Tennisspielerin Petra Kvitova:Die etwas andere Wimbledonsiegerin

Tennisspielerin Petra Kvitova: Zweifache Wimbledon-Siegerin, in der Heimat dennoch erstaunlich unbekannt: Tschechiens Petra Kvitova.

Zweifache Wimbledon-Siegerin, in der Heimat dennoch erstaunlich unbekannt: Tschechiens Petra Kvitova.

(Foto: AP)

Obwohl sie zweimal Wimbledon gewonnen hat, wird Petra Kvitova in der Heimat kaum erkannt. Doch der tschechischen Tennisspielerin ist das ganz recht. Vor dem Fed-Cup-Finale gegen Deutschland freut sie sich über etwas Privatsphäre.

Von Saskia Aleythe, Prag

Der Trainer hat keine Chance mehr. Fünf Mal fliegt der Ball von Petra Kvitova zurück zu David Kotyza, doch dann ist Schluss - der Coach kann nicht mehr parieren. Die Ballbehandlung stimmt bei der 24-Jährigen, selbst wenn es nicht um Tennis geht: Es ist ein Fußball, den sie in beständig hohem Bogen mit dem Kopf zurückschickt, akkurater sieht das selbst bei Profis kaum aus.

"Meine typische Aufwärmeinheit" hat Kvitova über das Video geschrieben, das sie bei Facebook hochgeladen hat, ergänzt mit einem Smiley. Dass es in den kommenden Tagen ähnlich locker zugehen wird, ist allerdings auszuschließen: Beim Fed-Cup-Finale gegen Deutschland ist Kvitova die Gejagte, sie ist die erfolgreichste Spielerin der Tschechinnen. In diesem Sommer konnte sie in Wimbledon zum zweiten Mal das bedeutendste Tennisturnier gewinnen, sie ist die Nummer vier der Welt - und dabei bemerkenswert unbekannt.

Andrea Petkovic eröffnet gegen sie das Final-Wochenende. Petkovic gegen Kvitova also, größer könnte der Gegensatz zweier Persönlichkeiten kaum sein. Auch wenn die Deutsche in den vergangenen Wochen oft traurig und introvertiert wirkte, ist sie in der Szene für ihre Aufgeschlossenheit bekannt - für die Tschechin gilt das Gegenteil.

Der Portier in Prag erkennt sie nicht

Als Kvitova zu Wochenbeginn im Prager Mannschaftshotel eincheckte, wusste der Portier erst auf den Hinweis von Kollegen, wer vor ihm steht. In Tschechien sorgt der Name Kvitova zwar längst für Aufsehen, abseits des Platzes allerdings hat die Tennisspielerin größtenteils ihre Ruhe. Kvitova ist das sogar recht: Die Popularität, die Erfolge in ihrer Sportart mit sich bringen, darauf würde sie am liebsten ganz verzichten. Nach ihrem ersten Wimbledon-Sieg 2011 hatte sie plötzlich jemand auf der Straße erkannt, Kvitova reagierte schockiert. "Ich wollte am liebsten nach Hause."

Damals war alles ganz schnell gegangen, als Nummer 62 der Welt war Kvitova zur Trophäe gestürmt, hatte Maria Scharapowa im Finale besiegt. Plötzlich nahmen die Leute Notiz von ihr. "Ich wollte die bleiben, die ich vor dem Sieg war", sagt Kvitova, "ich musste erstmal mit der Situation klar kommen". Nun, drei Jahre später, habe sie sich allmählich daran gewöhnt, "ich komme jetzt mit dem Druck klar".

Auch weil sie weiß, dass es nicht anders geht. Sie hat begonnen, sich zu arrangieren, Tennis ist auch Selbstvermarktung. Sponsorentermine oder Auftritte für den eigenen Verband meistert sie professionell - auch wenn es nicht ihr Naturell ist, sich zu präsentieren.

Mit ihrem linken Aufschlag plagt sie die Rivalinnen

Gäbe es einen Preis für die netteste Spielerin der Tour, wäre Petra Kvitova vermutlich Seriensiegerin. "Sie ist ein lieber Mensch und eine tolle Tennisspielerin", sagt Petkovic über sie. Lieb, nett, das sind die Attribute, die ihr die Kolleginnen daheim und in der internationalen Konkurrenz zuschreiben.

Dabei ist sie bisweilen gnadenlos, wenn sie einen Tennisschläger in der Hand hält. Das Wimbledon-Finale 2014 gewann sie in nur 55 Minuten, es war das kürzeste Finale in London seit 1983. Ihre Gegnerin Eugenie Bouchard gab nach dem 3:6, 0:6 unumwunden zu, "null Chance" gehabt zu haben. Mit dem wuchtigen linken Aufschlag malträtiert Kvitova ihre Kontrahentinnen, "wenn der kommt, hast du keine allzugroße Chance", weiß auch Petkovic.

Hinzu kommen die kräftigen Schläge auf der Grundlinie, die - wenn überhaupt - nur schwer zu parieren sind. Allerdings hat Kvitova auch einen seltsamen Hang zur Unbeständigkeit, was ihr den Namen "P3tra" beschert hat: So oft wie kaum jemand sonst muss sie in den dritten Satz gehen.

10 000 Zuschauer werden ihr keine Angst machen

Viele Sätze wird es dann wohl auch am Wochenende in Prag zu sehen geben. "Im Fed Cup erwartet jeder zwei Punkte von mir. Ich selbst mache mir den größten Druck, da ich diese Erwartungen natürlich erfüllen will", sagt Kvitova. 10 000 Zuschauer werden in der Arena sitzen, doch das Heimpublikum mache ihr mehr Freude als Angst, auch wenn es wieder viel Trubel geben wird. Und es ist ja nicht so, dass Kvitova nicht längst Routine hätte: 2012 und 2011 hat sie diesen Pokal schon in die Höhe gestemmt.

Zum vierten Mal in Folge wird sie das Jahr in den Top Ten der Weltrangliste abschließen. Ihr Fußball-Video auf Facebook hat gerade mal 6 000 Likes. Doch populär sein, das will Kvitova ja ohnehin nicht. Auch wenn der Ball noch so schön fliegt.

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