Tennisturnier in Auckland:Trommeln gegen harte Schläge

In Neuseeland nutzen Aktivisten den Auftritt der Tennisspielerin Shahar Peer für Proteste gegen Israels Palästina-Politik - und ärgern damit die Turnierleitung.

René Hofmann

Inzwischen erträgt sie es mit routinierter Ironie. "Erst dachte ich, ich würde nicht gut spielen, weil ich gar keine Proteste hörte. Aber ich habe gut gespielt", teilte die aus Israel stammende Tennisspielerin Shahar Peer nach ihrem dritten Match beim mit 220.000 Dollar dotierten Turnier in Auckland mit. In drei Sätzen bezwang Peer die Russin Maria Kirilenko 6:0, 3:6, 6:1, was sie freute. Einige Menschen vor dem Stadion aber nicht. Seit dem 2. Januar befindet sich Peer in Neuseeland.

Tennisturnier in Auckland: "Solange ich gewinne, kümmern mich die Proteste nicht": Die 22-jährige Israelin Shahar Peer steht in Auckland im Zentrum von politischen Protesten.

"Solange ich gewinne, kümmern mich die Proteste nicht": Die 22-jährige Israelin Shahar Peer steht in Auckland im Zentrum von politischen Protesten.

(Foto: Foto: Getty)

Und so lange schon gibt es Proteste. Eine Gruppe, die sich für "Global Peace and Justice" einsetzt, hat der 22-Jährigen vor Turnierbeginn einen Brief geschrieben. In diesem wurde Peer aufgefordert, bei der Veranstaltung nicht anzutreten, um ein Zeichen zu setzen. "Aufgrund Ihres hohen Ansehens könnten Sie den Friedensbemühungen sehr helfen, wenn Sie sich gegen die Politik der Regierung Israels aussprechen", heißt es in dem Schreiben. Peer lehnte ab. Ihr Standpunkt: "Ich will auch, dass auf der Welt Frieden herrscht. Aber ich denke nicht, dass dies der richtige Ort für einen Protest ist."

Peer, die in Jerusalem geboren wurde und in Maccabim wohnt, hat im November 2005 den in Israel auch für Frauen obligatorischen Militärdienst abgeleistet. Die Armee nutzte die prominente Rekrutin damals für eine Propaganda-Show. Es gibt Bilder, wie Peer in Uniform posiert und vor einem Kasernentor. Nach der dreiwöchigen Grundausbildung erklärte sie: "Das hat Riesenspaß gemacht. Besonders beim Schießen war ich eine der Besten." Sätze, die sie nun selbst zur Zielscheibe werden lassen. Bereits im vergangenen Jahr, als das Turnier mit einer Offensive der israelischen Armee zusammenfiel, fanden sich regelmäßig zwei Dutzend Demonstranten vor dem Stadion ein, das mitten in der Stadt liegt, die es mit Vororten auf 1,3 Millionen Einwohner bringt. In diesem Jahr ist die Zahl der Peer-Gegner zwar etwas geschrumpft. Diese aber artikulieren ihre Meinung umso nachdrücklicher.

Sprechchöre gegen Israels Politik

Als Peer zu ihrer Erstrunden-Begegnung gegen die Slowenin Polona Hercog erschien, wurde sie mit Sprechchören gegen die israelische Palästina-Politik begrüßt. Zuvor hatte eine unbeaufsichtige Tasche schon dafür gesorgt, dass die Polizei das Stadion aus Angst vor einer Bombe vorübergehend räumte. Die Stimmung war offenbar angespannt. Peer gewann. Auch in der zweiten Runde. Ihr 6:1 und 6:0 gegen die Slowakin Magdalena Rybarikova wurde allerdings von wilden Rufen von jenseits des Zauns übertönt. Per Megafon forderten die Demonstranten unmittelbar vor der Anlage: "Sahar, geh' heim!" Und: "Freiheit für Palästina!" Peer wurde mit den Worten beschimpft: "Blut, Blut klebt an deinen Händen!" Begleitet wurde das Ganze von Trommeln.

Der Radau war so groß, dass die Partie kurz vor dem Abbruch stand. Nach dem ersten Satz betraten die Turnierdirektorin und Vertreter der Frauen-Tennistour WTA den Platz, um mit den Spielern zu beratschlagen, wie es weitergehen solle. Rybarikova war für einen Abbruch, Peer dagegen. Schließlich verließ ihr Trainer die Tribüne und mischte sich mit der Frage in die Diskussion ein: "Wenn wir das Match jetzt nicht fertig spielen, wann dann - nächste Woche?" Es ging weiter, und Peer erklärte nach dem deutlichen Erfolg trotzig: "So lange ich gewinne, kümmern mich die Proteste nicht."

"Boykott von Sport, Investition und Handel"

Weil er sich weigerte, das Megafon der Polizei zu übergeben, wurde einer der Demonstranten festgenommen. Kopf und Sprecher der Gruppe ist John Minto. "Der beste Weg, Druck auf ein Land auszuwirken, ist ein umfassender Boykott von Sport, Investitionen und Handel", sagt er - und für den Erfolg von sportlicher Ausgrenzung hat Minto auch ein Beispiel parat: die Weigerung vieler Länder, Wettkämpfe gegen Mannschaften aus Südafrika auszutragen, so lange dort das Apartheid-Regime herrschte. 1981 hatte es in Neuseeland massive Proteste gegen eine Tour des südafrikanischen Rugby-Nationalteams gegeben. Eine Partie wurde abgesagt. Beim Tour-Finale warf ein Demonstrant damals aus einem Ultra-Leichtflugzeug Mehl-Bomben ab.

So weit geht der Widerstand gegen Peer nicht. Ihren Viertelfinal-Vergleich gegen Kirilenko begleiteten erneut etwa 20 Menschen mit Pfiffen und Sprechchören. Auf dem Platz war davon aber nur noch wenig zu hören, auch, weil die Polizei durchgriff und fünf Demonstranten wegen Ruhestörung abführte. 2009 war der Ausflug nach Auckland für Peer lediglich der Auftakt in einen turbulenten Frühling gewesen. Für das Turnier in Dubai wurde ihr damals aufgrund ihrer Staatsbürgerschaft das Visum verweigert, was den Veranstaltern von der WTA eine Strafe in Höhe von 300.000 Dollar eingebracht hatte. In diesem Jahr steht die Veranstaltung im Februar erneut auf dem Turnierplan der Israelin, die in der Weltrangliste augenblicklich an Position 30 geführt wird. Dieses Mal hat das Innenministerium des Emirats allerdings versprochen: Die Unwillkommene darf einreisen.

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