Trainerfrage bei Bayern:Guardiola-Flüsterer prescht vor

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Philipp Lahm (l.) holt sich beim Supercup gegen den VfL Wolfsburg Anweisungen von Trainer Pep Guardiola ab.

(Foto: AFP)
  • In München wollen alle möglichst schnell mit Trainer Pep Guardiola den Vertrag verlängern.
  • Kapitän Philipp Lahm fungiert dabei als Botschafter - er versteht den Spanier bestens.
  • Auf eine Antwort von Guardiola müssen die Bayern-Verantwortlichen aber weiterhin warten.

Von Benedikt Warmbrunn

In seinen zwölf Jahren als Fußballprofi hat Philipp Lahm seinen Namen für viele Projekte eingesetzt, er hat eine Stiftung für benachteiligte Kinder in Deutschland und Afrika gegründet, er ist Botschafter der SOS-Kinderdörfer, er ist Lesebotschafter, er war Botschafter der Philipp-Lahm-Kampagne (Lahm ins Mittelfeld!), außerdem ist er Gesellschafter und Markenbotschafter einer Firma für Pflegeprodukte; besonders empfiehlt Lahm deren Vierfachseife (desinfiziert, deodoriert, schützt vor Pilzbefall, rückfettende Wirkung). Am Samstagabend nun setzte er seinen Namen ein, um für eines der spannendsten Projekte der jüngeren Vereinsgeschichte des FC Bayern zu werben: für eine Verlängerung der Ära des Trainers Pep Guardiola.

Am Nachmittag hatte das Team den 1. FC Köln 4:0 (2:0) besiegt, es war der zehnte Sieg im zehnten Ligaspiel in dieser Saison, der 1000. Sieg insgesamt in der Bundesliga-Geschichte des Vereins, aber all das sind Rekorde, die in der Siegesserie der vergangenen Jahre fast schon nebensächlich daherkommen. Den FC Bayern treibt weiter ein ungestillter Hunger nach Titeln an, und wie so viele im Verein ist Philipp Lahm der Meinung, dass eben Pep Guardiola am ehesten geeignet sei, diesen Hunger zu stillen, zumindest vorübergehend.

Mannschaft wünscht sich die Vertragsverlängerung

"Ja", sagte Lahm, er habe dem Trainer mitgeteilt, dass er sich wünsche, dass dieser seinen im Sommer auslaufenden Vertrag verlängert. Der Kapitän und Klassensprecher hat dabei offenbar nicht nur eine Einzelmeinung vorgetragen, er sprach für all seine Mitspieler: "Ich kann nur sagen, was die Mannschaft möchte, und das ist, dass der Trainer bleibt." Er sagte aber auch den entscheidenden Nachsatz: "Alles andere liegt nicht in unserer Hand."

Am Samstag haben sie beim FC Bayern nicht zum ersten Mal in diesem Jahr für eine Vertragsverlängerung mit Guardiola geworben, sie preisen ihn ja seit Monaten an wie die Vierfachseife des internationalen Fußballs (infiziert mit Taktik, deodoriert die Erscheinung des Vereins, schützt vor Rumpelfußball, tief greifende Wirkung).

Ist Bayern die schönste Braut?

Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge zum Beispiel hat die Verlängerung als persönliche Herausforderung angenommen, sie ist ihm so wichtig, dass er die Frist für die Gespräche immer weiter nach hinten schiebt. Im Januar sagte er, dass er nach dem Saisonende mit Guardiola reden werde. Nach dem Saisonende sagte er, dass in der zweiten Jahreshälfte Gespräche stattfinden sollten. Und jetzt, in der zweiten Hälfte der zweiten Jahreshälfte, sagt Rummenigge, dass die Gespräche "bis zum Jahresende" stattfinden würden.

Nun wissen sie beim FC Bayern, dass diese Frist auch am 23. oder am 31. Dezember noch gilt. Sie wissen aber weiterhin nicht, was ihnen Guardiola in einem solchen Gespräch sagen würde. "Es liegt viel pro Bayern München auf dem Tisch, aber es gibt wahrscheinlich auch andere Bräute, die gut aussehen", sagte Rummenigge vor wenigen Tagen: "Wir sind durchaus optimistisch, dass Pep Guardiola am Ende des Tages in München bleibt." Es waren Sätze voller Hoffnung. Aber auch Sätze ohne Fakten.

Aus Guardiolas Umfeld ist bisher lediglich zu hören, dass es nichts zu hören gibt; der Katalane hat anscheinend wirklich noch nicht entschieden, was er vom Sommer 2016 an machen wird - er könne sich aber ein weiteres Jahr in München gut vorstellen. Es könnte ihn aber auch eines der Angebote aus England reizen. Oder er legt ein Sabbatical ein, wie nach seiner Zeit in Barcelona, wo ihn vor dem Ende seiner Amtszeit auch der gesamte Verein um eine Verlängerung bat. Damals ging Guardiola nach New York, nun könnte es ein Jahr in London werden, wo sein Bruder lebt.

Lahm ist der ideale Botschafter

Dass nun ausgerechnet Lahm ein Gespräch mit dem Trainer gesucht hat, beschreiben intime Guardiola-Kenner als eine geschickte Strategie. Guardiola schätzt seinen Kapitän, er fühlt sich von ihm am besten verstanden in den Fragen, die ihm wichtig sind, in Fragen also, in denen es um den Fußball geht, den er spielen lassen will. Entscheidend für eine Verlängerung wird daher sein, ob Pep Guardiola der Meinung ist, dass ihn andere im Verein ähnlich gut verstehen wie Lahm.

Doch selbst der Mann mit dem Gespür für den Trainer konnte am Samstag nicht weiterhelfen in dieser Diskussion, die sich wohl noch über Wochen strecken wird. Wie Guardiola auf seine Bitte reagiert habe, "sage ich nicht", sagte Lahm, "das sind Vier-Augen-Gespräche, und die sollen dann auch intern bleiben". Manuel Neuer versicherte nur, dass der Trainer "keine Signale gegeben" habe; die Art, wie er mit der Mannschaft arbeite, stimmt den Torwart jedoch "positiv". Und Arjen Robben sagte: "Ich hoffe, dass er noch ganz lange bleibt bei diesem Verein. Letztendlich kann aber nur einer darüber was sagen."

Doch dieser eine sagt weiterhin nichts.

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