Tour de France:Froomes Vorsprung

Die erste schwere Alpenetappe mit dem Sieg des Russen Sakarin bringt wohl auch die Gesamt-Entscheidung für die 103. Tour. Der Brite Froome liegt 2:27 Minuten vor seinem ärgsten Rivalen Mollema, der offenbar keinen erfolgreichen Angriff mehr setzen kann.

Von Johannes Aumüller, Finhaun-Emosson

Christopher Froome griff noch einmal zum Mikrofon, das während der Rennen stets an seiner Brust befestigt ist. Er zischte noch so etwas ähnliches wie "Thank you, guys", und dann ließ er sich von einem Betreuer seiner Mannschaft ein ordentliches Stück weiterschieben, vorbei an den vielen Menschen, die im Weg herumstanden. Es war ein ganz und gar regelkonformes Anschieben, die Veranstalter hatten sich nämlich noch eine letzte psychologische Gemeinheit ausgedacht nach all den Strapazen dieser ersten Alpenetappe. Kaum rollten die Fahrer bei der Bergankunft über die Ziellinie, mussten sie gleich noch mal 300 Meter weiter bergan fahren - und zumindest für die Spitzenfahrer wie den Maillot-Jaune-Träger standen dann ein paar Betreuer parat.

Froome wirkte durchaus verausgabt, aber dazu gab es auch allen Grund nahe des glitzerndes Alpen-Stausees Lac d'Emosson. Denn während sich vorne als letzter Verbliebener einer Ausreißergruppe der Russe Ilnur Zakarin aus der umstrittenen Katjuscha-Mannschaft den Tagessieg sicherte, durfte der Titelverteidiger ein paar Minuten später ein paar erfreuliche Erkenntnisse für sich verbuchen. Erstens verteidigte er sein Trikot, zweitens baute er den Vorsprung in der Gesamtwertung auch noch aus auf nun 2:27 Minuten auf den Niederländer Bauke Mollema (Trek) - und drittens, und vielleicht am wichtigsten, zeigte sich, dass der Kolumbianer Nairo Quintana den von ihm erwartete Alpen-Angriff offenkundig nicht leisten kann. Der Movistar-Kapitän liegt nun schon 3:27 Minuten zurück, und am Donnerstag steht auf der 18. Etappe ein Bergzeitfahren über 17 Kilometer an. Da dürfte bei einem normalen Verlauf die Differenz zwischen den beiden eher anwachsen denn schrumpfen.

Es war erstaunlich, wie Froomes Mannschaft Sky auch diesen Tag weitgehend im Griff hatte. Einmal wirkte das geradezu ulkig, als am letzten Berg Astana-Chef Fabio Aru seine Helfer nach vorne beorderte, um eine Attacke vorzubreiten: Erst fuhr der eine Helfer, dann der andere Helfer, und dann waren die beiden einfach weg, und Aru wunderte sich, warum die beiden schon weg waren - und die Attacke blieb aus. Also übernahm wieder Sky, bis kurz vor dem Ziel Froomes früherer Edelhelfer Richie Porte (jetzt BMC) losfuhr und lediglich Froome mithalten konnte. Quintana verlor 28 Sekunden, Mollema gar 40. "Ein Unterschied unseres Teams zu anderen Teams ist es, dass wir neun Leute sind, die einfach nur ein Ziel haben", sagte Froome. Und wie er da so die letzten Meter hinter Ex-Edelhelfer Porte gen Ziel fuhr, erinnerte das an gemeinsame Auftritte der beiden fürs Sky-Team im Vorjahr - und sah es für einen Moment so aus, als habe Froome zu allem Überfluss auch noch einen neunten Helfer an seiner Seite.

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