Tischtennis:Alltäglicher Pokal

Borussia Düsseldorf gewinnt zum 29. Mal die deutsche Meisterschaft. Für die kommende Saison ist der Champions-League-Sieg das Ziel.

Von Ulrich Hartmann, Frankfurt/Düsseldorf

Sein spannendstes Duell ficht der deutsche Tischtennis-Rekordmeister Borussia Düsseldorf seit Jahren mit Fußball-Rekordmeister Bayern München aus. Zum 27. Mal wurden kürzlich die Bayern Meister, zum 29. Mal am Samstag die Düsseldorfer. In der Gesamtbilanz sind die Tischtennis-Spieler den Fußballern mit 68 Titeln sogar bloß um einen Titel voraus, aber das liegt daran, dass die Münchner auch Weltpokal, Ligacup oder Supercup gewannen. Gäbe es derartige Titel auch im Tischtennis, dann kämpfte Borussia Düsseldorf sein Prestige-Duell statt mit den Bayern mit den Wasserballern von Spandau Berlin aus. Die haben schon 84 Titel gesammelt. Bis die Tischtennis-Spieler das schaffen, ist deren Ikone Timo Boll pensioniert.

Mit dem 36-Jährigen steht und fällt seit zehn Jahren die jüngste Ära der Düsseldorfer Dominanz. "Er ist der Fels in der Brandung", sagte Richard Prause, Sportdirektor des Deutschen Tischtennis-Bunds (DTTB). Boll, der sechs Tage zuvor eine beeindruckende WM in Düsseldorf hinter sich gebracht hatte, steuerte zum 3:0-Finalsieg in Frankfurt gegen den TTC Fulda-Maberzell den ersten Punkt bei, obwohl er in den Tagen zuvor mit Grippe im Bett gelegen hatte. Boll und die Borussia aber spielen - wenn es ernst wird - in der Bundesliga außer Konkurrenz. Zum vierten Mal nacheinander und zum neunten Mal binnen zehn Jahren haben sie den Meistertitel geholt. Bloß 2013 vermochte Werder Bremen diese Serie zu unterbrechen.

10 06 2017 xhbx Tischtennis TTBL TTC Rhoensprudel Fulda Maberzell Borussia Duesseldorf emspor

Grundlage für den Titel: Timo Boll bezwingt Fuldas Jonathan Groth.

(Foto: Jan Huebner/imago)

"Die Borussia bleibt das Maß der Dinge", sagt Prause. Von der in Düsseldorf gebündelten Arbeit profitieren Klub und DTTB gleichermaßen, denn im deutschen Tischtenniszentrum am Fuße des Grafenberger Walds trainieren Borussias Spieler und die Nationalspieler zusammen. Oft haben sich die Borussen dies zunutze gemacht und in ihrem Verein auch die deutschen Nationalspieler beschäftigt, doch momentan spielt bloß Boll für Düsseldorf. Dimitrij Ovtcharov ist beim russischen Klub Fakel Orenburg angestellt, Ruwen Filus beim TTC Fulda-Maberzell, Patrick Baum und Patrick Franziska spielen für den 1. FC Saarbrücken und Steffen Mengel, Ricardo Walther sowie Benedikt Duda für Schwalbe Bergneustadt.

Düsseldorfs Mannschaft sendet zurzeit eher ein Signal für die Stärke des schwedischen Tischtennis, denn Kristian Karlsson und der erst 19-jährige Anton Källberg besorgten im Endspiel die Punkte zwei und drei zum Titelgewinn. Karlsson hatte mit dem Abwehrspiel des Deutsch-Chinesen Wang Xi keine Probleme, während Källberg gegen den bei der WM so starken Allrounder Filus überraschend klar 3:1 gewann. "Wir haben die Abwehrspieler abgefrühstückt", verkündete Boll grinsend.

Nur eine Unterbrechung: Düsseldorfs Meister-Serie im Tischtennis

2008 Borussia Düsseldorf

2009 Borussia Düsseldorf

2010 Borussia Düsseldorf

2011 Borussia Düsseldorf

2012 Borussia Düsseldorf

2013 SV Werder Bremen

2014 Borussia Düsseldorf

2015 Borussia Düsseldorf

2016 Borussia Düsseldorf

2017 Borussia Düsseldorf

Der Weltverbands-Präsident höchstpersönlich brachte hinterher den Pokal, aber niemand schien ihn so recht nehmen zu wollen. Boll öffnete gerade eine Magnumflasche Schaumwein, als Thomas Weikert die Trophäe kurzerhand dem indischen Ersatzspieler Kamal Achanta in die Hände drückte. Der Meistertitel ist fast Routine für die Düsseldorfer. Weil ihre vielen Titel den Briefkopf sprengen, nennen sie sich dort nur: "Der RekordmeisTTer."

Wer national derart unantastbar ist (sieben Mal binnen zehn Jahren holten sie auch das deutsche Double) strebt kontinental nach Höherem. Insofern fuchst die Borussen durchaus, dass sie vor wenigen Wochen das Champions-League-Finale gegen Orenburg verloren haben. Düsseldorfs bislang letzter Champions-League-Titel liegt sechs Jahre zurück. "Das versuchen wir nächstes Jahr aber wieder", kündigt Boll kämpferisch an.

Vor Beginn der neuen Spielzeit gehen Boll und die Nationalspieler nun auf eine Asien-Tournee, auf der sie es am kommenden Wochenende bei den 'Japan Open' und eine Woche später bei den 'China Open' schon wieder mit der Weltspitze aufnehmen. Langweilig wird es Boll angesichts der vielen internationalen Herausforderungen auch in den finalen Jahren seiner Karriere sicher nicht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: