THW Kiel:"Flunker-Gate" erzürnt den Gegner

*** BESTPIX *** Rhein Neckar Loewen v THW Kiel - EHF Champions League Quarter Final Leg 2

Ärgerte sich über die Niederlage: Guðjón Valur Sigurðsson von den Rhein-Neckar Löwen.

(Foto: Alex Grimm/Getty Images)
  • Der THW Kiel setzt sich im Achtelfinale der Handball-Champions-League 26:24 gegen die Rhein-Neckar Löwen durch.
  • Für Unmut sorgt, dass für Kiel drei Spieler in der Startaufstellung stehen, die zuvor für verletzt erklärt wurden.

Von Carsten Scheele

Als der schlimmste Groll verzogen war, brachte Andy Schmid, der Kapitän der Rhein-Neckar Löwen, den entscheidenden Satz heraus. "Vor drei, vier Jahren hätten sie sowas nicht nötig gehabt", urteilte Schmid niedergeschlagen in Richtung des THW Kiel, der die Löwen kurz zuvor mit dem 26:24-Rückspielsieg im Achtelfinale aus der Champions League befördert hatte.

Nicht nötig? Tatsächlich konnte dem THW Kiel nach dem deutschen Duell in der Handball-Königsklasse kein sportrechtlich strafbares Verhalten vorgeworfen werden. Zwar hatte der Rekordmeister Spieler eingesetzt, die er zuvor als verletzt deklariert hatte, offensichtlich um den Gegner zu verwirren - doch das ist im Sport schon vielfach vorgekommen, auch im Handball. Schmid hatte trotzdem recht: Für die Kieler war dieses Verhalten neu.

Jahrzehntelang hatte der THW Kiel den europäischen Handball regiert, mit dieser Dominanz ist es vorbei. Die gealterte, große Generation um Thierry Omeyer, Marcus Ahlm und Filip Jícha hat den Klub verlassen, der Umbruch fällt den Kielern schwerer als vermutet. Schon 2016 ging die Meisterschaft an die Rhein-Neckar Löwen (Kiel wurde Dritter), 2017 dürften Flensburg oder erneut die Löwen den Titel holen. Seit 2012 hat Kiel auch die Champions League nicht mehr gewonnen.

Plötzlich betreten Duvnjak, Weinhold und Toft Hansen das Feld

In dieser Gemengelage ist eine Erklärung für das Verhalten der Kieler vor dem Achtelfinale zu suchen. Die Vorzeichen standen nach der Heimniederlage im Hinspiel (24:25) schlecht, also entschied sich die Mannschaftsleitung offenbar zu einer List. Trainer Alfreð Gislason und Manager Thorsten Storm hatten vor dem Spiel verkündet, dass Kapitän Domagoj Duvnjak wegen Patellasehnenbeschwerden ausfallen werde. Via Pressemitteilung wurde nachgelegt, dass Nationalspieler Steffen Weinhold wegen einer Entzündung der Nackenmuskulatur ebenfalls nicht dabei sei ("Einsatz nahezu unmöglich"). Ganz klar, eine deutliche Schwächung der Mannschaft.

In der Startformation am Donnerstagabend dann die große Überraschung: Sowohl Duvnjak und Weinhold als auch der ebenfalls angeschlagene René Toft Hansen betraten das Feld. Eine Wunderheilung? Eher nicht. "Das sind doch Tricks, die jeder macht. Und wir dürfen das auch mal", gab Kiels Kreisläufer Patrick Wiencek freimütig zu. Auch bei den gewöhnlich gut informierten Kieler Nachrichten ist von einem "taktischen Ablenkungsmanöver" die Rede.

Gislason verspricht: "Ich habe keinen angelogen"

Sehr zum Groll der Mannheimer, die zwar deutlich schwächer agiert hatten als im Hinspiel, sich aber dennoch mächtig aufregten. Schnell war von "Flunker Gate" und "fake news" die Rede. Besonders die Äußerungen von Kiels Manager Storm, der bis 2014 bei den Rhein-Neckar Löwen gearbeitete hatte, taten weh. "Dass Storm nicht immer die Wahrheit sagt, wissen wir alle", ätzte Kapitän Schmid. Storm gab zurück, die Kritik sei "unangemessen": "Das war kein Trick." Duvnjak, Weinhold und Toft Hansen hätten unbedingt spielen wollen, trotz ihrer Verletzungen: "Das war ein Riesenrisiko."

"Ich habe keinen angelogen", stellte auch Trainer Gislason klar. Und Weinhold, der plötzlich genesene Rückraumspieler, erklärte: "Ich habe eben die Zähne zusammengebissen, wie meine Teamkollegen auch." Möglich, dass er damit die Wahrheit gesagt hat, denn: In bester Form trat Weinhold nicht gerade auf. Nur drei Tore gelangen ihm im Rückspiel, für den deutschen Nationalspieler ist das wenig.

Mit Material des sid

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