Toni Schumachers Rückkehr nach Köln:Mach et, Tünn

Vom Dissidenten zum Heiland: Toni Schumacher soll in den Vorstand des 1. FC Köln rücken und helfen, den Niedergang des Krisenklubs zu stoppen. Dabei war die Beziehung zwischen dem Verein und einem seiner größten Fußballer seit Jahren schwierig - doch die Animositäten ruhen jetzt, schließlich braucht man am Rhein einen ruhestiftenden Retter.

Philipp Selldorf, Köln

Toni Schumacher, 57, hat auf diesen Anruf viele, viele Jahre warten müssen. Als er ihn dann vor anderthalb Wochen entgegennahm, war er überrascht bis entgeistert. "Was ist denn da los?", ging es ihm durch den Kopf, "das ist doch ein Scherz." Eigentlich ist es aber nur folgerichtig, dass dem 1. FC Köln jetzt die Idee gekommen ist, Toni Schumacher in seinen Vorstand aufzunehmen.

Toni Schumacher

Ausladende Mähne und kurze Hosen: Toni Schumacher als Kölner Keeper im Jahr 1980.

(Foto: imago sportfotodienst)

Als Idol des Klubs hat er seinen Platz in derselben Ehrengalerie, in der Männer wie Hans Schäfer, Wolfgang Overath, Pierre Littbarski oder Lukas Podolski verewigt sind. Dennoch führte er seit seinem Rausschmiss vor 25 Jahren aus der Profimannschaft (infolge seiner umstrittenen Memoiren) eine Art Dissidenten-Dasein jenseits des Geißbockheims.

Er lebte mitten in Köln, war im Fußball als Geschäftsmann und Medienexperte unterwegs, aber vom Geschehen beim FC blieb er ausgeschlossen. Ihm kam es vor, als habe ihn sein Heimatklub verstoßen.Rainer Calmund steht Pate Dieses Gefühl einer andauernden Kränkung hat er nicht versteckt, als er am späten Mittwochabend im Müngersdorfer Stadion als Kabinettsmitglied des vom Klub ausgewählten Präsidentschaftskandidaten Werner Spinner der Öffentlichkeit präsentiert wurde.

Schumacher erzählte: "Immer wieder haben mich die Leute gefragt: Sag mal Toni, warum machst Du nichts beim FC?" Standardantwort: "In den 25 Jahren hat ja nie einer gefragt." Am Mittwoch ging vorübergehend das Gerücht um, der Mann fürs Sportliche in Spinners Regierungsmannschaft solle Reiner Calmund werden.

Das erwies sich zwar als spektakuläre Falschmeldung, führte aber auf eine richtige Fährte. Werner Spinner, 63, in Köln geboren und FC-Fan, "seitdem ich laufen kann", hat bis 2003 für die Bayer AG gearbeitet, einige orthodoxe Anhänger halten ihn deshalb tatsächlich für suspekt. Bis in den Vorstand des Konzerns führte ihn sein Weg, so hat er auch den Bayer-04-Manager Calmund kennengelernt.

Calmund als treuer Helfer

Und Calmund hat wohl auch mit seinen Ratschlägen dazu verholfen, Schumacher als zweiten Vize-Präsidenten neben dem Karnevalskomitee-Chef Markus Ritterbach auszuwählen. Calmunds Ratschläge scheinen ohnehin im ganzen Land begehrt zu sein: Der Berliner Hertha hat er neulich bereits den Trainer Otto Rehhagel erfolgreich ans Herz gelegt. Schon als Profi hatte sich Schumacher zu dem Wunsch bekannt, eines Tages Präsident des FC werden zu wollen.

Er stellte sich damals vor, den Verein als bezahlter Vorstandschef zu führen - eine Führungsposition mit ausgeprägter Autorität, die seinem starken Selbstbewusstsein entsprochen hätte. Ganz so weit werde es nun zwar nicht kommen, gab er am Mittwoch gut gelaunt bekannt, "aber immerhin bin ich schon mal ein Drittelpräsident". Bevor er dieses Ehrenamt erhält, müssen ihm die Mitglieder bei ihrer Vollversammlung am 23. April allerdings das Vertrauen schenken, mit Prognosen muss man demnach vorsichtig sein.

Bis zum Konvent stehen noch unruhige Wochen bevor. Dafür garantiert schon das oppositionelle Schattenkabinett mit dem ehemaligen FC-Manager Karl-Heinz Thielen an der Spitze. Thielen hat eine Kampfkandidatur angekündigt. Der Klub will versuchen, ihm diesen Entschluss auszureden. "Nichts ist schädlicher als eine Spaltung des Vereins", betonte Spinner. Beide Gruppen eint immerhin eines: Mit der Wolfgang-Overath-Partei im Klub haben sie wenig gemein.

Die größtmögliche Unruhe wird derzeit ohnehin von der Mannschaft fabriziert, die den Klub in höchste Abstiegsgefahr gebracht hat. Toni Schumacher soll, auch ohne Mandat der Mitglieder, gleich seine sportlichen Kenntnisse zur Rettung beitragen, "ich bin aber nicht dazu da, den Trainer zu kontrollieren", sagte er. Auch bei der Wahl des Sportdirektors soll sein Wort gehört werden. Als Favorit gilt der ehemalige HSV-Manager Dietmar Beiersdorfer, auch Hannovers findiger Sportchef Jörg Schmadtke ist im Gespräch.

Angeblich will er in seine Heimat zurück, seine Düsseldorfer Herkunft dürfte ausnahmsweise kein Problem in Köln sein. Welche Gefühle so eine Heimkehr weckt, das drückte der angehende FC-Funktionär Schumacher in offenen Worten aus: "Ich bin richtig glücklich, dass ich hier sein darf."

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