Tennisprofi Scharapowa:Vermisst in Sotschi

Tennis Kloten Scharapowa

Wird der russischen Equipe im Fed-Cup-Halbfinale gegen Deutschland fehlen: die Weltranglisten-Zweite Maria Scharapowa.

(Foto: dpa/dpaweb)
  • Russlands Tennisfrauen tut Maria Scharapowas Absage im Fed Cup sportlich weh - Deutschland kommt das sehr gelegen.
  • Plötzlich sind sie Favorit auf das Erreichen des Endspiels.
  • Zuletzt gab es im russischen Team Auseinandersetzungen mit Scharapowa.

Von Philipp Schneider

In der Nacht auf Mittwoch sorgten zwei Vermisstenanzeigen für Aufsehen in der Tenniswelt. Die eine betraf Angelique Kerber, die andere Maria Scharapowa. Kerber gab am Flughafen von Sotschi um zwei Uhr morgens bekannt, dass sich auf dem Rollband nicht wie erwartet ihr Koffer befand, den sie Stunden vorher nach ihrem Turniersieg in Charleston aufgegeben hatte. So etwas ist immer ärgerlich. Zumal einer nie wissen kann, wer alles in den privaten Sachen herum schnüffeln wird, ehe das Gepäckstück hoffentlich doch noch zugestellt wird.

Scharapowa hatte ihrerseits sechs Stunden zuvor auf facebook mitgeteilt, dass nicht einmal sie selbst in einem Flugzeug sitzen wird. In jenem Flieger zumindest, der sie nach Sotschi bringen sollte, damit sie im Halbfinale des Fed Cup gegen Deutschland spielen kann. Die Entscheidung sei ihr "sehr schwer" gefallen, schrieb Scharapowa. Eine Beinverletzung hindere sie aber, sich "perfekt auf die Partie vorzubereiten". Scharapowas Absage ist nun zumindest ärgerlich für Russland. Die Mannschaft dürfte die Weltranglistenzweite aus Njagan in Sibirien am Wochenende vermissen. Als Sportlerin in jedem Fall.

Russland sei dennoch "eine schwere Aufgabe"

"Wir hatten uns natürlich schon auf Maria eingestellt", sagte Barbara Rittner, die nach der späten Ankunft von Kerber und Andrea Petkovic seit Mittwoch alle ihre Spielerinnen in Sotschi versammelt hat. Gleichwohl sah sich die deutsche Teamchefin qua Amt verpflichtet zu mahnen: Die Partie gegen Russland bleibe "auswärts auf Sand eine schwere Aufgabe". Nicht einmal Rittner würde einerseits bestreiten, dass sie nach der Absage Scharapowas ein ordentliches Stück einfacher geworden ist, weil sie in Bestform auf Sand in beiden Einzeln als Favoritin gestartet wäre.

Andererseits stellt sich die Frage, ob das russische Team ein paar verborgene Energien freisetzen kann. Ohne Scharapowa, die sich auf dem Roten Teppich mindestens ebenso gekonnt bewegt wie auf dem gleichfarbigen Sand. Ohne den Superstar mit Wohnsitz in Florida und amerikanischer Attitüde, der aber 2012 bei den Olympischen Spielen in London Russlands Mannschaft als Fahnenträgerin ins Stadion führen dufte.

Erst sechs Fed-Cup-Partien in Scharapowas Karriere

Bei den Australian Open war Scharapowa zuletzt mit ihrer Landsfrau Jekatarina Makarowa aneinandergeraten, die vor ein paar Wochen für den Fed Cup abgesagt hatte. Die Weltranglisten-Achte hatte sich nach ihrer Niederlage im Halbfinale von Melbourne ausführlich über ein angeblich unsportliches Verhalten Scharapowas beschwert, sich auf dem Platz in zeitraubenden Ritualen zu ergehen. "Es ist frustrierend zu sehen, wie Maria Zeit verschwendet", klagte Makarowa. "Ich glaube nicht, dass sie sich korrekt verhält. Oder dass sie guten Sportsgeist mitbringt." Das klang nicht gut, ähnlich heftige Dissonanzen in einem Tennisteam kannte man sonst allenfalls von den deutschen Männern.

Scharapowas wiederentdeckte Liebe zum Fed Cup (insgesamt hat sie nur sechs Partien bestritten) hat ohnehin ein bisschen was mit Rio de Janeiro zu tun, dem beliebten Austragungsort der Olympischen Spiele 2016. Um dort antreten zu dürfen, müssen sich die Spielerinnen innerhalb von zwei Jahren dreimal im Fed Cup präsentieren. Zuletzt war daher, als eine Art globaler Trend, ein regelrechter Ansturm auf die Nationalmannschaften zu beobachten.

Die 34-jährige Martina Hingis meldete sich plötzlich, 17 Jahre nach ihrem letzten Einsatz im Fed Cup, wird sie wieder für die Schweiz spielen. Oder Serena Williams, sie flog im Januar nach ihrem Sieg bei den Australian Open gleich weiter zum Team-Wettbewerb in Argentinien. Scharapowa selbst reiste im Januar nach Polen, um drei Jahre nach ihrem ehemals letzten Einsatz im Fed Cup die Schwestern Urszula und Agnieszka Radwanska zu bezwingen.

Rittners Team wird es in den Einzeln wohl mit Swetlana Kusnezowa (Nr. 24) und Anastasia Pawljutschenkowa (38) zu tun bekommen. Wahrscheinlich wird Kerber nominiert, die sich nach ihrem Turniersieg in Charleston aufdrängt. Zumal sie ihren Tennisschläger in weiser Voraussicht als Handgepäck in die Kabine geschleust hat.

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