Tour de France:Dramen auf der zehnten Etappe

Tour de France: Hat nun gute Chancen auf den Gesamtsieg bei der Tour de France: der Italiener Vincenzo Nibali.

Hat nun gute Chancen auf den Gesamtsieg bei der Tour de France: der Italiener Vincenzo Nibali.

(Foto: AP)

Alberto Contador kommt von der Straße ab, Tony Martin leistet Übermenschliches: Die zehnte Etappe der Tour de France bietet ein dramatisches Schauspiel, aus dem der Italiener Vincenzo Nibali am Ende als Sieger hervorgeht. Es bleibt die Frage, wer ihn jetzt noch aufhalten soll.

Für Alberto Contador enden die Tour-Träume im Straßengraben, für Tony Martin scheinen die menschlichen Grenzen fast außer Kraft gesetzt zu sein. Auf einer spektakulären Etappe durch die verregneten Vogesen nach La Planche des Belles Filles hat die 101. Frankreich-Rundfahrt ihren nächsten Hauptdarsteller auf tragische Weise verloren.

Nach einem schweren Sturz musste der zweimalige Tour-Champion Contador auf der zehnten Etappe am Montag mit großen Schmerzen das Rennen beenden. Der Spanier zog sich einen Schienbeinbruch zu. Das teilten die Renn-Organisatoren der nach einer ersten Untersuchung mit.

Damit war am französischen Nationalfeiertag der Weg für den Italiener Vincenzo Nibali frei: Der Girosieger von 2013 holte sich mit seinem souveränen Tageserfolg das am Sonntag an den Franzosen Tony Gallopin verlorene Gelbe Trikot zurück.

Wer soll Nibali jetzt noch stoppen?

Zuvor hatte die Tour auf dem Weg zur ersten Bergankunft aber eine zweite Sensationsfahrt von Martin innerhalb von nur 24 Stunden erlebt. Nach seinem atemberaubenden Etappensieg in Mulhouse am Sonntag, als er eine 155-Kilometer-Flucht gekrönt hatte, schien ihn das Bergtrikot auf seinen Schultern weiter zu beflügeln.

Wie schon am Vortag schaltete der dreimalige Zeitfahr-Weltmeister seinen Hochgeschwindigkeitsmotor ein, fuhr mit fast spielerischer Leichtigkeit zu einer Fluchtgruppe auf und bildete über 70 Kilometer während des schweren Streckenverlaufs die Lokomotive für seinen polnischen Kapitän Michal Kwiatkowski. Erst 20 Kilometer vor dem Ziel war Martin dann doch mit seinen Kräften restlos am Ende und verlor noch viele Minuten.

Auf dem Schlussanstieg schlug die Stunde des neuen Patrons Nibali. Perfekt von seinem Astana-Team zur letzten Steigung herangeführt, stürmte der "Hai von Messina" die Rampen zur Skistation in 1035 Metern Höhe hinauf und fuhr mit seinem zweiten Tour-Etappensieg zurück ins Gelbe Trikot. Damit stellt sich bereits vor den Bergprüfungen in Alpen und Pyrenäen die Frage, wer den Italiener auf den noch folgenden elf Etappen aufhalten soll.

Der Australier Richie Porte hat als Gesamtzweiter bereits einen Rückstand von 2:23 Minuten. Und die Konkurrenz eliminiert sich weiter selbst. Am Montag erwischte es Contador, nachdem in der Vorwoche bereits Vorjahressieger Chris Froome und Andy Schleck, der Gesamtsieger von 2010, nach Stürzen aufgeben mussten. Der Spanier, als Topfavorit gestartet, beendete das Rennen nach einem Sturz 80 Kilometer vor dem Ende der zehnten Etappe mit schmerzverzerrtem Gesicht.

Bitteres Ende für Contador

Contadors folgenschwerer Sturz ereignete sich auf der Abfahrt des Petit Ballon gut 95 Kilometer vor dem Ziel. Dabei verletzte er sich auch am rechten Knie, das bandagiert werden musste. Sein Bein war blutverschmiert, das Trikot verdreckt und die Hose zerfetzt. Der Tour-Champion von 2007 und 2009 musste Rad und Schuhe wechseln. Er verlor vier Minuten bei dem ungewollten Zwischenstopp. Wie paralysiert ließ er die Behandlungen durch den Tour-Arzt über sich ergehen, stieg aber trotzdem noch einmal auf sein Rad.

Zusammen mit seinen Teamkollegen setzte er die Fahrt fort, 15 Kilometer später sah er die Aussichtslosigkeit seiner Lage ein. Er legte kurz den Arm um Kollege Michael Rogers, dann beendete er seine persönliche Tour der Leiden und setzte sich in den Begleitwagen zu Teamchef Bjarne Riis. "Vor der Aufgabe hat uns Alberto gesagt, dass er überall Schmerzen habe und es so keinen Sinn mache. Bis heute war alles gut gegangen. Unser Plan war klar. Das Rennen verlief auch absolut planmäßig. In dem Bruchteil einer Sekunde ist alles schief gegangen", sagte Contadors Sportdirektor Philippe Maudit.

Für Contador ist der Ausfall besonders bitter. Der 31-Jährige war in herausragender Form angereist, die er mit 2009 verglich, als er die Tour beherrscht hatte. So ging das große Spektakel ohne Contador weiter. Nachdem der große Windschatten von Martin aufgebraucht war, setzte sich Joaquin Rodriguez auf dem 5,9 Kilometer langen Schlussanstieg mit durchschnittlich 8,5 Prozent Steigung ab. Den Sieg vor Augen wurde der Spanier von Nibali und weiteren Fahrern noch ein- und überholt. 15 Sekunden hinter Nibali wurde der Franzose Thibaut Pinot Tageszweiter.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: