Tennistalent Carina Witthöft:"Carina ist die nächste"

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Großes Talent: Carina Witthöft.

(Foto: imago sportfotodienst)

Plötzlich in den Top 100: Tennistalent Carina Witthöft gewinnt Turnier um Turnier und lässt erahnen, wie weit es für sie gehen kann. Sie hat die innere Zerrissenheit überwunden - und profitiert von ihrer speziellen Familienkonstellation.

Von Carsten Eberts

Auf einmal hat es Klick gemacht. Noch im Sommer hing die Tennisspielerin Carina Witthöft fest, weit jenseits von Weltranglistenplatz 200. Sie spielte häufig gut, doch gewann ihre Partien nicht. Und nun: Carina Witthöft, Jahrgang 1995, ist in den Top 100 der Weltrangliste. Und das vielleicht größte Talent, das aktuell im Frauentennis herumläuft.

Der Moment, in dem es Klick macht, kann vieles verändern. Aufschläge, die zuvor an der Netzkante zappelten, landen plötzlich im Feld. Passierschläge rauschen auf die Linie statt knapp ins Aus. Und überhaupt: Matches, die früher knapp verloren gingen, enden mit einem deutlichen Sieg. Ein Erweckungserlebnis. Und das kommt einfach so, unvermittelt? Bundestrainerin Barbara Rittner sagt: ja. "Es gibt in jeder Karriere diese Knackpunkte, das kostet Überwindung", erzählt Rittner. Junge Spieler und Spielerinnen müssten sich trauen, Trainingsinhalte im Spiel konsequent anzuwenden. "Der Sicherheitsgedanke musste weg", sagt Rittner.

Noch im Sommer tauschte sich Rittner mit Witthöfts Vater und Manager Kai darüber aus, weshalb Witthöfts Entwicklung sich nicht in den Ergebnissen widerschlug. "Wir hatten das Gefühl, sie stagniert", sagt Rittner heute. Dann machte es Klick, und es folgten reihenweise Siege bei unterklassigen ITF-Turnieren in Hechingen, in Barnstaple (Großbritannien), in Saint-Malo, in Jou-Les-Tours (beides Frankreich). Dazu zwei Finalteilnahmen, alles binnen drei Monaten. Sie sei lockerer geworden, erzählt Witthöft, unter den Top 100 zu sein sei aber "nur eine Ranglistenposition". Ein Zwischenschritt.

Emanzipation von der Schwester

Auf dem Weg in die Top 100 musste sich Witthöft über einige Dinge klar werden. Manches hatte mit ihrer Familie zu tun. Ihre Konstellation ist speziell, der Vater ist ihr Manager, die Mutter trainiert sie. Und da war die große Schwester, die ebenfalls sehr gut Tennis spielt, sich aber für das Studium und gegen eine Sportlerkarriere entschied. Witthöft fiel es schwer, einen anderen Weg zu gehen, sich von ihrer Schwester zu emanzipieren. Die eigene Zerrissenheit nahm ihr viel Selbstvertrauen.

Für Rittner besteht kaum noch Zweifel, dass aus Witthöft jetzt eine Große werden kann. Sie sei erwachsen geworden, ihren Alterskolleginnen in vielen Dingen voraus - vor allem körperlich bringt sie alles mit für eine lange Tenniskarriere. Auch ihr Umfeld - ein echtes Familienunternehmen - ist gefestigt. "Für mich definitiv das Beste", sagt Witthöft. 25 Turniere spielt sie pro Jahr, dazwischen trainiert sie an der familieneigenen Tennisschule, wohnt während dieser Zeit bei ihren Eltern in Wentorf bei Hamburg.

"Für sie gibt es kein Limit"

Rittner ist derzeit durchaus zu beneiden. Sie hat mit Angelique Kerber, Andrea Petkovic, Julia Görges, Mona Barthel und Sabine Lisicki eine erfolgreiche Generation zusammen, die Anfang November nach dem Fed-Cup-Titel greift. Dahinter kommt eine Reihe jüngerer Spieler, die die bekannten Namen jagen sollen. Dazu gehören auch Annika Beck, die vor kurzem in Luxemburg ihr erstes WTA-Turnier gewann, und Anna Lena Friedsam. "Carina ist die nächste", sagt Rittner, "für sie gibt es nach oben kein Limit."

Doch erst einmal gilt es, das Tennisjahr gut zu Ende zu bringen. Drei oder vier Turniere noch, dann ist Schluss. Nächstes Jahr soll es bei den Großen weitergehen. Als Top-100-Spielerin ist sie auf der WTA-Tour gesetzt, muss nicht mehr durch die Qualifikationen dümpeln. Ein ganz neues Leben, wenn es endlich Klick gemacht hat.

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