Es war fast Viertel nach fünf am Samstag, als Jelena Ostapenko plötzlich ihren Schläger fallen ließ und die Arme hoch riss, sie wusste: Sie hatte das geschafft, was viele als Überraschung bezeichnen würden, aber eigentlich war es viel mehr. Zwei Tage nach ihrem 20. Geburtstag gewann sie gegen Simona Halep das Finale der French Open (4:6, 6:4, 6:3) - als ungesetzte Spielerin und als eine, die in diesem Finale eigentlich schon wie die Verlierin ausgesehen hatte.
"Ich kann es nicht glauben, und ich bin sprachlos. Ich liebe euch alle, und ich liebe es, hier zu spielen", sagte Ostapenko, die 47. der Weltrangliste. Und: "Ein Kindheitstraum ist in Erfüllung gegangen. Es ist phantastisch."
Nach 1:59 Stunden verwandelte Ostapenko ihren ersten Matchball, und dass es dazu kam, schien lange ziemlich unwahrscheinlich. Die frühere Turniertänzerin Ostapenko begeisterte die Zuschauer zwar erneut mit ihrem riskanten Spiel. Den ausgeglichenen ersten Satz gab Ostapenko jedoch nach 36 Minuten und bezeichnenderweise mit ihrem 23. Unforced Error ab.
Angelique Kerber profitiert von Ostapenkos Sieg
Auch in der Folge blieb Halep ihrer defensiven Taktik treu, erlief viele Bälle und wartete geduldig auf die Fehler der Lettin. Und auch eine 3:0-Führung konnte die Favoritin Halep nicht nutzen. Ostapenko wurde für ihr mutiges Spiel belohnt und holte sich den zweiten Durchgang. Die Vorentscheidung fiel danach, als die 20-Jährige mit einem Netzroller das Break zum 4:3 holte. Danach brachen alle Dämme, die Zuschauer feierten den neuen Champion mit "Jelena, Jelena"-Sprechchören.
Ostapenko ist die im Ranking am schwächsten platzierteste Spielerin, die jemals den Titel von Roland Garros holen konnte. Die Wimbledon-Juniorensiegerin von 2014 kassierte für ihren ersten Turniersieg überhaupt ein Preisgeld in Höhe von 2,1 Millionen Euro und wird im neuen WTA-Ranking auf Platz zwölf vorstoßen.
Halep, 25, indes verpasste durch ihre zweite Finalniederlage von Paris nach 2014 den möglichen erstmaligen Sprung an die Spitze der Weltrangliste - die Nummer eins bleibt die Kielerin Angelique Kerber, trotz iher Erstrundenniederlage in Roland Garros.