Trainer in München:Bayerns Bosse verführen Heynckes nun gemeinsam

Bundesliga - Bayer Leverkusen vs Bayern Munich

Wenn es nach den Bayern-Bossen geht, soll Jupp Heynckes (re.) Trainer bei den Münchnern bleiben.

(Foto: REUTERS)
  • Der FC Bayern treibt die Planungen für die Zukunft voran. Auf der Agenda stehen zahlreiche Spieler - und Trainer Jupp Heynckes.
  • Klubchef Karl-Heinz Rummenigge will sich nun selbst im Werben um die Dienste des 72-Jährigen einschalten.
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Von Philipp Selldorf, Leverkusen

Als die Spieler von Bayern München ihren 3:1-Sieg in Leverkusen feierten, wussten sie nicht, wie knapp sie dem kapitalen Fehlstart in die Rückrunde entkommen waren. Der amtierende und möglicherweise auch künftige Meister hatte kurz vor einer Niederlage gestanden. Davon hatte er zwar ebenso wie die 30 000 Zuschauer in der BayArena und zig Millionen vor den Fernsehern nichts mitbekommen, das lag aber bloß daran, dass all diese Menschen nicht über Heiko Herrlichs kühne Vorstellungskraft verfügen. Der Trainer von Bayer Leverkusen hatte bereits den Sieg vor Augen, nachdem seine Mannschaft den Anschlusstreffer zum 1:2 erzielt hatte (71.) und sich danach pflichtbewusst um den Ausgleich bemühte: "Da habe ich sogar geglaubt, dass wir noch gewinnen können", verriet er später.

Es ist kein schlechtes Mittel, in Visionen Zuflucht zu nehmen, wenn die Bundesligaklubs gegen Bayern München antreten. Die Wirklichkeit ist grausam und trostlos. Sie sieht aus wie in Leverkusen, wo die Bayern nach Kevin Vollands 1:2 ungefähr fünf Minuten etwas Druck aushalten mussten, bevor sie dann wie eine behelmte und gepanzerte Polizeitruppe die Ordnung auf dem Feld wiederherstellten.

Zuschauer, die eine finale Offensive der Leverkusener erwarteten, warteten vergeblich. Die Bayern unterdrückten den Versuch eines Sturmlaufs, und schließlich erzielte James Rodriguez per Freistoß höchst elegant das 3:1, und Kapitän Thomas Müller gab bekannt, dass er mit dem Tagwerk zufrieden sei. Dieser Sieg enthalte eine Botschaft, die man der Welt habe mitteilen wollen: "Dass mit uns nicht zu spaßen ist." Was leider ernst gemeint ist.

Selbst der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge erkennt inzwischen an, dass die Münchner Übermacht für die Konkurrenz frustrierend und für die Anziehungskraft der Bundesliga schädlich ist. "Wenn ein Klub zu weit von den Tabellenplätzen zwei, drei und vier entfernt ist, dann leidet die Emotion", sagte er am Sonntag im Gespräch mit dem TV-Sender Sky. Auch er selbst vermisst offenbar die Glücksgefühle eines hart erkämpften Erfolgs, der schönste Titelgewinn ist für Rummenigge ja immer noch jener von 2001, als man den Schalkern im letzten Moment die Schale aus den Händen riss.

Die Bedrückung der Bayern geht jedoch nicht so weit, dass sie zugunsten der abgeschlagenen Konkurrenz den eigenen Erfolg vernachlässigen möchten. Im System des europäischen Fußballs ist ihnen Stillstand nicht gestattet, weshalb Rummenigge die offenbar unmittelbar bevorstehende Verpflichtung des Nationalspielers Leon Goretzka, 22, als Erfolg im ewigen Konkurrenzkampf betrachtet. Selbstredend nicht, weil man dadurch den Rivalen Schalke 04 schwächt (der ja gar kein Rivale ist), sondern weil andere europäische Großklubs wie Real Madrid, der FC Barcelona oder Juventus Turin den ablösefrei erhältlichen Mittelfeldmann ebenfalls gerne verpflichtet hätten. Den Wechsel nach München im Sommer wollte Rummenigge zwar noch nicht definitiv bestätigen ("Jetzt muss sich der Spieler entscheiden"), dies scheint aber eher eine Geste der Höflichkeit in Richtung Gelsenkirchen zu sein.

Rummenigge will keinen "Dankvertrag" verteilen

Umgangsformen sind in München ohnehin ein wichtiges Thema. Nach dem Spiel in Leverkusen war nicht das Spiel in Leverkusen das herrschende Thema, stattdessen ging es um die offenen Vertragsfragen in der Profiabteilung. Es begann bei Franck Ribéry, der sein Tor zum 2:0 mit einem demonstrativen Bayern-München-Gelöbnis vor der Fankurve feierte, setzte sich fort beim stolzen Arjen Robben ("Wenn der Verein anders entscheidet, bin ich am Ende der Saison frei und habe auch dann ein paar Optionen") und betraf auch den guten Torwart Sven Ulreich, der aber statt über die eigene Vertragsverlängerung lieber Werbung für den Verbleib von Ribéry machte: "Brutal wichtig" sei der Franzose für die Mannschaft, "spritzig und torgefährlich" wie eh und je, "er zeigt auch mit seinen 35 Jahren den Jungen, wo es lang geht". Rummenigge möchte aber erst sehen, ob die alten Herren Ribéry & Robben auch in den kommenden Monaten Großes leisten, wenn die Gegner womöglich Real Madrid oder Manchester City heißen. Die Frage sei: "Sind die beiden noch so bedeutsam wie in den vergangenen Jahren?" Einen "Dankvertrag" werde es nicht geben.

Einigen Akteuren wollen die Bayern also einen Vertrag am liebsten aufzwingen (Ulreich, Goretzka), anderen umständehalber noch vorenthalten (Robben, Ribéry). Es gibt aber noch eine dritte Kategorie von Personalien. Dem Trainer Jupp Heynckes, 72, etwa würden sie ja am liebsten sofort ein neues Vertragswerk für die nächste Saison zustellen lassen, doch gibt es derzeit noch Bedenken, dass der die Post gleich wieder zurückschicken könnte. Rummenigge kündigte an, die aktuelle "Charme-Offensive" des Präsidenten Uli Hoeneß "mit der notwendigen Eleganz begleiten" zu wollen und begann damit gleich im Sky-Fernsehstudio, indem er Heynckes als "wunderbaren Menschen" und Lieblingstrainer nahezu aller Bayern-Spieler würdigte. Man werde diesen "Trainer der Extraklasse" nicht kampflos aufgeben, und es sei deshalb auch "nicht auszuschließen, dass Jupp Heynckes am 1. Juli noch auf der Trainerbank sitzt".

Darüber hinaus erklärte Rummenigge, der Verein habe "entschieden, dass wir eine deutschen Trainer wollen - und Jupp Heynckes wäre der idealste deutsche Trainer". Damit Heynckes unter dem Druck der Sympathien seinen Widerstand gegen die Weiterbeschäftigung aufgibt, sind die Münchner offenbar sogar bereit, die Trainerfrage notfalls erst im Mai oder Juni zu lösen. Bei Heynckes, meinte Rummenigge, müsse man "auch ein Stück diese Geduld haben". Rummenigge lobte zwar auch den derzeit stellungslosen Kandidaten Thomas Tuchel ("ein sehr guter Trainer"), die Favoriten hinter Jupp Heynckes dürften derzeit dem Vernehmen nach aber eher Jürgen Klopp (FC Liverpool) und Niko Kovac (Eintracht Frankfurt) sein.

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