll Mäzen Dietmar Hopp keine große Lust verspüren, sein Trainertalent zu einem direkten Konkurrenten ziehen zu lassen.

Dortmunder Horrorszenario

Die Dortmunder wären also ziemlich gut beraten, sich bei Nagelsmanns Hoffenheimern die Champions-League-Qualifikation zu sichern; ein BVB mit einem minderwertigen Europa-League-Ticket wäre ebenso unattraktiv für namhafte Trainer wie für Aktienanleger. Diesem Dortmunder Horrorszenario würde wohl ein kleiner Kurscrash folgen und womöglich auch eine Hängepartie in der Stöger-Nachfolge.

Aber einstweilen hoffen sie beim BVB, dass die Niederlage gegen Mainz erst mal einen positive Wirkung zeigt. Manager Zorc, der die Leistung der Spieler vor einigen Wochen als "Beamtenfußball" diskreditierte, nannte die jüngste Vorstellung nun "eine Leistung zum Schämen". Spannend wird also die Woche im Trainingszentrum im Ortsteil Brackel, wo der auf Abruf arbeitende Trainer Stöger den Spielern ultimativen Einsatz fürs Endspiel in Hoffenheim abverlangen soll. Dass der ins Trikot eingewebte Herzschlag da nicht besonders weiterhilft, weiß man bereits.

© SZ vom 08.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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