Taylor Fritz war sechs Jahre alt, als Andy Roddick am 3. November 2003 zur Nummer eins im Welttennis aufstieg. Mehr als zwölf Jahre liegt das schon zurück, im schnelllebigen Profisport ist das eine Ewigkeit. So lange suchen die Amerikaner nun schon nach einem neuen Tennis-Helden, nach einem Spieler, der das Tennis so sehr prägen und die Geschichte seines Sports umschreiben kann, wie es einst Jimmy Connors, John McEnroe, Pete Sampras, Andre Agassi oder eben Andy Roddick gelungen war. Seit der vergangenen Woche fragen sie sich, ob dieser ungestüme Taylor Fritz "the next big thing" im amerikanischen Tennis werden könnte, die nächste große Entdeckung.
Die Geschichte des 18-Jährigen aus dem kalifornischen Ort Rancho Santa Fe ist tatsächlich erstaunlich. Fritz wirkte am Sonntag in Memphis als jüngster amerikanischer Spieler seit Michael Chang vor 27 Jahren in einem Endspiel eines ATP-Turniers mit. Er unterlag zwar dem Weltranglistensiebten Kei Nishikori 4:6, 4:6. Doch Fritz erreichte schon bei seiner dritten Teilnahme auf der großen Profitour sein erstes Endspiel - er war damit schneller als der Weltranglistenerste Novak Djokovic und Roger Federer. Die beiden benötigten für ihre erste Endspielteilnahme 24 beziehungsweise 21 Anläufe. "Ich hätte es nie erwartet, dass ich so schnell ein Finale erreichen würde", bekannte Fritz: "Es ist eine großartige Leistung für mich."
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Fritz war eigentlich lange kein Überflieger
Bei Taylor Fritz ging alles ein wenig früher los als bei anderen Spielern. Bereits im Alter von zwei Jahren, als sein Schläger noch größer war als er selbst, schlug er seine ersten Bälle übers Netz. Der Tenniscourt war sein Spielplatz, das Racket sein Spielzeug, er ist damit groß geworden, weil seine Eltern Guy und Kathy selber als Profispieler um die Welt tingelten. Seine Mama schaffte es sogar unter die besten zehn Spielerinnen der Weltrangliste.
Taylor Fritz war dagegen lange kein Überflieger, keine Ausnahmeerscheinung im amerikanischen oder gar im internationalen Tennis. Er spielte lange nur mit. "Als Taylor zwölf Jahre alt war, hätte ich nie für möglich gehalten, dass er mal die Nummer eins bei den Junioren werden könnte", sagt sein Vater Guy. Doch im vergangenen Jahr gewann sein Sohn bei den US Open den Junioren-Wettbewerb, er war nun auch amtlich beglaubigt der beste Junior der Welt.
Dass er aber bei den Erwachsenen so schnell reüssieren würde, überraschte auch seinen Vater, der als Trainer arbeitet. Lange war unklar, ob die Eltern ihren Sohn nicht lieber auf die Universität schicken sollten als auf die Profitour. Guy und Kathy Fritz sind keine typischen Tenniseltern, versichern die beiden, sie seien nicht manisch ehrgeizig und trieben ihre Kinder auch nicht täglich an, damit sie erreichen, was ihnen selbst verwehrt geblieben ist. "Wir pushen nicht, wir beraten und helfen Taylor dabei, seinen eigenen Traum zu verwirklichen", sagt Guy Fritz.
Nicht erst durch die Finalteilnahme ist sein Sohn schon höher platziert, als es sein Vater jemals war. Taylor Fritz verbesserte sich innerhalb eines Jahres um mehr als 800 Plätze und findet sich mittlerweile auf Rang 102 wieder.
Sampras ist sein Vorbild
Taylor Fritz spielt aufregendes Tennis, er ist groß gewachsen, ein Schlaks, der sehr wuchtig aufschlägt und die Bälle mit der Vorhand enorm beschleunigen kann. "Er spielt ein wenig wie Sam", sagt sein Finalgegner Nishikori. Das hört Taylor Fritz gerne. Den eleganten Pete Sampras betrachtet er als sein Vorbild, dem 14-maligen Grand-Slam-Turniersieger eifert er nach. "Ich muss körperlich noch stärker werden", sagt Fritz, "damit ich mal wie er die Nummer eins werden kann."
Ob er es wirklich als nächster Amerikaner an der Spitze der Weltrangliste schaffen kann, ist nicht seriös vorauszusagen, zu viel Unwägbarkeiten und Ablenkungen gibt es im Leben eines Teenagers. Doch Nishikori traut Taylor Fritz das durchaus zu. Sie hatten in Kalifornien schon vor dem Endspiel in Memphis ein paar Mal miteinander trainiert. "Ich habe ihn vorher nie schlagen können", bekennt der Japaner. Taylor Fritz musste dann im Endspiel aber leidvoll erfahren, dass Training und Wettkampf eben nicht das gleiche sind. Tapfer versicherte er nachher: "Ich bin aber keine Eintagsfliege."