Thomas Schaaf verlässt Werder Bremen:Gescheitert an der eigenen Sperrigkeit

Thomas Schaaf, SV Werder Bremen

Aus in Bremen: Thomas Schaaf.

(Foto: REUTERS)

Wessen Herz für Werder Bremen schlägt, der hätte sich das Beziehungs-Aus zwischen dem Klub und seinem Trainer Thomas Schaaf anders gewünscht. Inhaltlich ist diese Trennung aber richtig. Schaaf hat die Chance verpasst, sich zu verändern.

Ein Kommentar von Ralf Wiegand

Schön ist anders als diese vollkommen überraschende Trennung vier Tage vor dem Saisonende, Knall auf Fall. Es muss dafür Gründe geben, die durch das Wort "einvernehmlich" kaum korrekt erfasst sein dürften, und wessen Herz für Werder schlägt, der hätte sich das Beziehungs-Aus zwischen Werder Bremen und Trainer Thomas Schaaf anders gewünscht.

Wessen Herz für Werder schlägt, wird aber jenseits der Form feststellen müssen: Inhaltlich ist diese Trennung richtig. Es geht dabei gar nicht um die Frage, ob Schaaf selbst noch einmal die Kraft und Inspiration gefunden hätte, einen weiteren Anlauf im nun schon drei Jahre dauernden sportlichen Umbruch zu unternehmen. Es ist ja nicht ausgeschlossen, dass er doch wieder eine Mannschaft gebaut hätte, die diesen wunderbar anarchischen Spielstil pflegt, für den Schaaf bei Werder Bremen das Copyright hat. Hinten drei kriegen, vorne fünf schießen: Fußball unter Schaaf war wie Rodeoreiten, ohne Sattel natürlich.

Aber zuletzt waren diese Zeiten nur noch eine Erinnerung. Schaafs Sperrigkeit hat sich in immer kantigeren und leblosen Worthülsenungetümen ausgedrückt, er hat sich zudem eine aufgesetzten Distanziertheit zum Unterhaltungsbetrieb angewöhnt, der Fußball nun mal auch ist. Ganz Werder wirkte zuletzt so schlecht gelaunt wie sein Trainer.

Das ist auch kein Wunder. Schaaf hat über 14 Jahre jede Entscheidung im Verein mitgetragen. Transfers, Auswahl der Trainingslager, seiner Assistenten, der Übungsleiter im Jugendbereich - alles geschah mit seinem Segen, nichts ohne. In der Geschäftsführung sitzen heute noch Leute, die ihm seinen ersten Profivertrag gegeben haben. Das war 1979. Schaaf hat den Verein so bestimmt, dass kaum jemand an einer Stelle Kritik üben konnte, ohne indirekt auch ihn anzugreifen. Das lähmt den internen Diskurs und blockt konstruktive Kritik von außen.

Die Treue zueinander ist über die Jahre zu einer Art Besessenheit geworden, zum Selbstzweck. Vertrauen in Schaaf - und auch in dessen kongenialen Partner Klaus Allofs, als der noch zugegen war - lieferte sicher die Basis für all die Erfolge. Schaaf und Allofs haben mit ihren Ideen den Verein bewegt, ihn in Nischen bugsiert, in denen sie die zum Teil genialen Spieler fanden, für deren Verpflichtung sie das Vertrauen der Klubspitze brauchten, die das Geld bereitstellte.

Doch der Markt hat sich verändert. Heute muss der Verein selbst sich bewegen, manche sagen sogar neu erfinden. Das heißt in der gewachsenen Abhängigkeit: Schaaf hätte sich verändern müssen. Er hätte Kompetenzen ab- und Loyalitäten aufgeben müssen; und vor allem hätte er Vertrauen zu Menschen aufbringen müssen, die nicht wie er 41 Jahre im Verein sind. Man hatte das Gefühl, dass er dieses Vertrauen nicht hat.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: