Thomas Schaaf bei Hannover 96:Der Klubchef ist sein größter Fan

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Thomas Schaafs mürrische Art kommt bei Hannover-Präsident Martin Kind gut an. (Foto: dpa)
  • Thomas Schaaf übernimmt den Posten als Cheftrainer bei Hannover 96.
  • Neue Spieler sollen ihm bei der Mission Klassenverbleib helfen.
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Von Jörg Marwedel, Hannover

Thomas Schaaf, das wird oft vergessen, wurde vor 54 Jahren in Mannheim geboren und nicht in Bremen oder Ostfriesland. Aber: Seit 43 Jahren ist er Mitglied des SV Werder Bremen, er war dort 14 Jahre lang Cheftrainer. Doch nicht nur deshalb wurde das einjährige Gastspiel des klassischen Norddeutschen (redet nicht viel, hat einen eher britischen Humor) bei Eintracht Frankfurt in der Saison 2014/2015 zumindest menschlich ein Reinfall.

Er hatte zwar 43 Punkte gesammelt und in der Abschlusstabelle den neunten Platz belegt - ein ordentliches Resultat für den Mittelklasseklub. Dennoch hatte er, wie Eintracht-Vorstandschef Heribert Bruchhagen im Rückblick feststellte, "nicht den Respekt und die Anerkennung bekommen, die er verdient gehabt hätte". Vorstand und Aufsichtsrat waren zerstritten bei dieser Personalie, weshalb Schaaf am Saisonende im Mai 2015 seinen Rücktritt erklärte. Einige Werder-Mitarbeiter haben danach sogar bezweifelt, ob Schaaf überhaupt noch einmal in die Bundesliga zurückkehren würde. Seine kritische Haltung zu diesem Geschäft habe sich durch die Frankfurter Erfahrungen noch verstärkt, meinten sie zu wissen.

Eine Offerte, die er nicht ausschlagen konnte

Nun aber hat er ein Angebot bekommen, dass er nicht ablehnen konnte. Er bekommt nämlich einen Chef, bei dem es ihm an Anerkennung nicht fehlen dürfte. Martin Kind, der Präsident von Hannover 96, gilt als der größte Schaaf-Fan neben den Bremer Anhängern, die ihm 2013 zum Werder-Abschied eine "Danke, Thomas"-Choreografie schenkten.

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Schaaf hat also, nachdem er sich am Sonntag mit Kind und Sport-Geschäftsführer Martin Bader in Hannover getroffen hatte, einen Vertrag bis zum 30. Juni 2017 bei Hannover 96 unterschrieben. Allerdings mit einer kleinen Einschränkung: Schafft 96 den Klassenerhalt nicht, können beide Seiten den Kontrakt auflösen. "Das macht ja auch Sinn", erläuterte Schaaf gegenüber der dpa, "dann haben beide Seiten die Möglichkeit, etwas Neues zu machen." Gleichwohl sagte Kind über den von ihm als "Wunschtrainer" bezeichneten neuen Coach: "Es war nicht schwierig, ihn zu überzeugen." Der Auftrag ist klar: Er soll den Tabellensiebzehnten in der ersten Liga halten.

Hannover 96 spielte unter dem am 21. Dezember zurückgetretenen Michael Frontzeck mit 14 Zählern die schlechteste Hinrunde, seit man 2002 wieder in die Bundesliga aufstieg. "Die Schwere der Aufgabe ist mir bewusst", wurde Schaaf in der Mitteilung des Klubs zitiert, "nichtsdestotrotz freue ich mich auf die große Herausforderung, gemeinsam mit der Mannschaft den Klassenerhalt zu erreichen."

Am 4. Januar wird er sein erstes Training leiten und offiziell vorgestellt werden, bevor es am 7. Januar für eine Woche ins türkische Belek geht. Dort will man sich auf die Rückrunde vorbereiten. Auch Geschäftsführer Bader, auf dessen Liste auch Namen wie Lucien Favre, Jos Luhukay, Markus Kauczinki (Karlsruhe) und Alois Schwarz (Sandhausen) standen, hatte "in den Gesprächen von der ersten Minute an gespürt, dass Thomas sich mit dieser Aufgabe vollumfänglich identifizieren kann".

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Seit dem legendären Helmut "Fiffi" Kronsbein, der mit dem Klub 1954 deutscher Meister wurde und 1964 erstmals in die Bundesliga aufstieg, hat 96 keinen so erfolgreichen Trainer mehr verpflichten können. Schaaf wurde mit dem SV Werder dreimal Pokalsieger, einmal deutscher Meister und zweimal Bundesliga-Zweiter. Sechs Jahre spielte er zudem mit Bremen in der Champions League.

Szalai ist eine Option für den Sturm

Nun aber versucht Geschäftsführer Bader, die derzeit kaum klassentaugliche Mannschaft in der Winterpause mit Hilfe von mindestens zehn Millionen Euro so zu verstärken, dass Schaaf auch im Sommer noch Erstliga-Trainer in Hannover ist. Nach dem japanischen Mittelfeldspieler Hotaro Yamaguchi (Cerezo Osaka) und dem U21-Nationalspieler Iver Fossum (Stroemgodset IF) aus Norwegen, der zunächst als Ersatz für den verletzten Spielmacher Hiroshi Kiyotake einspringen soll, steht der Transfer des Stürmers Adam Szalai, 28, von der TSG Hoffenheim bevor.

Der ungarische Nationalspieler, dessen Etikett einmal "Torjäger" war, wechselte 2014 für immerhin sechs Millionen Euro von Schalke 04 ins Kraichgau. Nachdem er aber in dieser Saison nur noch vier Kurzeinsätze in der Bundesliga hatte, wird er deutlich billiger sein. Seine beste Zeit erlebte Szalai zwischen 2010 und 2013 bei Mainz 05. Auch Simon Terodde, der für den Zweitligisten VfL Bochum in dieser Saison schon zehn Tore erzielte, ist im Gespräch, nachdem der Königstransfer Stefan Kießling am Widerstand von Leverkusen platzte.

Kaderplaner Christian Möckel will aber weitere Profis anlocken, die genügend Erfahrung haben, um den Abstiegskandidaten noch zu retten. Kind kündigt an: "Wenn Herr Bader, Herr Möckel und der neue Trainer der Meinung sind, dass wir noch fünf Spieler brauchen, dann werden wir auch fünf Spieler holen, zur Not auch sechs." Zunächst einmal ist Thomas Schaaf schon froh, dass er in Christian Schulz und Leon Andreasen zwei Profis wiedertrifft, die er schon beim SV Werder betreute. Da weiß der beständige Trainer wenigstens, was er hat.

© SZ vom 29.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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