Tickets für die Fußball-WM:Zutritt gefährdet

WM 2014 - Tickets

Tickets für die Fußball-WM, hier einige Originale.

(Foto: dpa)

Wer bei der offiziellen Fifa-Verlosung leer ausgegangen ist und trotzdem Eintrittskarten für die Fußball-WM in Brasilien will, bekommt sie in dubiosen Internetshops - auch für Spiele, die längst ausverkauft sind. Viele Fußballfans werden am Ende vor verschlossenen Stadiontoren stehen.

Von Carsten Eberts

Vor einer Woche warnte der Fußball-Weltverband (Fifa) noch vor falschen WM-Tickets. Von "dubiosen Firmen" war dort die Rede, von "gutgläubigen Fans", die bereitwillig überteuerte Preise für ungültige oder gar frei erfundene Eintrittskarten zahlen.

Nun ist eine schnöde Pressemitteilung ein eher halbherziger Versuch, die Fußballfans der Welt auf diese Missstände aufmerksam zu machen. Eine größere Werbekampagne zur Aufklärung der Anhänger gibt es nicht. Auch arbeitet die Fifa mit denselben Kreditkartenfirmen zusammen, die den "dubiosen Firmen" ihre Zahlungseingänge ermöglichen.

Dabei ist der Missstand offensichtlich. In den Monaten und Wochen vor der Weltmeisterschaft in Brasilien tauchen im Internet ständig neue Ticket-Webseiten auf - und bieten zu horrenden Preisen Karten für die WM an. Die Masche ist stets dieselbe. Eine kleine Firma wird angemeldet, die Website ist schnell gebaut, der Verkauf beginnt. Kommen nach dem Turnier die Beschwerden, weil ein Ticket nicht funktioniert hat, gibt es den Shop nicht mehr. Und das Geld ist futsch, eine Klage aussichtslos.

Experten warnen vor den Anbietern. Georg Schnurer, stellvertretender Chefredakteur der Computerzeitschrift c't, beschäftigt sich seit Jahren mit Ticketverkäufen im Netz. Aktuell verfolgt er den Fall der Plattform ticket.org, einer Website mit Sitz auf Malta. Eigentlich ist die Seite auf Konzerttickets spezialisiert, nun finden die Kunden hier auch Eintrittskarten für die WM. "Wer will, kann hier Tickets für alle Spiele bekommen", sagt Schnurer.

Vor kurzem erspähte Schnurer ein Endspiel-Ticket für 13.000 Euro. Das Spiel ist offiziell ausverkauft, die Fifa untersagt Weiterverkäufe. "Eigentlich kann kein Ticket auf dem Markt sein, das verkauft werden könnte", sagt auch Frank Twents von der Ticket-Community tooor.de. Doch es gibt die Angebote. Und es gibt Kunden, die bezahlen.

Die Macher von ticket.org sind keine Unbekannten. Bereits bei Olympia 2012 in London seien sie auffällig geworden, sagt Schnurer, damals noch unter anderem Firmennamen. Als nach den Sommerspielen die Klagewelle begonnen habe, hätten sie Insolvenz angemeldet, berichtet auch der britische Mirror. "Das ist ein sehr bequemes Geschäft", sagt Schnurer, "es sind immer die Gleichen, die es versuchen."

Fifa-Scouts sind unterwegs

Andere Unternehmen sitzen zum Beispiel auf den britischen Kanalinseln, eben in jenen Gebieten, die formell nicht zur EU gehören und in denen die Strafverfolgung nicht ganz so stringent erfolgt. Gegenüber SZ.de bestreitet ticket.org die Vorwürfe. Es sei noch "niemals passiert", dass ein Ticket vor Ort nicht funktioniert habe, sagt Firmenchef Christopher Kowalow. Gegen den Mirror plane das Unternehmen bereits rechtliche Schritte.

Dennoch warnt die Fifa vor genau diesen Angeboten. Der Verband will die Hoheit über seine Ticketverkäufe wahren, schickt deshalb Scouts durchs Netz, die einschlägige Websites auf unerwünschte Auktionen oder Weiterverkäufe scannen. Entdecken sie ein Ticket samt Seriennummer, das von A nach B veräußert wird, können sie es sperren lassen. Der Käufer reist mit seinem frisch erstandenen Ticket nach Brasilien, steht dort vor dem Stadion - und kommt nicht rein.

Auch bei Ticketbörsen wie Viagogo, die mit sicherem Versand und Echtheitsgarantie für ihre Tickets werben, gibt es letztendlich keine Garantie. Alle Tickets sind personalisiert, können nur über die Fifa umgeschrieben werden. Viagogo verfügt laut eigener Aussage über einen "Prozess, der dafür sorgt, dass die Ticket-Umschreibung problemlos erfolgt". Details will das Unternehmen jedoch nicht verraten.

Ansonsten freuen sich Viagogo und all die anderen Anbieter über das florierende WM-Geschäft. Das größte Interesse kommt aus Südamerika und den USA, auch aus Deutschland wurden bei Viagogo fast vier Millionen Suchanfragen registriert. Nach der Bekanntgabe des vorläufigen deutschen Kaders sei die Nachfrage "um 103 Prozent gestiegen", sagt das Unternehmen. Je näher die WM rückt, desto größer wird bei vielen der Wunsch, doch noch ein Ticket zu erstehen.

Frank Twents rät von den Ticketbörsen im Internet trotzdem ab. Wer bei der offiziellen Ticketvergabe der Fifa leer ausgegangen ist, sollte ohne Ticket nach Brasilien reisen und es vor Ort versuchen, rät Twents. Zwar warnt die Fifa auch hier vor überteuerten Schwarzmarktpreisen, auch vor den brasilianischen Behörden, die angekündigt haben, den aufkommenden Schwarzmarkt rigoros zu unterbinden.

Viele Einheimische hätten sich jedoch Karten gesichert, häufig mit dem Ziel, die Tickets noch gewinnbringend weiterzuverkaufen. "Da hat man noch die größte Chance", sagt Twents, "die werden eher Gültigkeit haben, als die Tickets aus dem Internet." Umschreiben vor Ort sei im Notfall noch einfacher, als ein Ticket zu nutzen, dass bereits Wochen zuvor gesperrt wurde.

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