Tischtennis:Es lohnt sich mal richtig, Tischtennis zu spielen

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Deutschlands bester Spieler: Dimitrij Ovtcharov. (Foto: Ronny Hartmann/dpa)
  • Bei den Grand Finals der World-Tour-Serie kann Dimitrij Ovtcharov erstmals die Nummer eins der Tischtennisweltrangliste werden.
  • Außerdem gibt es bei diese Turnier richtig viel Preisgeld zu gewinnen.
  • Die Chancen stehen gut, die normalerweise dominanten Chinesen haben Probleme mit dem neuen Ball.

Von Ulrich Hartmann, Astana/Düsseldorf

Das Spiel mit den kleinen Schlägern und den kleinen Bällen ist für die meisten Profis auch ein Spiel des kleinen Geldes. Tischtennis macht nur wenige reich. Die beiden besten Deutschen Profis, Dimitrij Ovtcharov und Timo Boll, gehören dazu. "Die wenigsten ahnen, dass man als Tischtennisspieler Multimillionär werden kann", hat Boll im vergangenen Frühjahr gesagt, als er noch nicht ahnen konnte, wie lukrativ sich das Jahr entwickeln würde.

In dieser Woche beschließen Boll, 36, und Ovtcharov, 29, eines der einträglichsten Jahre ihrer Karriere. Viermal binnen sieben Monaten standen sie sich in einem lukrativen Finale gegenüber. Für seinen Sieg bei den China Open bekam Ovtcharov 25 000 US-Dollar, beim World Cup in Lüttich 45 000 und bei den German Open in Magdeburg 24 000. Am vergangenen Sonntag in Malaysia gewann dann auch Boll mal das deutsche Duell und heimste im Endspiel des Einladungsturniers T2 Apac 40 000 Dollar ein. Das alles wird diese Woche noch getoppt bei den Grand Finals, der World-Tour-Serie von Donnerstag bis Sonntag. In Astana in Kasachstan spielen die besten 16 Akteure des Jahres um den Triumph. Erstmals sind in Ovtcharov und Boll zwei Deutsche topgesetzt - vor vier Chinesen und fünf Japanern. Beide rechnen sich Chancen aus, die Siegprämie von 100 000 Dollar zu kassieren. Der Verlierer des Finals erhält immerhin noch 55 000. "Das ist eines der wenigen Turniere, bei denen es sich mal richtig lohnt hinzufliegen", sagt Boll trocken: "Wir wünschen uns mehr solcher Turniere."

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Es dreht sich aber nicht nur ums Geld. 2017 geht als eines der besten Jahre in die Geschichte des deutschen Tischtennis ein. Zwar schieden Boll und Ovtcharov bei der Heim-WM in Düsseldorf im Viertel- bzw. Achtelfinale aus, doch ansonsten gewannen die beiden alle relevanten Turniere. Allein sieben davon Ovtcharov, weshalb er in Astana an Position eins gesetzt ist. Er müsste dort seine ersten beiden Matches gewinnen, dann wäre er im Januar erstmals die Nummer eins der Weltrangliste. Der Chinese Ma Long, Weltmeister, Olympiasieger und Weltranglistenerster, darf in Astana nicht mitspielen, weil er keine vier World-Tour-Turnier mitgemacht hat, wie mindestens gefordert, sondern nur drei - auch aus Verletzungsgründen. Das löst bei Boll aber kein Mitleid aus: "So ist nun mal die Regel, so war es bei mir in den letzten fünf Jahren ja auch." Der Weltverband ITTF versuche "über solche Schikanen" die Spieler zu mehr Teilnahmen zu zwingen, das dehne sich ab kommendem Jahr auch auf die nach neuem Modus errechnete Weltrangliste aus. Für die global nicht sehr reiselustigen Chinesen ist das eine unangenehme Entwicklung.

Ovtcharov hat sogar die Aussicht auf Platz eins in der Weltrangliste

Dabei tun sich die Chinesen momentan eh schon schwer; sie stecken in der Krise. Den in Astana an Position drei gesetzten Fan Zhendong hat Ovtcharov in Magdeburg besiegt, den an vier gesetzten Lin Gaoyuan hat Boll in Lüttich und Magdeburg geschlagen, der an fünf gesetzte Xu Xin wurde in Magdeburg vom Südkoreaner Lee Sang-su 0:4 gedemütigt. Vor den Grand Finals in dieser Woche und auch schon mit Blick auf die Team-WM im Mai in Schweden, rätselt die Tischtennis-Szene über Chinas Probleme. Die Absetzung der Nationaltrainer, Überbelastung und Materialsorgen sind die relevantesten Faktoren. Die Chinesen hadern sogar mit dem Ball. "Der neue Ball ist härter und besser zu kontrollieren", erklärt Boll, "früher waren die Topspins der Chinesen mit ihren klebrigen Belägen gefährlicher, jetzt springt der Ball sauberer und höher ab, es kommt mehr auf die Platzierung des Balls und auf taktisches Spiel an - dadurch rückt die Weltspitze zusammen."

Und so träumt Tischtennis-Deutschland in dieser Woche von einem weiteren deutschen Finale. "Dimitrij ist in Astana vielleicht nicht der Top-Favorit, das ist wahrscheinlich immer noch Fan Zhendong", sagt Boll, "aber er hat Fan ja zuletzt geschlagen." Für Ovtcharov ist auch die Aussicht auf die Führung in der Weltrangliste enormer Ansporn. "Die Grand Finals sind nach Olympia, WM und dem World Cup das wichtigste Turnier", sagt er, "und mal Weltranglistenerster zu sein, wäre ein absolutes Statement." Boll ist bislang der einzige Deutsche, der 2003 und 2011 Bester im globalen Ranking war.

Auf einer Gala am Rande des World-Tour-Finales wird am kommenden Donnerstag auch der "Tischtennisspieler des Jahres" gekürt. Für diese Internetwahl stehen neben Ma Long und dem 14 Jahre alten Japaner Tomokazu Harimoto erstmals auch Boll und Ovtcharov zur Wahl. "Diese Wahl hat sich im Tischtennis allerdings noch nicht so richtig etabliert, das ist kein Vergleich mit dem Ballon d'Or", sagt der Fußball-Fan Boll: "Bei uns Spielern hat sie noch keinen besonderen Stellenwert." Die Krönung eines großen Jahres wäre es trotzdem.

© SZ vom 13.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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