Tennis:"Was Federer gemacht hat, ist riskant"

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Nach Auszeit mit frischem Sommerlook auf der Tennistour zurück: Roger Federer.

(Foto: dpa)
  • 74 Tage währte die freiwillige Wettkampfpause von Roger Federer nach seinem famosen Saisonstart und dem Sieg bei den Australian Open.
  • Beim Rasenturnier in Stuttgart kehrt der 35-Jährige zurück und sagt: "Der achte Wimbledon-Titel ist mein Ziel."
  • Hier geht es zu den Ergebissen auf der Tennis-Tour.

Von Matthias Schmid

Die kürzeste Route von Lenzerheide nach Stuttgart führt auf Schweizer Seite am Bodensee vorbei über Konstanz nach Singen, von dort geht es über die A 81 auf den Killesberg, wo in dieser Woche auf Rasen das Stuttgarter Tennisturnier gespielt wird. Roger Federer war am Sonntag im eigenen Auto ohne Frau und die vier Kinder aus seinem Graubündener Sommerdomizil angereist. "Mal wieder auf der Autobahn in Deutschland zu fahren, das hat Spaß gemacht", befand der Schweizer nach seiner Ankunft. Ob er auf dieser kürzesten Route unterwegs war? Oder ob er sich noch einen kleinen "Umweg" über Lindau und Ulm gegönnt hat, um besser Deutschlands Schnellstraßen genießen zu können?

Abgekürzt hatte Federer zumindest die Sandplatzsaison 2017, er hat sie sogar ganz ausgelassen. Er hat kein einziges Turnier in diesem Jahr auf dem langsamen Untergrund gespielt, der für ihn schon so viele Enttäuschungen bereitgehalten hat. Federer verfolgte also nur am Fernseher, wie sein langjähriger Rivale Rafael Nadal am Sonntag mit beeindruckender Leichtigkeit zum zehnten Mal die French Open gewann. "So wie ich mich auf Sand präsentiert hätte, hätte ich Rafa nicht schlagen können", gab Federer zu.

"Jetzt bin ich wieder bereit, um in den Zirkus einzugreifen"

Er hatte nach seiner famosen Hartplatzsaison mit drei Turniersiegen, darunter die Australian Open, im Mai nach mehreren Trainingseinheiten auf dem roten Ziegelmehl entschieden, sich voll und ganz der Rasensaison mit dem Höhepunkt Wimbledon zu widmen, wo er ohnehin am liebsten spielt. "Die Saison fängt für mich jetzt erst so richtig an", sagte Federer.

Dass zwischen seinem Finalsieg gegen Nadal in Miami und seinem ersten Auftritt in Stuttgart am Mittwoch 74 Tage ohne offizielles Match liegen, begegnet er mit der Gelassenheit eines Elder Statesman. "Wenn ich nicht mehr so viel spiele, brauche ich die richtige Balance zwischen Training, Pause und Matches", bekannte der 35-Jährige: "Jetzt bin ich wieder bereit, um in den Zirkus einzugreifen."

Die freiwillige Auszeit hatte er bewusst gewählt, er sieht sich als ein Spieler, der schon eher auf seine Karriere zurückblickt, nicht mehr so sehr nach vorne. Die Pausen zwischen den Turnierstarts werden länger. Das liegt nicht nur an seiner Knieoperation im vergangenen Jahr, die seine Saison schon nach seiner Halbfinalniederlage in Wimbledon gegen Milos Raonic beendet hatte. Dem möglichen achten Titel in London ordnet er nun alles unter, achtmal hat die Wimbledon-Trophäe noch kein Tennisspieler in den Himmel recken dürfen. "Das ist mein großes Ziel", kündigte er in Stuttgart an, nachdem er mit Tommy Haas locker ein paar Bälle gespielt hatte. Der Deutsche, der noch vier Jahre älter ist, könnte sein erster Gegner am Mittwoch sein.

"Ich bin sicher ein paar Jahre jünger geworden"

Federers Rückkehr auf den Tennisplatz wird auch Rafael Nadal mit Spannung verfolgen. Der Spanier führt die Jahreswertung nach seinem Sieg in Paris vor Federer an. Die lange Pause seines großen Kontrahenten sieht er kritisch. "Was er gemacht hat, ist riskant", findet Nadal. Er sei schwer, nach so einer langen Pause wieder seinen Rhythmus zu finden. Dass er seine famose Form, die ihn im Januar zu seinem 18. Grand-Slam-Turniertitel getragen hat, verloren hat, glaubt Federer indes nicht. "Ich bin topfit und guten Mutes, dass ich hier gutes Tennis spielen werde", sagte er.

Anders als Nadal ist Federer ein Spieler, der weniger Matches braucht, um auf sein höchstes Level zu kommen. Er spielt mit weniger Kraft und lebt von seinem Spielwitz, seiner Raffinesse und seiner kindlichen Freude am Spiel. Dafür muss er im Kopf und in den Beinen ausgeruht sein. Auch Federer will lieber Turniere spielen, als sich im Training mit Konditionseinheiten zu quälen, "aber ich muss einsehen, dass die Turnierplanung der Schlüssel für mich sein wird, noch lange dabei zu sein".

Dafür hat er sich sogar von seinen Locken getrennt. Mit neuem Kurzhaarlook erschien er auf der Anlage des TC Weißenhof in Stuttgart und sagte mit einem Lächeln: "Durch den Haarschnitt bin ich sicher noch ein paar Jahre jünger geworden."

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