Thommy Haas vor dem Durchbruch:Der zehnte Anlauf des ewigen Talents

Wieder steht er im Viertelfinale eines Grand-Slam-Turniers: Es ist der Traum von Thomas Haas, endlich ein großes Turnier zu gewinnen. Doch langsam wird die Zeit knapp.

Jürgen Schmieder

Dan Marino. Patrick Ewing. Jimmy White. Das sind Namen, die selbst eingefleischte Sportfans nicht ohne Weiteres zuordnen können. Und das, obwohl die drei über Jahre zu den Besten ihrer Sportart gehörten. Die Namen ihrer größten Rivalen sind eher geläufig: Joe Montana. Michael "Air" Jordan. Stephen Hendry.

Das liegt daran, dass Montana, Jordan und Hendry Titel gewinnen konnten - im American Football, im Basketball und im Snooker. Die anderen drei gingen trotz Rekorden, Berufungen in All-Star-Teams und zahlreichen Ehrungen leer aus. Sie blieben "Unvollendete" - Sportler ohne Ring am Finger, ohne großen Pokal im Schrank.

Thommy Haas erreichte am Morgen das Viertelfinale der Australian Open durch ein lockeres 4:6, 6:3, 6:2, 6:3 gegen David Nalbandian, immerhin die Nummer acht der Welt. Und weckt damit wieder einmal die Hoffnung auf den großen Durchbruch. Drei Siege noch - wieder einmal.

Denn schon oft war Haas kurz davor: 1999 und 2002 stand er im Halbfinale der Australian Open, 2004 und 2006 erreichte er die Runde der letzten acht bei den US Open. Dazu das Finale bei den Olympischen Spielen 2000 in Sidney - er verlor nach fünf Sätzen gegen Jewgeni Kafelnikow.

Freilich ist Haas' Karriere von Verletzungen und privaten Problemen belastet. Im Jahr 2002 verünglückten seine Eltern mit dem Motorrad, sein Vater lag wochenlang im Koma - was den sensiblen Haas enorm belastete. Dazu macht ihm sein Körper immer wieder Probleme. Die Saison 2003 musste er wegen Schulterproblemen ganz ausfallen lassen.

In der Weltrangliste ist Haas - sieht man von den Verletzungspausen ab - dauerhaft in den Top 20 vetreten, seine beste Platzierung: Nummer zwei. Der ganz große Wurf indes wollte ihm bisher nicht gelingen.

Nun also wieder das Viertelfinale bei den Australian Open, es geht gegen den Weltranglisten-Dritte Nikolaj Dawydenko. Die Bilanz von Haas gegen den Russen: null Siege, zwei Niederlagen.

Haas bleibt nicht viel Zeit, ein großes Turnier zu gewinnen. Im April wird er 29 Jahre alt, es ist mehr als fraglich, ob sein geschundener Körper noch jenseits der 30 zu Top-Leistungen fähig ist. In den vergangenen Jahren hat Haas stets verkündet: Das ist mein Jahr! Das ist mein Turnier!

In diesem Jahr ist Haas erstaunlich ruhig, kein Wort von großen Taten. Das zeigt, dass Haas erwachsener geworden ist - erwachsen genug, um tatsächlich nach einem Titel greifen zu können. Das ist bitter nötig. Es wäre schade, wenn ein Talent wie Haas als Randnotiz in die Annalen des Tennis eingehen würde.

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