Trainer Huub Stevens bei Paok Saloniki:Fast wie auf Schalke

Dutch coach of PAOK Saloniki Huub Stevens

Huub Stevens war von 1996 bis 2002 und noch einmal von 2011 bis 2012 Coach von Schalke 04. Seit dieser Saison trainiert er Saloniki.

(Foto: dpa)

Verrückte Fans, 28 Jahre ohne Meistertitel, eine annähernd überstandene Schuldenkrise: Huub Stevens erlebt in Griechenland bei Paok Saloniki einige Parallelen zu seiner Zeit bei Schalke 04. Sentimentalitäten verbittet sich der Niederländer vor dem Duell in der Champions-League-Qualifikation trotzdem.

Von Philipp Selldorf, Gelsenkirchen

Durch einen Anruf bei seinem früheren Spieler Kyriakos Papadopoulos hat der Trainer Huub Stevens erfahren, dass Paok Saloniki nicht nur das Renommee eines großen Traditionsvereins besitzt, sondern auch für seine verrückten Fans bekannt ist. Papadopoulos, Schalkes zurzeit verletzter Innenverteidiger, darf als glaubwürdiger Zeuge gelten: Er stammt aus Katerini im Norden Griechenlands, nicht weit entfernt von Thessaloniki, und gilt außerdem selbst auf eine liebenswerte Weise als verrückt. Doch was die Paok-Fans angeht, hat er untertrieben.

Die Paok-Fans sind nicht dafür bekannt, sich liebenswert zu verhalten, weshalb das vereinseigene Stadion "Toumba" weitgehend leer sein wird, wenn der Vorjahreszweite von Griechenland am nächsten Dienstag die Schalker zum Rückspiel empfängt. Wegen Ausschreitungen beim Match gegen Rapid Wien vor einem Jahr bleibt das Publikum ausgeschlossen. Im berüchtigten Block "Gate 4", wo die Ultras stehen und die Unruhen entstanden, mischte bis vor kurzem auch ein bärtiger, alter Priester mit, der als "Papa Paok" firmierte. Seine Fan-Karriere endete, als ihn das Bistum Thessaloniki für den Besuch von Spielen sperrte, weil es um sein Ansehen als Geistlicher fürchtete.

Die Aussicht, das Rückspiel im leeren Stadion auszutragen, stimmte Huub Stevens schon vor dem Hinspiel wehmütig. "Ein Spiel ohne Publikum, das ist nicht schön, das kann ich euch sagen", erklärte er, nachdem er unter allerlei Begrüßungen und Umarmungen im Pressesaal des Stadions Einzug gehalten hatte. Weitere Sentimentalitäten untersagt er sich, und Skrupel, seine Schalker aus dem Wettbewerb zu werfen, sind für ihn sowieso unangebracht. "Da muss ich professionell sein. Natürlich wäre es nicht so schön, wenn es so sein würde, aber auf der anderen Seite freue ich mich darauf." Außerdem sei Paok "krasser Außenseiter".

Seitdem Stevens im Juli den Job angetreten hat, erlebt er in Saloniki manches, was er aus Gelsenkirchen kennt: Er arbeitet in einem Klub, der sich mal wieder aus einer Schuldenkrise erhebt, und der nach 28 Jahren Entzug davon träumt, den Meisterpokal zu gewinnen. Laut Fachpresse mit Recht. Der Start ist gelungen, Stevens' Ligadebüt brachte ein 3:0 gegen Skoda Xhanti.

Wichtigster Mann im Verein ist ein Russe. Ivan Savvidis, der Klubbesitzer, wurde vor 54 Jahren im sowjetischen Georgien geboren. Der Geschäftsmann und Politiker, Mitglied der Duma, hat griechische Wurzeln, er ist Präsident der griechischen Gemeinden in Russland und ist nicht der typische neureiche Oligarch. Seit Savvidis den Verein entschuldet hat, wird moderat investiert. Von Fenerbahce Istanbul kam der slowakische Angreifer Miroslav Stoch, aus Moskau der tschechische Nationalspieler Tomas Necid, aus Lemberg (Ukraine) der spanische Regisseur und Standardspezialist Lucas. Die griechischen Nationalspieler Katsouranis - Europameister von 2004 -, und Salpingidis sind weitere Stützen.

Dass eine seiner ersten Amtshandlungen die Trainerlegende Huub Stevens nun zurück nach Schalke führt - nur ein paar Monate, nachdem er dort im Dezember 2012 entlassen wurde -, klingt nach einem irren Scherz des Schicksals. Aber auch das hat es schon mal gegeben. Vor 30 Jahren traf Paok im Uefa-Cup mit dem Trainer Pal Csernai auf Bayern München - ein paar Monate, nachdem der Ungar dort entlassen worden war. Beide Spiele endeten mit dem idealen Huub-Stevens-Ergebnis: 0:0. Im Elfmeterschießen gewannen die Bayern 9:8.

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